Tanz der Sinne
eigenen Rolle sehr kurz, weil sie die interessantesten Details ausließ, zum Beispiel, wie sie den Höllenhunden nachspioniert und ihre Schwester mit Hilfe eines Pendels gefunden hatten. Sie erwähnte nicht einmal ihre Vorstellung als Kellnerin, bei der sie Ives ihren falschen Busen um die Ohren geschlagen hatte.
Da er sie nicht erkannt hatte, war es in seinem Interesse, das Thema nicht anzuschneiden.
Als sie die Situation in Umrissen geschildert hatte, setzte Lucien den Bericht fort. »Wir glauben, daß Cassie auf Castle Raine in Berkshire gefangengehalten wird. Ist es richtig, daß das der Schauplatz für die Messen der Höllenhunde ist?«
»Allerdings.« Ives nagte unglücklich an seiner Unterlippe. »Glauben Sie wirklich, daß einer der Satansjünger sie entführt hat? Keiner von ihnen hat so etwas nötig. Sie können sich so viele Frauen leisten, wie sie haben wollen.«
Knapp sagte Lucien: »Es gibt Männer, die widerspenstige Frauen vorziehen. Und solche, die ein Nein nicht gelten lassen.«
Ives’ Gesicht wurde ernst. Kit vermutete, daß er sich an Gespräche erinnerte, die bestätigten, was Lucien gesagt hatte. Er sah auf und sagte nur:
»Was kann ich tun?«
»Wir müssen soviel wie möglich über Castle Raine wissen«, sagte Lucien. »Zum Beispiel, ob es dort ein Verlies gibt.«
»Ich glaube ja, aber ich habe es nie gesehen«, antwortete Ives. »Die Jünger haben eine besondere Weihestätte für ihre Geheimrituale.
Neuere Mitglieder wie ich sind dort nicht zugelassen, aber ich glaube, der Eingang ist irgendwo hinter der Kapelle.«
»Wissen Sie irgend etwas über diese Rituale?«
»Nichts Genaues. Aber ein anderer jüngerer Höllenhund ist eines Abends an der Burg vorbeigekommen und hat angehalten, weil er die Ruine unbedingt bei Mondlicht sehen wollte. Er ist weitergeritten, als er Frauengeschrei hörte.« Ives fuhr sich nervös durchs Haar. »Er dachte, daß er sich das alles nur eingebildet hat. Er hatte etwas getrunken, und man kann sich alles mögliche einbilden, wenn man dort ist. Aber vielleicht hat er recht gehabt.«
»Wann war das?«
»Letzten Sommer. Ende Juni, glaube ich.«
Vor Kiras Entführung, dachte Lucien erleichtert.
Aber das machte es wahrscheinlich, daß vorher schon andere Frauen gequält worden waren. Da keine von ihnen jemals Anklage gegen die Höllenhunde erhob, hatten sie ihre Gefangenschaft vermutlich nicht überlebt. »Wie kommt man zu der Burg?«
Nachdem Ives ihnen eine genaue
Wegbeschreibung gegeben hatte, stellte Lucien eine Reihe weiterer Fragen, aber abgesehen von ein paar Einzelheiten der Burganlage erfuhr er nichts, das er nicht schon wußte. Abschließend fragte er: »Ob es dort irgendwelche Wachposten gibt?«
»Ich glaube, einen Wächter, wenn die Burg unbewohnt ist«, sagte Ives. »Vielleicht haben Sie es nicht bemerkt, aber außerdem gibt es bei den Banketten immer ein paar männliche Diener, als türkische Haremswächter verkleidet. Sie werden Eunuchen genannt, aber sie sind bestimmt keine.
Eigentlich sehen sie eher aus wie Boxer. Sie würden erstklassige Wächter abgeben, aber ich vermute, daß sie nur bei besonderen Anlässen da sind.«
»Hoffentlich haben Sie recht.« Lucien stand auf.
»Vielen Dank für Ihre Hilfe. Ich muß sicher nicht erwähnen, daß Sie mit niemandem über diese Unterredung sprechen sollten.«
»Keine Angst.« Ives erhob sich ebenfalls. »Ich nehme an, daß Sie jetzt nach Castle Raine reiten, um die echte Cassie James zu finden. Brauchen Sie noch einen Freiwilligen?«
»Vielen Dank, aber nein. Ich habe schon mehrere Freunde verpflichtet.«
Ives warf Kit einen Blick zu. »Besteht die Aussicht, daß Sie und Ihre Schwester einmal zusammen auftreten?« fragte er. »Das wäre ein denkwürdiger Abend.«
Sie schüttelte den Kopf. »Sobald sie frei ist, ziehe ich mich für immer von der Bühne zurück.«
Sie verabschiedeten sich, verließen das Haus und stiegen in die Kutsche. Lucien murmelte: »Ich wünschte, du würdest nicht mit uns nach Castle Raine reiten.«
»Ich muß dabei sein, um Kira zu finden«, protestierte sie. »Wenn das Areal wirklich so groß ist, findet ihr sie nie ohne meine Hilfe.«
»Ich weiß. Aber es gefällt mir trotzdem nicht.«
Obwohl sie besorgt aussah, sagte Kit heiter:
»Warum machst du dir Sorgen? Denk dran, wir haben Michael, den streitbaren Engel, Führer der himmlischen Heerscharen, auf unserer Seite.«
Lucien lächelte verzerrt. »Stimmt, und es gibt keinen Grund, irgendwelche Komplikationen
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