Tausend weisse Flocken
Stil.
Und dennoch ... Gereizt rieb sich Zach das Kinn, unfähig, die Mel, die er kannte, mit der jungen Fremden in Einklang zu bringen, die mit angemalten Lippen und Diamanten im Haar in den Raum spaziert war. Sicher, der Lippenstift war sehr dezent gewesen und die Röte auf ihren Wangen vermutlich natürlichen Ursprungs - aber Diamanten? Das war für seinen Geschmack wirklich übertrieben.
Andererseits war Claire der Wahrheit vielleicht näher gekommen, als er sich eingestehen wollte, denn er konnte sich nicht entsinnen, wann seine Tochter das letzte Mal so gestrahlt hatte - das hieß, bis sie seine finstere Miene bemerkt hatte.
Zach leerte sein Glas und verzog das Gesicht. Das Eis war längst geschmolzen und der Scotch daher richtig wässrig. In Anbetracht dessen, was ihn an diesem Abend erwartete, hätte er etwas Stärkeres vertragen können, doch andererseits musste er einen klaren Kopf behalten.
Mel zuliebe hatte er dafür gesorgt, dass Claire an ihrem Tisch saß - keine besonders kluge Entscheidung. Möglicherweise war sie auch der Meinung und so umsichtig, sich woanders einen Platz zu suchen.
Seine Hoffnung schwand in dem Moment, als er den Speisesaal betrat. Sie saß auf dem ihr zugewiesenen Platz, mit Eric zu ihrer Linken, der ihr bedrohlich auf die Pelle rückte. Und Mel, die sehr erwachsen wirkte, saß zwischen Eric und McBride.
Zach zog seinen Stuhl auf der gegenüberliegenden Seite des Tisches hervor und nickte in die Runde. "Tut mir Leid, dass ich Sie haben warten lassen."
Eric grinste Claire anzüglich an, und seinem glasigen Blick nach zu urteilen, war er bereits betrunken. "Macht nichts, Kumpel. Wir haben uns gut unterhalten."
"Zweifellos." Zach rief sich ins Gedächtnis, dass Eric der Bruder seiner verstorbenen Frau und der Onkel seiner Tochter war. Da seine Eltern in Arizona lebten und seine Schwester in Neuseeland, hatte er keine Familie in der Nähe und musste aufpassen, dass er Eric seine Verachtung nicht spüren ließ.
Er blickte sich im Saal um, der mit Ausnahme der vier Stühle für die Familie, die am nächsten Morgen eintreffen würde, bis auf den letzten Platz besetzt war. Die Gäste trugen Abendgarderobe und unterhielten sich angeregt, und das hervorragende Essen, der gute Wein, der perfekte Service und die weihnachtliche Dekoration schufen eine festliche Atmosphäre.
Fast schuldbewusst ließ Zach den Blick zu Mel schweifen.
Sie strahlte förmlich, und dafür musste er Claire dankbar sein, wenn er fair war. Und Claire selbst ... Schnell sah er woanders hin, damit sie ihn nicht dabei ertappte, wie er sie anstarrte.
Wie schaffte sie es bloß, mit wenigen Mitteln eine solche Wirkung hervorzurufen? Ihr Kleid war marineblau und schlicht geschnitten, während die anderen Frauen vorwiegend schwere Samt-und Brokatstoffe trugen. Es hatte lange Ärmel, einen U-Boot-Ausschnitt und umspielte ihre Kurven.
Wahrscheinlich war es der Schmuck, der so auffiel. Wieder waren es Diamanten, die an ihren Ohren, auf ihrem Dekolletee und an ihren Händen funkelten. Wenn man bedachte, wie sie Mel ebenfalls behängt hatte, musste sie allein einen halben Koffer voll Schmuck mitgebracht haben.
Allerdings musste er, Zach, zugeben, dass sie nicht die Einzige war, die so extravagant wirkte. Die Frau zu seiner Linken trug einen Rubinanhänger von der Größe eines Eis, während eine andere weiter rechts mit Smaragden beeindruckte.
Er hatte Jenny nie solchen Luxus bieten können. Das Kostbarste, was er ihr je geschenkt hatte, waren die Perlen zu ihrem Hochzeitstag gewesen, ein Jahr vor ihrem Tod. Nach der Beerdigung hatte er sie in den Bürosafe gelegt, um sie irgendwann Mel zu schenken.
Da er zu tief in Gedanken versunken war, um sich zu unterhalten, lehnte er sich nach dem Essen auf seinem Stuhl zurück und beobachtete die Gäste. Die Tische waren im Kreis aufgestellt, so dass die Mitte leer war. Während einige Gäste noch ein Dessert aßen oder Kaffee tranken, gingen andere auf die Tanzfläche. Eric hatte Claire aufgefordert und zeigte sie vor wie eine Trophäe.
McBride hatte Mel zu einem Tanz überredet. Errötend und kichernd ließ sie sich von ihm über die Tanzfläche führen, wobei er mehr durch Energie als durch Stil bestach, aber es schien sie nicht zu stören.
"Sie muss die Herzlichkeit der anderen spüren, wenn sie joie de vivre empfinden soll", hatte Claire gesagt, und er, Zach, hatte das ungute Gefühl, dass sie möglicherweise Recht hatte. Dass Mel so strahlte, lag nicht nur an den
Weitere Kostenlose Bücher