Tatort Doppelbett
wußte, daß Sie nicht aufkreuzen würden?«
»Weil sie einen Bogen unseres Briefpapiers klauen, den Briefkopf abreißen, in meinem Schreibtisch deponieren und den Bogen mitnehmen und Carlotta Shelton übergeben wollte.«
»War ich wirklich so blöd, Donald?«
»Nein, Sie waren nur so menschenfreundlich. Das Mädchen tat Ihnen leid.«
»Sie machte einen so netten Eindruck.«
»Und Sie ließen sie allein in meinem Büro?«
Elsie war im Begriff, den Kopf zu schütteln, ließ es aber bleiben und dachte angestrengt nach. »Stimmt, ich ging kurz hinaus, aber das kann höchstens ein paar Minuten gedauert haben.«
»Die paar Minuten verschafften ihr die Chance, auf die sie gewartet hatte. Macht nichts, Elsie, wir werden das Mädchen schon ausfindig machen. Sie werden es doch auf einem Foto wiedererkennen?«
»Doch, ich glaube schon.«
»Okay, wir werden's gleich mal ausprobieren.«
Ich fuhr mit Elsie zu einer guten Freundin, die das Bildarchiv einer Zeitung leitete. Sie warf einen einzigen Blick auf mich, auf die Kratzer in meinem Gesicht, auf Elsie Brand und lächelte verständnisinnig.
Elsie brauste auf. »Sie brauchen mich gar nicht so anzuschauen! Er könnte anstellen, was er wollte, ich würde ihm deswegen bestimmt kein Haar krümmen!«
Die Bildredakteurin war eine große knochige Frau Mitte der Fünfzig, die sich auskannte. Niemand wußte etwas über sie und ihre Herkunft. Sie grinste mich nur an. »Du solltest dich schämen, Donald. Hast so 'ne treue Seele an deiner Seite und bist hinter anderen Weibern her.«
»Ich war nicht hinter ihnen her«, sagte ich, »sie waren hinter mir her.«
»Was willst du denn?«
»Ich hätte mir gern mal die Fotos von Carlotta Shelton angesehen.«
»Das ist ein ganzer Schwung. Was soll's denn sein: Carlotta im Badeanzug, Strandanzug, Tennisdress, Reitdress?«
»Alles, was da ist.«
Sie nickte, verfrachtete uns an einen der langen Tische und verschwand durch eine Tür. Nach ungefähr fünf Minuten kam sie mit einem ganzen Arm voll großer gelber Umschläge wieder zum Vorschein.
»Bring sie bitte nicht durcheinander«, sagte sie und ließ uns allein.
»Wie heißt sie?« fragte Elsie.
»Ruth Ritter«, antwortete ich. »Sie ist ein prima Kerl. Kein Mensch kennt ihre Vergangenheit. Sie spricht nie darüber. Sie hält sich im Hintergrund, weiß aber unglaublich viel und hat ein enormes Gedächtnis für Details.« Ich machte den ersten Umschlag auf und breitete die Bilder auf dem Tisch aus.
Carlotta Shelton war ein wunderschönes Mädchen und fabelhaft fotogen. Jede ihrer Bewegungen war eine Pose von großer natürlicher Anmut. Sie war versessen aufs Fotografiertwerden und liebte es besonders, sich als Pin-up-girl zu produzieren,
Die Porträts von Carlotta legte ich beiseite und konzentrierte mich vor allem auf Gruppenaufnahmen.
»Dieses Miststück«, murmelte Elsie.
»Haben Sie sie gefunden?« fragte ich gespannt.
»Nein, nein. Ich meine Carlotta.«
Wir gingen mehrere Dutzend Fotos durch. Plötzlich grapschte sich Elsie eins heraus.
»Warten Sie einen Augenblick, Donald — ich glaube, ich glaube, das ist sie!«
»Wissen Sie's genau?«
»Nein, ganz sicher bin ich nicht, aber ungefähr so hat sie ausgesehen.«
Ich drehte das Foto um und las die Bildunterschrift auf der Rückseite. »Badeschönheiten vergnügen sich in Salton Sea. Es sind von links nach rechts...« Ich betrachtete die Gruppe. Das Mädchen, das Elsie erkannt hatte, war die dritte von rechts, eine gut aussehende Puppe. Sie hieß laut Bildunterschrift Elaine Paisley.
»Moment mal«, sagte ich zu Elsie, ging hinaus und rief Ruth Ritter. »Habt ihr auch was über Elaine Paisley?«
»Wie schreibt sich das?«
Ich buchstabierte den Nachnamen.
Ruth verschwand und kam nach einer Weile mit einem einzigen ziemlich dünnen Umschlag zurück. »Sie hat mal einen Schönheitswettbewerb gewonnen, bekam ein paar kleine Filmrollen und schmarotzt bei der Prominenz. Sonst ist nicht viel los mit ihr.«
Ich machte den Umschlag auf. Er enthielt einige Zeitungsausschnitte und zwei Fotos. Elsie warf einen Blick darauf und sagte wie aus der Pistole geschossen: »Das ist sie, Donald. Das ist das Mädchen, das im Büro war.«
Es war eine Großaufnahme. Elaine Paisley hockte auf einer Sessellehne und hatte die Hände um das rechte angewinkelte Knie gefaltet, das linke Bein hing nach unten und bot dem Betrachter eine Menge Nylon.
»Sicher?«
»Ja, ganz sicher.«
Ich überflog die Ausschnitte und stieß schließlich auf
Weitere Kostenlose Bücher