Tarzan 04 - Tarzans Sohn
entsetzt um. Die Haare standen ihm zu Berge, als er erkennen mußte, daß ein riesiger, menschenähnlicher Affe ihn von hinten gepackt hielt. Das Tier bleckte die großen Zähne und näherte den Rachen seiner Kehle. Der Junge hielt seine Handgelenke fest. Alles vollzog sich lautlos. Wo war die Großmutter? Condon ließ einen schnellen, alles erfassenden Blick durch den Raum schweifen. Dann traten ihm die Augen aus den Höhlen, da ihm voller Entsetzen die Wahrheit aufging. Nun sah er, was für ein gräßliches Geheimnis diese beiden umgab, in deren Hände er sich begeben hatte! Mit aller Macht versuchte er, den Jungen abzuwehren, damit er sich dem furchterregenden Wesen hinter ihm zuwenden konnte. Er konnte eine Hand freimachen und versetzte dem Burschen einen heftigen Schlag ins Gesicht. Doch diese Handlungsweise schien in der behaarten Kreatur, die an seiner Kehle hing, tausend Teufel freizusetzen. Er vernahm ein wildes, tiefes Knurren, und das war das letzte, was er in seinem Leben hörte. Dann wurde er rücklings zu Boden geschleudert, ein schwerer Körper fiel auf ihn, kräftige Zähne verbissen sich in seiner Halsschlagader, sein Kopf wirbelte in einer plötzlichen Finsternis, die der Ewigkeit vorangeht – einen Moment später erhob sich der Affe von der ausgestreckt liegenden Gestalt, aber das erfaßte Condon schon nicht mehr – er war mausetot.
Der Junge sprang zu Tode erschrocken vom Bett und beugte sich über den Körper des Mannes. Er wußte, daß Akut zu seiner Verteidigung getötet hatte, wie er es auch bei Michael Sabrov getan hatte. Doch hier, im wilden Afrika, weit weg von seinem Vaterhaus und den Freunden, wie würde man mit ihm und seinem getreuen Affen verfahren? Er wußte: Auf Mord stand die Todesstrafe. Und er wußte auch, daß ein Komplize mit seinem Herrn zum Tode verurteilt wurde. Wer war hier, der für sie eintreten konnte? Alle würden gegen ihn sein. Sie befanden sich in einem nur halbwegs zivilisierten Gemeinwesen, und es war durchaus zu erwarten, daß man ihn und Akut am Morgen fortschleppen und am nächsten Baum aufknüpfen würde – er hatte von solchen Dingen gelesen. In Amerika war es geschehen, und Afrika war noch schlimmer und wilder als der weite Westen im Heimatland seiner Mutter. Jawohl, am Morgen würden sie beide hängen!
Gab es kein Entrinnen? Er dachte schweigend mehrere Minuten nach, dann schlug er mit einem Ausruf der Erleichterung die Hände zusammen und trat zu seiner Kleidung, die auf dem Stuhl lag. Mit Geld ließ sich alles regeln! Geld würde ihn und Akut retten! Er suchte in der Tasche, in der er sein Geld aufzubewahren pflegte, nach der Rolle Banknoten. Sie war nicht da! Langsam zuerst und dann immer hektischer durchsuchte er sämtliche Taschen der restlichen Kleidungsstücke. Danach kniete er sich hin und suchte den Fußboden ab. Er zündete die Lampe an, rückte das Bett zur Seite und tastete den gesamten Fußboden ab. Neben Condons Körper zögerte er kurz, aber schließlich rang er sich durch, ihn anzufassen. Er rollte ihn zur Seite und schaute nach, ob er vielleicht auf dem Geld lag. Nein, das war nicht der Fall. Gewiß war der Amerikaner in ihr Zimmer eingedrungen, um ihn zu bestehlen, dennoch war nicht anzunehmen, daß er Zeit genug gehabt hatte, das Geld an sich zu nehmen. Gleichwohl war es nirgends zu finden, also mußte er es am Körper tragen. Jack untersuchte die Kleidung des Amerikaners – vergebens. Immer wieder durchstöberte er das Zimmer, nur um jedesmal zu dem Toten zurückzukehren. Das Geld war jedoch nirgends zu entdecken.
Er war halb von Sinnen vor Verzweiflung. Was sollten sie jetzt tun? Am Morgen würde man sie entdecken und töten. Bei aller ihm vererbten Körperkraft und Größe war er letztendlich noch ein kleiner Junge – ein verängstigter, von Heimweh erfüllter kleiner Junge, der anhand der kümmerlichen Erfahrung eines Kindes zu falschen Schlußfolgerungen gelangte. Er konnte nur an die eine, ins Auge springende Tatsache denken – sie hatten einen Mitmenschen getötet und befanden sich unter fremden Wilden, die nach dem Blut des ersten Opfers dürsteten, welches das Schicksal ihnen zugeführt hatte. Soviel hatte er Groschenromanen entnommen.
Und sie brauchten unbedingt Geld!
Wieder näherte er sich dem Toten. Diesmal entschlossener. Der Affe hockte in einer Ecke und beobachtete seinen jungen Gefährten. Dieser begann, den Amerikaner auszuziehen. Dabei untersuchte er gründlich jedes Kleidungsstück. Selbst die Schuhe sah
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