Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Tatsache Evolution

Titel: Tatsache Evolution Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: U. Kutschera
Vom Netzwerk:
Vater bzw. der Mutter genetisch identisch (verwandt) sind, da eines der beiden Chromosomen vom jeweiligen männlichen bzw. weiblichen Vorfahren stammt. Dieser Verwandtschaftsgrad von 50 % gilt auch für die vier Geschwister (Phänotypen AA, Aa, aA, aa).
    Die Wahrscheinlichkeit, mit der ein Individuum mit dominantem Phänotyp in der Population entsteht, ist somit 3 zu 4 (AA, Aa, aA), die Wahrscheinlichkeit für rezessive Pflanzen ist 1 zu 4 (aa). Das Verhältnis gelber zu grüner Erbsenkörner, vererbt von der Eltern- zur Nachkommengeneration, ist daher etwa 3 zu 1, und bezogen auf die Genotypen 1 zu 2 zu 1 (erstes Mendelsches Gesetz).
    Schlussfolgerung: In realen Populationen (z. B. Erbsen, s. Abb. 2.4) entstehen Zygoten (und daraus hervorgegangene Pflanzen, d. h. Nachkommen) durch zufällige Fusion eines männlichen und weiblichen Gameten aller Varianten. Eine große Anzahl |67| derartiger
Zufalls-
Verschmelzungen gehorcht
notwendigerweise
einem Wahrscheinlichkeitsgesetz, das in der ersten Mendelschen Regel zum Ausdruck kommt. Diese hier besprochene Zufalls-Kombination der Erbanlagen ist eine von mehreren Ursachen für die biologische Variabilität (Details s. Kapitel 3).
    Die zweite Mendelsche Regel (Kombinationsgesetz), zwei oder mehrere Merkmale berücksichtigend (z. B. gelbe oder grüne Samenfarbe
plus
runde oder kantige Form), führte im Kreuzungsexperiment zum Abstammungs-Verhältnis 9 zu 3 zu 3 zu 1 (Futuyma 1998). Diese im Jahr 1865 publizierten Erkenntnisse (Mendelsche Gesetze bzw. Regeln) erklärten erstmals einfache Vererbungsvorgänge – sie blieben dennoch über Jahrzehnte hinweg unbekannt. Hätte Charles Darwin diesen durch zahlreiche weiterführende Untersuchungen bestätigten
Mendelismus
gekannt, so wäre die Geschichte der Evolutionsbiologie anders verlaufen. Darwin hätte sein verfehltes Vererbungsprinzip (Pangenesis-Hypothese) wohl niemals formuliert und wäre vermutlich auch nicht weiterhin ein Anhänger der Lamarckschen Vererbungsmechanismen geblieben (s. Kapitel 3).
    Nach der Wiederentdeckung der Mendelschen Gesetze im Jahr 1900 wurden diese für Einzelpflanzen (Individuen) formulierten Vererbungsregeln auf Fortpflanzungsgemeinschaften (Populationen) frei lebender bzw. domestizierter Organismen übertragen (Populationsgenetik). Durch Kombination eines inhaltlich korrigierten und erweiterten »Neo-Darwinismus« (um 1900 als
Weismannismus
bezeichnet) mit dem
Mendelismus
entstand 1937 der
Dobzhanskyismus
. Diese Weiterentwicklung hin zu einer modernen, umfassenden Theorie der biologischen Evolution der Tiere und Pflanzen ist im nächsten Kapitel beschrieben.

[ Menü ]
|68| 3. Von Darwin zur Evolutionsbiologie: Design ohne intelligenten Planer
    Der Verleger John Murray III. (1808 – 1892), Enkel des Gründers des gleichnamigen Fachverlags, war ein geschickter Geschäftsmann . Nachdem Charles Darwin ihm Anfang 1859 sein Manuskript mit dem Titel
An Abstract of an Essay on the
Origin of Species and Varieties through Natural Selection
(»Ein Auszug eines Essays über den Ursprung der Arten und Varietäten durch natürliche Auslese«) angeboten hatte, bestand dieser darauf, einen prägnanteren Buchtitel zu wählen (s. Abb. 1.11, S. 41). Zum einen, so Murray, sei ein Buch mit etwa 500 Druckseiten kein »Auszug« (
Abstract
), zum anderen wisse kein Leser, was denn unter
Natural Selection
zu verstehen sei. Darwin schlug daher Alternativen vor.
    Am 24. November 1859 ist dann die erste Auflage von Darwins Artenbuch unter dem vom Verleger festgelegten, verkaufsfördernden Titel
On the Origin of Species by Means of
Natural Selection, or the Preservation of Favoured Races in the
Struggle for Life
im Buchhandel erschienen (Abb. 3.1); die 1250 gedruckten Exemplare waren am selben Tag ausverkauft. Auch die Anfang 1860 gedruckte, nahezu unveränderte 2. Auflage (3000 Exemplare) war bald nicht mehr lieferbar. Eine deutsche Übersetzung dieser Neuauflage ist noch im selben Jahr über Fachbuchhandlungen verbreitet worden (Bronn 1860, s. Junker 2008). Erst in der 1866 erschienenen erweiterten 3. Auflage fügte Darwin einen historischen Rückblick zum Ursprung der Arten bei, der in späteren Nachdrucken der Erstauflage in die »1859er Urfassung« in den Vorspann aufgenommen wurde. In diesem »Historical Sketch of the Progress of Opinion on the Origin of Species« belegt Darwin, dass weder die
Evolution an
sich
(vom Autor als »Deszendenz mit Modifikation, d. h. Abstammung mit Abänderung« umschrieben)

Weitere Kostenlose Bücher