Tatsächlich Liebe in Notting Hill: Roman (German Edition)
auch auf!«, ertönte eine andere wütende Stimme, die David gehörte, der auf Sean zumarschiert kam. »Sie ist meine Verlobte, und ich bin derjenige, der sie trösten wird, wenn sie zittert!«
»Und warum hast du dann nichts unternommen?«, fragte Sean und ließ seinen Arm von meinen Schultern sinken. »Wenn du dich so sehr um sie sorgst, warum musste ich dann einspringen?«
Schweigend betrachtete ich die Szene.
Ursula, wie sie versuchte, mit einem Wischlappen den Rotwein vom Boden rund um die Füße meines Vaters zu beseitigen. Oscar, wie er versuchte, meinen Vater dazu zu überreden, aus der Rotweinlache zu steigen und ins Wohnzimmer zu gehen, um sich dort einen Drink zu genehmigen. Und schließlich Sean und David, die sich wieder einmal um mich zankten.
Langsam wich ich zurück. Ich nahm meine Jacke von der Garderobe und öffnete vorsichtig die Tür.
Ein eiskalter Wind blies durch meinen Körper hindurch ins Haus hinein.
Plötzlich hielten alle inne und wandten sich zur offenen Haustür um.
Ich war mir der Dramatik der Situation bewusst und nahm eine theatralische Haltung an.
»Ihr alle habt mich gewarnt, dass sich der heutige Abend zu einer Katastrophe entwickeln könnte. Was auch eingetreten ist – es war ein richtiges Desaster. Und ich habe auf keinen von euch hören wollen, nicht wahr? Das tue ich nie. Ich mache einfach blind weiter in der Annahme und Hoffnung, dass letztlich schon alles gut werden wird, dass es für alle ein Happy End geben wird. Herzlichen Glückwunsch – ihr habt alle recht behalten, ich habe phänomenal danebengelegen. Wie immer.«
Der Wind blies eine weitere eisige Böe in meinen Rücken. Eigentlich wollte ich gar nicht in die kalte Februarnacht hinaus – aber ich konnte ja wohl kaum wieder ins Haus gehen, oder? Jedenfalls nicht nach dieser dramatischen Ansprache. Warum funktionierten diese Dinge eigentlich immer nur im Film, aber nie im wirklichen Leben?
»Und bevor ich irgendeinem von euch noch mehr Probleme bereite, gehe ich lieber. Irgendwohin, wo ich keine Probleme machen kann.«
Damit drehte ich mich um, knallte die Tür zu und rannte ohne einen Blick zurück die Stufen hinunter.
Wo sollte ich in Notting Hill bloß unterkommen?, fragte ich mich, während ich die Straße hinuntereilte und mir dabei meinen Mantel überzog.
Sofort wurde mir klar, wie die Antwort lautete.
34
I ch eilte die Straße hinunter, bis ich den schwarzen schmiedeeisernen Zaun erreichte, der den kleinen privaten Park umgab. Nachdem ich mich kurz umgeschaut hatte, kletterte ich schnell über die Gitterstäbe wie in jener Nacht, in der ich Sean kennengelernt hatte.
Dabei war ich überaus erleichtert über die Tatsache, dass ich mich nicht etwa für das Kleid entschieden hatte, das ich eigentlich heute Abend hatte anziehen wollen. Stattdessen trug ich eine schicke schwarze Hose und ein glitzerndes Top – sonst wäre dieses Klettermanöver wohl deutlich schwieriger geworden.
Ich plumpste auf der anderen Seite des Zauns zu Boden und fiel seitlich in einen Busch – glücklicherweise war es nicht einer dieser dornigen Vertreter. Offenbar waren meine Pfennigabsätze nicht gerade dazu geeignet, auf weichem Untergrund zu landen. »Mist«, murmelte ich, als ich mich wieder aufrichtete und die Hose glatt strich. »Hätte ich doch nur meine Schlüssel dabeigehabt, dann wäre mir diese Kletterei erspart geblieben.« Kurz nach meinem ersten Besuch in dem privaten Gemeinschaftsgarten mit Sean hatte ich herausgefunden, dass auch Belinda und Harry einen Schlüssel dazu besaßen. Aber mein divenhafter Abgang hatte mir leider nicht den Luxus gestattet, danach zu suchen. Ich konnte mich glücklich schätzen, dass ich wenigstens einen Mantel trug.
So, jetzt befand ich mich also hier in diesem Park. Was sollte ich tun?
Ich fand die Holzbank, auf der Sean und ich vor ein paar Wochen gesessen hatten, und ließ mich darauf nieder. Allmählich bekam ich ein richtig schlechtes Gewissen, dass ich einfach davongestürmt war und alle in dem Chaos zurückgelassen hatte, das ich geschaffen hatte. Aber jetzt war es zu spät, um umzukehren. Ich war Hals über Kopf losgestürzt und musste nun wohl oder übel die Konsequenzen tragen.
Was wohl gerade zu Hause passierte?
Hoffentlich nahm Sean rechtzeitig das Fleisch aus dem Ofen. Plötzlich stieg Panik in mir auf beim Gedanken an das sorgsam zubereitete Essen. Aber nach allem, was passiert war, war es doch recht unwahrscheinlich, dass heute Abend jemand davon probieren
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