Taxi 503 (German Edition)
ob sie das tat oder nicht.
Ihr tobten die unterschiedlichsten Gedanken durch den Kopf.
Hatte er wirklich etwas mit ihrem Sturz zu tun? Wie kam denn die Polizei darauf?
Aber was sie viel mehr beschäftigte, war Marc.
Er hatte immer noch nichts von sich hören lassen und Abbys Angst, dass er gar nichts mehr mit ihr zu tun habe wollte, stieg ins Unermessliche.
Sie wollte ihn wieder anrufen, doch sie traute sich nicht so recht. Und sie hatte auch Angst vor seiner Reaktion, bestimmt ekelte er sich vor ihr.
Im Grunde hatte sie so etwas ja schon immer geahnt. War jetzt also der Zeitpunkt gekommen, an dem Schluss war?
„So, Maus, da bin ich wieder“, Charlies fröhliche Stimme riss Abby aus ihren trüben Grübeleien. „Was ist denn los?“
Abby schüttelte nur leicht den Kopf.
„Es ist wegen Marc, nicht wahr?“, sie streichelte Abby durchs Gesicht. „Ich wünschte, ich könnte meinen Fehler wieder rückgängig machen.“
„Mach du dir keine Gedanken. Du kannst doch gar nichts dafür“, sie sah auf die Tüten in Charlies Hand. „Hat das Geld gereicht?“
„Klar. Ich hab dir T-Shirts von mir mitgebracht und zwei Jogginghosen. Die werden dir vielleicht in der Taille zu weit sein, aber fürs Krankenhaus dürfte das gehen. Alles andere habe ich aus dem Drogeriemarkt“, Charlie stand auf und räumte die Sachen ein.
„Danke“, Abby rang sich ein Lächeln ab. „Meine Ma hat eben angerufen…“
„Oh – und?“, Charlies Miene verfinsterte sich sofort.
„Sie meint, dass die Polizei heute Klaus und sie verhört hat. Kannst du dir denken, warum? Ich kann mich an nichts erinnern.“.
„Ja, kann ich. Hast du eigentlich schon mal in den Spiegel geschaut?“, fragte sie Abby vorsichtig.
„Nein, wie denn“, Abby wischte sich die Tränen aus dem Gesicht. „Was hat das jetzt damit zu tun?“
Charlie kramte in ihrer Tasche und holte einen kleinen Schminkspiegel heraus. „Sieh selbst, aber erschreck dich nicht“, sie drückte ihn Abby in die rechte Hand.
„Nicht zeigen“, protestierte die junge Türkin von ihrem Bett heraus, offenbar schien sie genau zuzuhören.
„Sie sollte es sehen“, rechtfertigte Charlie sich vor ihr.
Abby nahm langsam den Spiegel hoch, als sie ihr Gesicht sah, stieß sie einen leichten Schrei aus. „Oh Gott…“
Ihr linkes Auge war etwas zugeschwollen, es war ganz blutunterlaufen und die Haut drumherum verfärbte sich leicht bläulich.
„Dieses Veilchen könnte nicht von dem Treppensturz kommen, meinte der Arzt, der uns über deine Verletzungen informiert hat. Das sei eher untypisch. Ich… ich bin dann ausgerastet und habe Eva angeschrieen, ob Klaus etwas damit zu tun habe. Der Arzt hat gemeint, sie würden die Polizei einschalten, offenbar haben sie schon reagiert.“
Abby ließ erschrocken den Spiegel sinken. „Warum kann ich mich denn bloß nicht erinnern, verdammt“, fluchte sie leise, dann sah sie Charlie an. „Weiß Marc von der Vermutung des Arztes?“
„Ja, er war dabei. So ist alles ins Rollen gekommen“, sagte ihre Freundin reumütig.
„Wenn er doch mal anrufen würde“, flüsterte Abby verzweifelt.
„Soll ich nicht doch vorbeifahren?“
„Nein, lass mal. Vielleicht fühlt er sich dann bedrängt.“
Charlie blieb noch eine Weile bei ihr sitzen, dann wurde sie gebeten zu gehen.
Die Schwester half Abby, sich umzuziehen und zu waschen. Schon alleine, sich im Bett aufzurichten, war eine ungeheure Kraftanstrengung für Abby und ihre Rippen meldeten sich schmerzhaft zu Wort.
Ihr war schrecklich schwindlig, als sie endlich fertig waren.
Die ältere Dame wurde auf ein anderes Zimmer verlegt, ihr Protest gegen die vielen Besucher der jungen Türkin Canan hatte wohl Erfolg.
Ihre Bettnachbarin bot Abby an, sich ans Fenster legen zu lassen, Abby nahm es dankbar an.
Von hier aus konnte sie zumindest ein bisschen den Himmel sehen und die Bäume, die vor dem Fenster standen. Das war ein wenig Abwechslung und schöner, als an die Decke oder vor die Schränke zu starren.
Immer wieder kontrollierte Abby ihr Handy, was genau genommen ja Blödsinn war, es lag genau neben ihr und sie hätte auf jeden Fall mitgekriegt, wenn sie eine SMS oder einen Anruf bekommen hätte.
„Liebeskummer?“, fragte die Türkin sie dann.
Abby nickte nur.
„Ist nicht nett, dass er nicht kommen. Wo du so krank bist“, sagte sie mitfühlend.
„Vielleicht hat er Termine.“
„Gibt keine Termine, die wichtiger“, beharrte Canan.
24
Abby
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