Tanz mit dem Teufel
stocknüchtern, verteilt aber Trinkgelder wie ein Seemann im Puff. Wirft mit Hundertern nur so um sich, grinst wie ein Honigkuchenpferd, sagen die Leute. Er hat nur eine Aktentasche dabei, kein Gepäck, aber niemand wird misstrauisch, weil da ständig Suiten angemietet werden, um so richtig schön die Sau rauszulassen oder Kunden zu beeindrucken oder was weiß ich.«
Er kippte ein Drittel von seinem Bier, wischte sich mit dem Rücken seiner haarigen Pranke den Mund ab. Ramirez war ein hässlicher Riese mit kurz geschorenem dunklem Haar. Wenn er nervös war, wie jetzt, strich er sich über die lange Narbe, die ihm mal jemand mit einer abgebrochenen Weinflasche auf den Schädel tätowiert hatte.
»Sie begleiten ihn auf sein Zimmer. Ja, Mr. Coren, bitte, Mr. Coren, danke, Mr. Coren. Er bestellt ein opulentes Mahl. Austern, Steak, Champagner. Erwarten Sie Gäste, Mr. Coren? Mitnichten, sagt er höflich, aber falls ein Mr. Gabriel nach mir fragt, dann schicken Sie ihn doch bitte gleich zu mir rauf.«
Spandau, Ramirez und Pancho prusteten los. Typisch Walter, der alte Klugscheißer. Ankündigen, was er vorhat, ohne dass es einer kapiert.
»Nach einer Stunde hört jemand einen Knall, wie von einem Böller, ruft bei der Rezeption an, und der Direktor kommt mit dem Hausdetektiv raufgezischt. Sie kennen Walter, sie wissen, dass er trinkt und auch schon mal ausrastet, vielleicht schmeißt er Knallfrösche aus dem Fenster, um die Leutchen am Pool zu erschrecken.
Sie klopfen, keine Antwort. Sie sperren die Tür auf, und der Hausdetektiv, natürlich ein Exbulle, weiß sofort, was Sache ist. Vielleicht riecht er das Schießpulver, oder er weiß einfach nur aus langjähriger Erfahrung, wann der Tod in der Nähe ist.
Sie gehen ins Bad, finden Walter in der Dusche. Seinen antiken Army-Colt hat er noch in der Hand. Er hat einen durchsichtigen Plastikbeutel übergestülpt, voll mit den Resten seines Schädels. Er hat sich durch den Beutel erschossen, um keine allzu große Schweinerei anzurichten. Außerdem hat er der Putzkolonne tausend Dollar hingelegt. Daneben findet sich noch ein Zettel mit einem Smiley, auf dem ›Sorry‹ steht. In der Brusttasche seines Sakkos steckt, ebenfalls in Plastik verpackt, die Anweisung, umgehend seinen Anwalt zu kontaktieren.«
»Sonst nichts? Kein Abschiedsbrief?«
»Nichts. Außer, dass er anscheinend kurz vor der Tat noch bei seinem Kreditkartenunternehmen angerufen hat. Jemand habe ihm seine Kreditkarte geklaut und gebe sich jetzt im Beverly Wilshire Hotel für ihn aus. Worauf sie dann prompt die Zahlung der Rechnung verweigert haben.«
Pancho und Spandau wieherten wieder los vor Lachen.
»Was ist denn daran so komisch?«, wollte Ramirez wissen.
»Walter hat das Beverly Wilshire gehasst«, sagte Pancho. »Was sie ihm genau getan haben, weiß ich auch nicht mehr, aber er konnte nachtragend wie ein Elefant sein.«
»Soll das heißen, er hat sich umgebracht, um dem Beverly Wilshire eins auszuwischen?«, fragte Ramirez.
»Nein«, sagte Pancho, »aber wenn Walter zwei Fliegen mit einer Klappe schlagen konnte, dann hat er nicht lange gezögert.«
»Seine zweite Frau«, warf Spandau ein.
»Was?«
»Walters zweite Frau, wie hieß sie noch mal, Antonia, Alicia, irgend so was. Diese brasilianische Wuchtbrumme. Vollweib, wunderschön, aber total durchgeknallt. Erinnerst du dich?«
»Ach, die«, nickte Pancho. »Die sich so gern die Kleider vom Leib riss, wenn sie was getrunken hatte?«
»Genau die.«
»Das war vielleicht ’ne Type!«
»Sie haben die Hochzeitsnacht im Beverly Wilshire verbracht …«
»Ah!«
»… und sie ist angeschickert und nackt in den Korridor raus. Walter konnte sie gerade noch abfangen, bevor sie mit dem Lift in die Lobby runtergefahren ist. Er hat sie ins Zimmer zurückgeschleppt und sich kaputtgelacht, während sie sich wie eine Wildkatze gewehrt hat. Zufällig sind sie dabei dem Sultan von Brunei und seiner Mutter über den Weg gelaufen, die einigermaßen geplättet waren, den guten alten Walter mit einer kreischenden, splitternackten Amazone über der Schulter durch den Flur wanken zu sehen. Und genau in dem Moment, als sie an der Mutter vorbeikommen, lässt Antonia oder Alicia, oder wie sie hieß, gigantisch einen fahren, und sie und Walter brechen vor lauter Lachen mitten im Korridor zusammen. Die Mutter des Sultans war anscheinend nicht amüsiert.«
»Ich fass es nicht«, grinste Ramirez.
»Die Hotelleitung hat sie vor die Tür gesetzt. Walter hat danach
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