Team Zero 1 - Heißkaltes Spiel (German Edition)
Erstaunlicherweise befand sich das Domizil des Team Zero in einem ehemaligen Kloster. Daher war sie ziemlich verblüfft, als Will ihren Geländewagen in den Innenhof zweier riesiger Gebäude gelenkt hatte, die mit einem Mittelgang verbunden waren und von einer zwei Meter hohen Mauer geschützt wurden.
In dem ersten Gebäude befanden sich die Schlaf- und Aufenthaltsräume, im zweiten die Trainingsräumlichkeiten, die Küche und der Speisesaal sowie eine große Bibliothek und ein Besprechungsraum. Mitten im weitläufigen Innenhof gab es außerdem eine kleine Kapelle und einen Teich, der von einer märchenhaften Parkanlage umgeben war. Die Grünflächen waren mit Pflanzen und Sträuchern liebevoll gestaltet und Parkbänke luden zu gemütlichen Sonnenstunden ein.
Leider hatte sie die neuen Eindrücke nur am Rande wahrnehmen können, da sie sich vor Müdigkeit nicht mehr auf den Beinen halten konnte. Will hatte ihr noch geholfen, die Koffer in ihr Zimmer zu tragen, ehe er sich verabschiedete. Dabei war er nicht gerade der Charmanteste gewesen. Außerdem war ihr aufgefallen, dass er versucht hatte, so viel Abstand wie möglich zu ihr zu halten. Vielleicht dachte er, ihr Wahnsinn sei ansteckend.
Josy setzte sich auf. Heute Morgen sah das Zimmer noch freundlicher aus als am Abend davor. Es war groß, bot viel Stauraum und die Einrichtung war gewissenhaft arrangiert. Eine zusätzliche Tür führte in ein Badezimmer. Die Möbel sahen altertümlich aus, wirkten aber mit gesetzten neumodischen Akzenten hübsch. Josy musste feststellen, sich auf Anhieb wohlzufühlen.
Nachdem sie ausgiebig geduscht hatte, zog sie einen grauen Sweater und eine schwarze Jogginghose an und machte sich auf den Weg, um den Rest des Hauses in Augenschein zu nehmen. Außerdem knurrte ihr Magen und sie hoffte, dass bei der Kühlschrankausstattung genauso viel Geschmack bewiesen worden war wie bei der Auswahl des Mobiliars.
Sie schloss die Zimmertür und stand in einem langen hellen Gang, der zu einer Treppe ins Erdgeschoss führte, von wo man durch den Verbindungsgang in das andere Gebäude gelangte. Der Verbindungstrakt war mit hohen, bunten Fenstern gesäumt, die einen atemberaubenden Ausblick in den Innenhof durch wunderschöne Farben ermöglichten. Sie würde wohl einige Zeit benötigen, um das komplette Gelände zu erkunden, doch alles, was sie bis jetzt gesehen hatte, war gut durchdacht und wunderschön. Im zweiten Gebäude erreichte sie schließlich die große Empfangshalle mit dieser monströsen Eingangstür aus zwei Holzflügeln, die sie gestern bei ihrer Ankunft bereits bestaunt hatte. Die Halle glänzte durch hohe Wände und eine imposante Treppe, die zum Speisesaal und in die Bibliothek führte.
Sie trippelte leise über den Marmor in Richtung Küche, als ihr eine gewaltige Steintafel ins Auge fiel. Die Tafel schien alt, Ecken und Kanten waren nicht mehr vollständig vorhanden. Die geschwungene Schrift darauf konnte man jedoch deutlich lesen.
Achte stets auf deine Gedanken, sie werden zu Worten
.
Achte stets auf deine Worte, sie werden zu Taten
.
Achte stets auf deine Taten, sie werden zu Gewohnheiten
.
Achte stets auf deine Gewohnheiten, sie werden zu deinem Charakter
.
Achte stets auf deinen Charakter, denn er reflektiert dein Schicksal
.
Eine Gänsehaut stahl sich über ihren Körper. Ihr war, als hätte sie ein Déjà-vu. Sie durchforstete ihre Erinnerungen. Versuchte, das Gelesene zuzuordnen. Wer diese Tafel wohl aufgehängt hatte?
Sie war zu sehr mit Grübeln beschäftigt und bemerkte daher erst spät, dass sie beobachtet wurde. Erst als sich ihre Nackenhaare aufstellten, drehte sie sich um und sah, wer für ihr Unbehagen verantwortlich war. Am Türrahmen lehnte ein Mann mit dunklen Haaren, die ihm in die Stirn fielen. Er trug ein weißes T-Shirt und eine abgewetzte Jeans, die locker auf seinen Hüften saß. Wie versteinert wirkte er, als gehöre er zum Inventar. Sein Blick brannte auf ihrer Haut. Sie wusste nicht, welcher Teufel sie ritt, als sie ihre Fühler ausstreckte, um in den Verstand dieses geheimnisvollen Fremden einzudringen. Es war eher eine reflexartige als eine gewollte Handlung, die sie sofort bereute, denn ein elektrischer Schlag, der sich in ihrem Hirn entlud, brachte sie jäh von ihrem Vorhaben ab. Es war nicht schmerzhaft, verfehlte aber seine Wirkung nicht.
Sekundenschnell und mit raubtierhafter Geschmeidigkeit kam der Mann zu ihr, packte sie am Kragen und platzierte sein Gesicht nur wenige Zentimeter vor
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