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Tausendschön

Tausendschön

Titel: Tausendschön Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: K Ohlsson
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zu schmieren. Fredrika stieg aus dem Bett und ging ins Badezimmer. Sie warf das schweißnasse Nachthemd in den Wäschekorb und stellte sich dann unter die Dusche. Die sanften, warmen Wasserstrahlen fühlten sich auf ihrer Haut wunderbar an. Sie drehte sich unter dem Wasserstrahl und vergaß darüber, dass sie weinte. Hinterher wickelte sie sich in ein großes Handtuch.
    Wenigstens hatte sie einen guten Arbeitstag gehabt. Kurz, aber gut.
    Es war schwer gewesen, jemanden zu finden, der die kleinen Zettelchen mit den arabischen Schriftzeichen übersetzen konnte. Sämtliche Übersetzer waren im Rahmen einer großen Razzia der Reichskriminalpolizei in einer Schleppersache belegt gewesen, die massenhaft zu bearbeitendes Material mit sich gebracht hatte. Doch am Ende hatte sich einer ihrer zaghaften Anfrage erbarmt und versprochen, sich am nächsten Tag zu melden.
    Fredrika unterdrückte ein Seufzen. Ein ereignisreicher Tag stand ihr bevor. Nicht nur der Übersetzer würde kommen, sondern auch der Arzt, der für Karolina Ahlbin verantwortlich gewesen war, als diese ins Krankenhaus eingeliefert wurde, bevor sie an einer Überdosis starb.
    Das einzig Konkrete, was Fredrika im Laufe des vergangenen Tages aufgetrieben hatte, war der Hinweis auf ein großes Anwesen mit Haus auf Ekerö, das auf die Schwestern Ahlbin eingetragen war, vorher aber ihren Eltern gehört hatte. Vielleicht war es das Haus, das die Familie gemeinsam benutzt hatte.
    Fredrika hatte einen Kloß im Hals, wenn sie an Johanna Ahlbin dachte. Sie hatte nicht umhingekonnt, sie im Melderegister zu suchen. Johanna Maria Ahlbin, geboren 1978, ein Jahr nach ihrer Schwester. Unverheiratet, keine Kinder. Unter derselben Adresse war niemand sonst eingetragen. Sie lebte offensichtlich allein.
    Etwas Schlimmeres gab es doch wohl nicht.
    Das Kind bewegte sich, als ob es Angst hätte, vergessen zu werden. Fredrika versuchte, es zu beruhigen, indem sie sich über den Bauch strich. Ihr ungeborenes Kind. Es war da und doch wieder nicht. Wenn irgendjemand an der Tür klingelte und Fredrika mitteilte, dass ihre Eltern und ihr Bruder gestorben wären, dann würde sie kaputtgehen. Vor allem um ihren Bruder würde sie schrecklich trauern.
    Wieder brannten Tränen in ihren Augen. Abgesehen von Spencer gab es keinen Menschen, der ihr wichtiger war.
    Sie wischte die Tränen weg, die ihr wie verirrte Wesen über die Wangen liefen. Ihr eigenes Kind würde wohl kaum Geschwister bekommen. » Du wirst allein klarkommen müssen«, flüsterte sie.
    Dann sah sie auf und erblickte ihre eigenen rotgeweinten Augen im Badezimmerspiegel. Und schämte sich. Welchen Grund hatte sie eigentlich, so traurig zu sein? Sie hatte ein gutes Leben, hatte Freunde und Familie, und sie erwartete ihr erstes Kind von einem Mann, den sie seit vielen Jahren liebte. Werd endlich erwachsen, dachte sie wütend. Hör auf, dich selbst zu bemitleiden. Wenn irgendjemand glücklicher wäre als du, dann nur im Märchen.
    Mit einem Handtuch um den Kopf gewickelt, ging sie zu Spencer in die Küche.
    » Machst du mir auch ein Brot?«

Kurz vor Mitternacht durchschnitt Telefonklingeln die Stille der Wohnung. Er beeilte sich, den Anruf entgegenzunehmen, ehe seine Frau davon wach wurde. Vorsichtig schlich er aus dem Schlafzimmer und zog mit einer geschmeidigen Bewegung die Tür zum Arbeitszimmer hinter sich zu.
    » Ja?«, fragte er, als er den Hörer abgenommen hatte.
    » Sie hat angerufen«, sagte die Stimme am anderen Ende.
    Er schwieg einen Augenblick lang. Der Anruf war zu erwarten gewesen, und doch reagierte er mit Angst. Er beschloss, dies als gesunde Regung zu werten. Kein Mensch sollte Teil eines solchen Projekts sein, ohne irgendetwas zu empfinden.
    » Also alles nach Plan«, sagte er.
    » Alles nach Plan«, kam die Bestätigung.
    » Machte sie den Eindruck, als würde sie irgendetwas ahnen? Hat sie das Ausmaß ihres Problems erkannt?«
    » Noch nicht. Aber morgen wird es ihr klar werden.«
    » Und dann ist es schon zu spät für sie«, schloss er mit einem Seufzer.
    » Ja«, sagte die Stimme im Hörer, » da ist dann schon alles vorbei.«
    Zerstreut fingerte er an dem leeren Notizblock vor ihm auf dem Eichenschreibtisch herum. Der Schein einer Straßenlaterne tauchte die Blumen auf dem Fensterbrett in gelbes Licht.
    » Und unser Freund ist vor ein paar Tagen nach Arlanda gekommen?«
    » Er sitzt in der Wohnung, in der die Kontaktperson ihn abgesetzt hat. Morgen wird er für seinen Auftrag bereit sein.«
    Draußen vorm

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