Tanz mit dem Teufel
schon unterwegs zum Dreh war. Nachdem er ihr versichert hatte, dass es ihm den Umständen entsprechend gut gehe, wollte sie sich wortreich für all die schlimmen Dinge entschuldigen, die sie über Walter gesagt hatte, aber er war wirklich nicht in der Stimmung gewesen, sich das anzuhören.
»Wo bist du?«, wollte sie wissen.
»Im Büro.«
»Wie geht es allen?«
»Wie soll es ihnen schon gehen? Eigentlich wollen wir nur rumsitzen und flennen, aber wir müssen trotzdem so tun, als wüssten wir, was auf uns zukommt. Die Geier kreisen schon.«
»Es tut mir so leid, David. Ich hatte gar nichts gegen Walter, ich wollte nur immer das Beste für dich. Für uns.«
»Ich weiß.«
»Hast du mit Ramirez gesprochen?«
»Ja, er hat mir die ganze Geschichte erzählt, soweit bekannt. Es ist einfach zu scheußlich, Anna, lass uns lieber später in Ruhe drüber reden. Die Presse wird eine geschönte Version bekommen, aber ich kann eigentlich gar nichts sagen, bevor ich mit dem Anwalt gesprochen habe.«
»Und du weißt immer noch nicht, warum?«
»Herrgott, Anna, er hat sich doch eh schon ins Grab gesoffen. Er wollte die Prozedur ganz einfach abkürzen, okay? Alle fragen ständig, warum, warum, als ob er der Dalai Lama gewesen wäre. Er hatte halt die Schnauze voll von sich und der Welt und hat Schluss gemacht, Ende, aus, amen.«
»Soll ich nach Hause kommen?«
»Wir haben beide zu tun. Hier brennt’s an allen Ecken und Enden, und die Beschäftigung tut mir gut. Immer noch besser, als ständig darüber nachzugrübeln.«
»Ruf mich an, wenn du mich brauchst.«
»Mach ich.«
Es klopfte an der Tür. Leo steckte den Kopf herein.
»Ich wollte dir nur eben sagen, dass ich die Website von dieser katholischen Kirche gecheckt und ein paar interessante Sachen rausgefunden habe. Ich könnte sie dir schnell zeigen, wenn du ’ne Minute Zeit für mich hättest.«
Leo setzte sich an den Computer und loggte sich über seinen eigenen Account ins Internet ein. Er zeigte Spandau die Website und die Archive, dann eine separate Textdatei, in der er alle Querverweise zwischen Father Michael und Oregon aufgelistet hatte.
»Hier steht was über einen Father Michael, der in Oregon angelt, und einen Father Michael, der Freunde in Medford besucht.«
»Sonst nichts? Keine Adressen? Namen?«
»Nichts weiter. Aber schau mal hier, in dem Blog vom letzten Juni.«
Das übliche Foto von Father Michael an irgendeinem Fluss, komplett mit triumphierend in die Kamera gerecktem Fisch.
»Ja, toll, aber nicht sehr hilfreich.«
»Wart’s ab«, sagte Leo.
Und noch eine Aufnahme. Diesmal hielt der Priester eine Frau im Arm, dieselbe Frau, die Spandau schon von den Bildern im Wohnwagen kannte.
»Name? Adresse?«, fragte Spandau.
»Kein Name, keine Adresse.«
»Und was soll ich dann damit?«
»Weil … da, siehst du?«
Leo klickte die erste Aufnahme an, klapperte eifrig mit den Tasten, und prompt erschien eine Landkarte mit einem kleinen Pfeil.
»Hier wurde das Foto aufgenommen«, sagte Leo. »Die meisten Leute wissen das nicht, aber viele Bilder, die sie ins Netz stellen, haben einen Geotag, einen Code, der verrät, wo sie entstanden sind.«
»Im Ernst?«
»Absolut. Tolle Sache. Alle posten ständig irgendwelche privaten Fotos und haben keine Ahnung, wie leicht sie darüber aufzuspüren sind. Genauso gut könnte man allen möglichen Perversen gleich eine Liste mailen, wo man am liebsten mit seinen Kindern schwimmen geht oder so. Aber für Leute wie uns ist es natürlich mehr als praktisch.«
Er tippte auf die Karte. »Siehst du? Der Ort hier ist nicht mehr als ein bis zwei Meilen von der Stelle entfernt, wo das Anglerfoto gemacht wurde, etwa fünfzehn Meilen außerhalb von Medford.«
»Wie nah kannst du das ranzoomen?«
»Pass auf«, sagte Leo.
Die Einzelheiten der Karte kamen immer näher, bis man den Namen der Straße erkennen konnte.
»Irre«, sagte Spandau.
»Und das hier erst!« Leo klickte von Karte auf Gelände, und augenblicklich tauchte ein Foto von dem Haus und seiner Umgebung auf.
»Satellit«, sagte Leo. »Gott, man muss Google einfach lieben.«
»Kriegst du die Adresse raus?«, fragte Spandau. »Und einen Namen? Ich brauche einen Namen.«
Leo strahlte. »Kein Problem. Das haben wir gleich. Ich mach dann an Tinas Computer weiter.« An der Tür drehte er sich noch mal um. »Jetzt gibst du vielleicht zu, dass ich nicht völlig nutzlos bin.«
»Wer hat dir denn das gepetzt?«
»Pookie.«
» Völlig nutzlos habe ich nie
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