Tatsächlich Liebe in Notting Hill: Roman (German Edition)
Und jetzt sitze ich da, nur eine knappe Stunde später, und mache alles wieder wie zuvor.
Ich betrat das dunkle Schlafzimmer und tappte auf Zehenspitzen ins Bad. Heute Abend ist einfach zu viel passiert, um mir jetzt Gedanken darüber zu machen oder gar irgendwelche Entscheidungen zu treffen.
Nachdem ich im Badezimmer fertig war, kehrte ich ins Schlafzimmer zurück. Ich gab mir Mühe, den Raum so leise wie möglich zu durchqueren, denn das Letzte, was mir jetzt noch fehlte, war, dass David aufwachte und eine weitere Diskussion mit mir anzettelte – insbesondere über unsere Beziehung. Für meinen Geschmack war ich an diesem Abend schon mehr als genügend in mich gegangen.
Plötzlich stieß ich mit dem Zeh gegen den Stuhl vor der Frisierkommode und fluchte leise, dann tastete ich nach der Lampe, die auf der Kommode stand. Sofort wurde das Zimmer von einem sanften Lichtschein durchflutet. David bewegte sich. Ich beobachtete ihn einen Augenblick lang und betete inständig, dass er nicht aufwachen würde. Meine Angst war jedoch unbegründet: Er drehte sich nur auf die andere Seite und schnarchte dann weiter.
Normalerweise, wenn ich David schnarchen hörte, überlegte ich mir sofort eine Möglichkeit, wie ich ihn dazu bringen konnte, damit aufzuhören, um selbst schlafen zu können. Nicht so heute Nacht. Ich starrte einfach nur auf den blöden Stuhl, der meinen unschuldigen Zeh malträtiert hatte, genauer gesagt, auf Davids Kleidung für den nächsten Tag, die darauf lag. Sein Anzug und das Hemd hingen auf hölzernen Bügeln an der Außenseite des Kleiderschranks, auf der Sitzfläche aber lagen die Teile, an denen mein Blick hängen geblieben war: seine Socken, die er nebeneinandergelegt hatte, und, noch wichtiger, seine Unterhose. Diese hatte er fein säuberlich auf den Socken platziert – genau wie Mark Darcy, als er in Bridget Jones’ Wohnung war …
Ich betrachtete die Boxershorts und sah dann zu David hinüber.
Und plötzlich wurde alles, was bisher in meinem Kopf ein einziges Durcheinander gewesen war, vollkommen klar.
Alles, was mir Dad im Wohnzimmer gesagt hatte.
Was Mum mir am Telefon geraten hatte.
Alles ergab mit einem Mal einen Sinn.
Dad hatte unendlich viel durchgemacht als alleinerziehender Vater. Er hatte so viel für mich geopfert – jetzt war es an der Zeit, dass ich das wiedergutmachte.
Jahrelang hatte Mum Einsamkeit und Elend erlebt, weil sie einem wilden romantischen Traum hinterhergejagt war, den es mit den falschen Männern einfach nicht gab. Und ich hatte keine Lust, zu enden wie sie.
Ich allein hatte es in der Hand, das Richtige zu tun. Dad hatte gesagt, ich würde schon wissen, was zu tun sei, wenn die Zeit reif war – und diese Zeit war jetzt gekommen. In einer Sache hatte er jedoch unrecht: Das, was mir bei meiner Entscheidung half, hatte sehr wohl etwas mit Kino zu tun.
»Na, wenn Mark gut genug war für Bridget …«, flüsterte ich leise in die Dunkelheit hinein.
38
V ivaldi erklang aus der Kirche, als Maddie ein letztes Mal meine Schleppe richtete und Dad mir seinen Arm entgegenstreckte, damit ich mich bei ihm einhaken konnte.
Wie seltsam, dachte ich, als wir die Kirche betraten und den Mittelgang entlangschritten. Ich konnte mich gar nicht daran erinnern, dass mein Kleid bei der Anprobe eine Schleppe gehabt hatte.
Eigentlich war ich mir sogar ziemlich sicher, dass dies hier nicht das Kleid war, das ich im Beisein von Oscar und Ursula für meinen großen Tag anprobiert hatte. Dieses Kleid hier war sehr tailliert und aus einer sehr rauen, elfenbeinfarbenen Seide. Es war so eng, dass ich kaum atmen konnte, als ich mit einem festbetonierten Lächeln den Gang hinunterstolzierte.
Ich hatte jedoch keine Gelegenheit, mich zu beschweren, da mein Vater mich jetzt mit einem derartigen Tempo zum Altar schleifte, dass ich kaum noch meine Füße auf dem Boden spürte. Wollte er mich so verzweifelt loswerden?
Als wir schließlich vor dem Pfarrer standen – der merkwürdigerweise eine unfassbare Ähnlichkeit mit Rowan Atkinson aufwies –, übergab mich mein Vater schnell an David. Wenigstens dieser Teil stimmte.
Der Pfarrer hetzte durch die Begrüßung, und so stand bald schon das erste Loblied an. Ich sah mich nach einem Gesangbuch um, konnte jedoch nirgends eins entdecken.
»Wonach suchst du?«, zischte David. »Wenn hier einer den Liedtext kennen sollte, dann doch wohl du!«
Plötzlich tauchte zwischen den Hochzeitsgästen aus dem Nichts heraus eine Band auf, und ein Teil
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