Tanz im Feuer
hatte, dass Sharon nicht viel von körperlicher Liebe gehalten hatte, hatte sie sich die beiden nie als richtiges Liebespaar vorgestellt. Mit seinem Geständnis hatte Chad dieses Bild wie ein Kartenhaus in sich zusammenstürzen lassen. Sie wusste, dass das selbstsüchtig und unvernünftig war, aber dasWissen, dass Sharon ein Kind von ihm empfangen hatte, machte sie rasend eifersüchtig. Natürlich war ihr klar, dass sie sich unter den gegebenen Umständen kindisch verhielt und dass sie eher versuchen sollte, ihmTrost zu spenden, als ihmVorwürfe zu machen, aber sie schaffte es einfach nicht, die Gefühle zu unterdrücken, die ihr wie Säure in die Kehle stiegen und einen metallischen Geschmack in ihrem Mund hinterließen.
»Du musst wissen, dass Sharon …«
»Ich will es nicht wissen«, fiel sie ihm grob insWort und wirbelte herum. Ihr ganzer Körper war angespannt, ihre Augen funkelten ihn kalt und zornig an. »Bitte erspare mir die Einzelheiten.«
Chad schoss aus dem Sofa hoch und kam wütend auf sie zu. »Verdammt noch mal, siehst du nicht, in welche Zwickmühle du mich bringst? Ich wollte es dir sagen, damit du es nicht zufällig herausfindest, so wie du …«
»Wie ich alles andere herausgefunden habe. Das meinst du doch, oder?«
»Ja«, antwortete er gepresst. »Ich versuche, ehrlich zu dir zu sein, Leigh. Du hast mir vorgeworfen, dass ich Geheimnisse vor dir hätte, und ich will nicht, dass noch mehr zwischen uns steht. Ich hätte es mir leicht machen können. Ich hätte einfach den Mund halten und hoffen können, dass du nie etwas von dieser Sache erfährst. Außer meinen Eltern und mir weiß es so gut wie niemand, dass Sharon schwanger war.« Plötzlich klang er müde. Er senkte den Kopf, ging an ihr vorbei und schaute aus dem Fenster. »Es war schon genug, dass alleWelt wusste, dass meine Frau sich umgebracht hatte. Ich wollte nicht, dass die Leute erfuhren, dass sie dabei auch unser Baby umgebracht hatte.«
Sie spürte seine Qualen, seine Schmerzen und bereute plötzlich, dass sie sich so unreif aufgeführt hatte. Sie senkte den Kopf und presste sich die Fingerspitzen gegen die Stirn. Ihre Finger strichen überWangen und Lippen, als sie den Kopf wieder hob. »Es tut mir leid, Chad. Bitte verzeih mir«, flüsterte sie mit zitternder Stimme. Sie schämte sich über sich selbst.
Mit einem großen Schritt war sie bei ihm, strich mit der Hand über seine raue, warmeWange und nahm ihn dann am Arm, um ihn zum Sofa zurückzuführen. »Was ist passiert?«, fragte sie leise.
Er saß vornübergebeugt und starrte zwischen seinen Knien hindurch auf den Boden. »Wir hatten eigentlich nicht vor, so schnell Kinder zu kriegen. Sie war … dieVorstellung, ein Kind zu gebären, Mutter zu sein, machte ihr Angst.« Er atmete tief und zittrig durch und schüttelte den Kopf, als könnte er immer noch nicht begreifen, was Sharon getan hatte. »Sie war ja selbst eigentlich noch ein Kind, und …« Die Stimme versagte ihm.Wortlos fuhr er sich mit der Hand durchs Haar, das sich wirr aufstellte. Leigh hätte es am liebsten wieder glattgestrichen, aber sie blieb reglos neben ihm sitzen. Ein paar Sekunden saßen sie schweigend nebeneinander, bis er sich so weit gefasst hatte, dass er wieder sprechen konnte. »Jedenfalls geriet sie in Panik, als sie entdeckte, dass sie schwanger war.Vielleicht hat sie sich nur deshalb umgebracht.« Er seufzte erneut. »Ich weiß es nicht.«
Jetzt strich ihm Leigh sacht mit den Fingern übers Haar. »Warst du wütend auf sie?«, fragte sie leise. »Ich meine danach, als alles vorbei war, warst du da wütend auf sie, weil sie dir dein Kind genommen hatte?«
Er fuhr herum, und seine Augen bohrten sich in ihre. »Woher weißt du das?« Er schwieg ein paar Sekunden, ehe er gestand: »Ich war höllisch wütend. Ich wusste, dass ich eigentlich um sie hätte trauern sollen, aber ich war zu wütend dazu. Ich konnte es einfach nicht.«
Ein trauriges Lächeln huschte über ihr Gesicht. Sie nickte verständnisvoll. »Mir ging es ganz genauso, als Greg gestorben war. Ich habe mich immer wieder gefragt, wie er mir das antun konnte.«
»Wahrscheinlich ist das eine ganz normale menschliche R eaktion«, meinte er. »Nichts, worauf man besonders stolz sein kann, aber eben sehr menschlich.«
Sie schluckte und gestand: »Ich hatte gerade noch so eine allzumenschliche R eaktion. Als du mir erzählt hast, dass Sharon von dir schwanger war, war ich zum ersten Mal in meinem Leben wirklich eifersüchtig.«
Er
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