Taxi 503 (German Edition)
sofort verständigen und solange bohren, bis Abby mit der Wahrheit herausrückte.
Familienangehörige hatte sie nicht, bei den Winters würde sie ja Marc direkt in die Arme laufen.
Kurz kam ihr der gleiche Gedanke wie im Krankenhaus. Warum nicht einfach alles beenden?
Die Möglichkeit war verlockend. Doch noch trieb sie etwas an, sie wusste selbst nicht genau, was das war.
Abby seufzte auf. Es fiel ihr doch noch jemand ein, aber um sie anzurufen, dazu war es schon zu spät. Abby schickte eine SMS und hoffte, dass sie sich morgen früh melden würde.
Abby machte sich mit dem Gedanken vertraut, heute Nacht einfach nur durch die Gegend zu laufen.
Sie hatte Glück im Unglück. Ihre SMS wurde prompt beantwortet und Abby konnte zu ihr gehen.
Abby fiel ein Stein vom Herzen. Sie suchte die nächste U-Bahn-Station auf und machte sich auf den Weg.
„ Hoş geldin! “, empfing Canan sie freundlich.
„Hallo“, Abby sah sie entschuldigend an. „Danke, dass ich zu dir kommen darf.“
„Kein Problem“, Canan führte sie in ein kleines Wohnzimmer. „Du kannst mein Bett haben, ich hier schlafen“, sie deutete auf das Sofa.
„Nein, das geht nicht“, protestierte Abby sofort. „Ich schlafe hier. Morgen versuche ich, alles zu klären und bin dann wieder weg.“
„Du kannst gerne länger bleiben“, Canan legte eine Hand auf Abbys. „Du siehst genauso unglücklich aus wie in Krankenhaus. Wieder wegen Freund?“
„Ich habe mich von ihm getrennt“, lächelte Abby traurig. „Aber ich möchte nicht darüber reden. Nur so viel: Ihn trifft keine Schuld. Ich habe Probleme, die ich nicht lösen kann und von denen er nichts weiß.“
„Okay“, nickte Canan ihr zu. „Ich frage nichts mehr. Du mir einfach sagen, wenn ich dir helfen kann.“
„Du hilfst mir schon genug, danke.“
Abby bezog sich das Sofa und legte sich hin, doch an Schlaf war sowieso nicht zu denken.
Sie nahm sich vor , morgen mit den Winters zu reden, ihren Job zu kündigen und um Auszahlung des restlichen Gehaltes zu bitten. Dann wollte sie die Stadt verlassen, einfach verschwinden, auch wenn sie noch nicht wusste, wohin.
Große Sprünge konnte sie nun wahrlich nicht machen, Abby beschloss zu trampen und sich dann irgendwo einen Job zu suchen, in dem sie erst mal freie Kost und Logis hatte. Möglichst im Ausland, wo sie keiner kannte. Vielleicht sollte sie ans Meer fahren. Noch war die Urlaubssaison nicht zu Ende und vielleicht konnte sie in einem Hotel aushelfen.
Hauptsache weg. Weg aus seiner Nähe. Sie wollte sich nicht ausmalen, wie er reagieren würde, wenn sie das Geld nicht mehr auftreiben konnte. Würde er dennoch mit Marc reden?
Aber wenn er erfuhr, dass sie sich von ihm getrennt hatte, brachte es ihm nichts mehr, solche Lügen zu erzählen.
Und er war nicht blöd, er konnte sich denken, dass Marc sofort eine Verbindung zwischen ihm und Abbys Verschwinden herstellen würde.
Ihre Hoffnungen, dass der Spuk jetzt aufhören würde, waren wohl berechtigt. Doch zu welchem Preis?
Abby starrte an die Decke. Ihre Augen brannten, doch Tränen kamen keine.
’Gehen alle Märchen gut aus?’, hörte sie ihre eigene Stimme.
’Dieses hier auf jeden Fall‘, hatte sie damals als Antwort bekommen.
Abby lachte bitter auf.
Marc kam gut gelaunt aus der ‚Zoobar’. Der Abend mit seinen Freunden war schön gewesen, sie alle hatten sich nach Abby erkundigt und ungläubig die Augen aufgerissen, als er ihnen erzählte, dass sie immer noch Taxi fuhr.
Doch jetzt war er auch froh, dass er sie abholen konnte. Wie immer, wenn sie nicht in seiner Nähe war, vermisste er sie.
Er bog auf den Hof der Winters ein, als er ausgestiegen war, kam Herr Winter hinaus und schaute ihn verwundert an.
„Herr Warnke. Was möchten Sie denn hier? Abby hat sich krankgemeldet und ist schon längst zuhause“, berichtete er ihm.
„Wie bitte? Davon weiß ich ja gar nichts“, Marc kramte nach seinem Handy und schaute auf das Display, doch es waren keine Nachrichten oder Anrufe eingegangen.
‚Komisch’ , dachte er nur.
„Alles klar, dann fahre ich nach Hause“, bedankte er sich bei Herrn Winter.
Als er die Türe aufschloss, war es dunkel in der Wohnung. Marcs Besorgnis wuchs. Offenbar hatte Abby sich hingelegt, es schien ihr wohl wirklich nicht gut zu gehen.
Er ging ins Schlafzimmer und erstarrte.
Das Bett war unbenutzt, nur ein Blatt Papier lag darauf.
Marcs Herzschlag überschlug sich und er schluckte heftig. Angst
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