Tanz der Sinne
klang plausibel, fast alle Schreiberlinge, die für die vielfältige Klatschpresse schrieben, benutzten mehrere Namen. »Ich lese viel.
Welchen Namen benutzen Sie regelmäßig?«
Sie zögerte. »Geben Sie mir Ihr Wort, daß Sie ihn nicht weitergeben?« Als er nickte, sagte sie: »Für den Examiner bin ich L.J. Knight.«
»Mein Gott!« rief er. Die Wochenzeitschrift war bekannt für ihren Mut und Reformeifer. Die beiden Brüder, die sie herausgaben, saßen zur Zeit sogar im Gefängnis, weil sie den Prinzregenten verunglimpft hatten. »Der Feuerspucker L.J.
Knight ist eine junge Frau?«
»Man muß weder ein Mann noch alt sein, um zu sehen, daß vieles in unserer Gesellschaft anders werden muß. Genaugenommen sind mein Alter und mein Geschlecht von Vorteil. Ich sehe die Welt mit anderen Augen als männliche Autoren«, sagte sie kühl. »Ich war zwanzig, als ich dem Examiner meinen ersten Artikel geschickt habe.
Leigh Hunt hat ihn sofort angenommen und nach mehr gefragt.«
Immer noch ungläubig sagte Lucien: »Ich frage mich, warum ich nie davon gehört habe, daß L.J.
Knight eine Frau ist.«
»Ich verkehre mit Leigh Hunt und meinen anderen Verlegern nur per Post oder speziellem Boten.«
Er wollte sie auf die Probe stellen und sagte: »Ich finde, Sie sind ein wenig zu hart mit Lord Castlereagh umgesprungen, als Sie neulich über ihn geschrieben haben.«
»Sie verwechseln mich mit einem anderen Journalisten. Ich habe nie über den Außenminister geschrieben.« Der ironische Funke in ihren Augen bewies, daß sie die Falle erkannt hatte.
Er dachte an einen neuen Brandy, beschloß aber, daß er seinen Verstand brauchte. »Haben Sie bei Ihren Einbrüchen viel über die Höllenhunde erfahren?«
»Es würde bessergehen, wenn Sie mir nicht dauernd in die Quere kämen«, sagte sie. »Aber das ist nur ein Teil meiner Nachforschungen. Die Beweise sammeln sich, und bald bin ich in der Lage, meinen Artikel zu schreiben.«
»Was haben Sie herausgefunden?« Sie schüttelte den Kopf. »Mehr sage ich nicht.« Er betrachtete die schlanke weibliche Gestalt voller Respekt. Es erforderte Mut, nur mit einer Feder bewaffnet dem Laster die Stirn zu bieten. »Meine Liebe, Sie sind ein Quell ständiger Überraschungen.«
»Sie genauso. Für einen berufsmäßigen Nichtstuer haben Sie einen bemerkenswert scharfen Verstand.« Sie legte den Kopf zur Seite.
»Nennen Sie alle Frauen ›meine Liebe‹?«
»Nur die, die ich mag. Das sind allerdings ziemlich viele.«
»Das ist bei einem Wüstling zu erwarten.«
»Ich sage mag, nicht begehre«, sagte er trocken.
»Das ist ein großer Unterschied.«
»Ich glaube, es ist ziemlich selten, daß Männer Frauen aufrichtig schätzen. Warum sind Sie anders?«
Nach einer winzigen Pause antwortete er: »Als ich ein Kind war, war mein bester Kamerad ein Mädchen. Außerdem haben Sie mir immer noch nicht verraten, wie Sie wirklich heißen, und
›meine Liebe‹ ist beruhigend neutral.«
Sie lächelte ein wenig. »Ich heiße wirklich Jane.«
»Lydia Jane Knight? Oder Louise oder Laura?«
»Ich habe Ihnen soviel verraten wie ich beabsichtige, Mylord. Sie können aufhören, mir Fragen zu stellen.« Sie warf ihm einen gemessenen Blick zu. »Verstehen Sie jetzt, wo ich Ihnen die Wahrheit gesagt habe, warum ich hinter den Höllenhunden her bin?«
»Ja, aber ich kann es trotzdem nicht gutheißen.
Sie spielen mit dem Feuer.«
»Dann verbrenne ich mich eben.« Sie stand auf und ergriff ihr Cape, das vor dem Kamin gehangen hatte. »Ich kann es nicht ändern. Gute Nacht, Mylord.«
Als sie anfing, sich in ihren Schal zu hüllen, kämpfte er sich hoch, ergriff seinen Stock und humpelte auf sie zu. »Nicht so hastig. Wie schon gesagt, ich möchte Sie wiedersehen. Wo wohnen Sie?«
Sie seufzte. »Sie sind sehr hartnäckig.«
»Dieser Charakterzug sollte Ihnen vertraut sein.
Und das ist nicht das einzige, was wir gemeinsam haben.« Er hob seine freie Hand und strich ihr mit dem Handrücken über die Wange. »Wir sind keine Feinde.«
Sie wich zurück. »Ich bin nicht so überzeugt davon wie Sie.«
»Wollen Sie leugnen, daß irgendeine Anziehungskraft zwischen uns besteht?«
»Selbst ich bin keine so gute Lügnerin«, sagte sie sarkastisch. »Aber das ist unwichtig. Es mag Ihnen schwerfallen zu glauben, daß eine Frau sich mehr für Gerechtigkeit und geistiges Leben interessiert als für Männer, aber bei mir ist das so. Wir leben in verschiedenen Welten, Lord Strathmore.«
»Ist das hier
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