Tanz um Mitternacht
Verwundert richtete sie sich auf.
»Du wirst mir wahrscheinlich nicht glauben. Aber ich fürchte, Talmadge unterstützt deinen Vater nicht aus edlen, sondern eher eigennützigen Motiven.«
»O Gott, was soll das heißen?«
»Seit Jahren beteiligt sich der Baron an unlauteren Machenschaften, um reichen Aristokraten Geld aus der Tasche zu ziehen. Zum Beispiel investierten sie beträchtliche Summen in eine Schifffahrtsgesellschaft, die er ihnen empfahl. Das Schiff, die Maiden, sollte zu den West Indies segeln und mit einer Ladung Kopra zurückkehren. Wie Talmadge versichert hatte, würde der Verkaufserlös die Investments verdoppeln. Stattdessen ging die Maiden mitsamt ihrer Besatzung und der Fracht unter, und der Profit war verloren.«
»Wie schrecklich...«
»So könnte man’s nennen, wäre das Schiff tatsächlich gesunken. Einem Gerücht zufolge landete es unversehrt an der amerikanischen Ostküste, unter einem anderen Namen. Den Gewinn, den der Verkauf der Kopra einbrachte, teilten sich die beiden Eigentümer der Maiden mit Phillip Rutherford.«
Eine Zeit lang schwieg Cait, dann hob sie ihr Kinn. »Ein Gerücht, wie du sagst... Kannst du beweisen, dass Lord Talmadge tatsächlich in diese niederträchtigen Betrügereien verwickelt war?«
»Nur dass er kurz nach dem Bankrott der Schifffahrtsgesellschaft eine hohe Summe von seinem Konto abhob. Außerdem verließ er England etwa um die gleiche Zeit wie Dillon Sinclair und Richard Morris, die Besitzer der Maiden. Und er hatte schon vorher Geld für diverse Transaktionen aufgetrieben, die alle fehlschlugen. Trotzdem profitierte er irgendwie davon.«
Im schwachen Licht der Messinglampen schien sich der grüne Glanz ihrer Augen zu trüben. »Warum interessierst du dich für Talmadge? Gehörst du zu den Aristokraten, die er hintergangen hat?«
»Ich nicht. Aber mein Vetter Jonathan investierte sein Geld in die Maiden .« Mit gepresster Stimme fügte er hinzu: »Sobald er erfuhr, dass er das gesamte Vermögen seiner Familie verloren hatte, nahm er sich das Leben.«
»O Rand...« Entsetzt berührte sie seine Hand. »Tut mir so Leid...«
»Er war erst zweiundzwanzig - nur ein Jahr älter als du. Nach dem Tod seiner Eltern hätte ich besser auf ihn achten müssen.«
»Mach dir keine Vorwürfe. Du bist nicht für sein tragisches Schicksal verantwortlich. Wie solltest du denn ahnen, was er tun würde?«
»Jedenfalls hat Talmadge den Jungen zu diesem verhängnisvollen Investment überredet. Und deshalb trägt er die Schuld an Jonathans Selbstmord - genauso, als hätte er ihn erschossen. Dafür muss er büßen.«
In wachsendem Misstrauen starrte sie ihn an. »Du bist hinter Talmadge her. Hast du dich deshalb so eifrig um mich bemüht?«
»Wie ich zugeben muss - anfangs war’s einer der Gründe für mein Interesse an dir. Da du mit ihm zusammenarbeitest, dachte ich, du könntest mir Informationen geben...«
»Das hätte ich wissen müssen«, fiel sie ihm wütend ins Wort. »Natürlich würde sich der grandiose Duke of Beldon nicht ohne Hintergedanken an ein Mädchen wie mich heranmachen! Du willst dich an Lord Talmadge rächen, du hoffst, dabei würde ich dir helfen, und so hast du beschlossen, mich zu verführen.«
»Wie ich bereits sagte - anfangs spielte deine Verbindung zu Talmadge eine gewisse Rolle. Aber ich fühlte mich von der ersten Minute an zu dir hingezogen und...«
»Lass mich aussteigen!« Cait sprang auf, schlug sich den Kopf am Wagendach an und stieß einen Fluch hervor, den eine junge Dame absolut nicht kennen sollte. »Niemals hätte ich dir trauen dürfen! Geoffrey und Maggie haben mich vor dir gewarnt. Aber ich wollte nicht auf die beiden hören.«
Entschlossen schlang er einen Arm um ihre Taille und zog sie auf den Sitz zurück. »Bitte, Cait, du verstehst das alles ganz falsch. Seit ich dir zum ersten Mal begegnet bin, begehre ich dich. Ich brauche dich nur anzuschauen, und schon erwacht mein Verlangen. Damit haben Talmadge und dein Vater nichts zu tun.«
»Mein Vater?« Ihre Augen verengten sich. »Was heißt das?«
Am liebsten hätte er sich die Zunge abgebissen. Er hatte nicht beabsichtigt, den Professor in diesem Zusammenhang zu erwähnen. Zumindest jetzt noch nicht. Nun musste er wohl oder übel eine Erklärung abgeben. Er holte tief Atem und hoffte, seine Argumente würden Cait überzeugen. »Nach allem, was mein Anwalt herausgefunden hat, liegt die Vermutung nahe, dass auch Professor Harmons Expedition zu den betrügerischen
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