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Tee macht tot

Tee macht tot

Titel: Tee macht tot Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Monika Clayton
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Rückwärtsgang ein und fuhr in Richtung St. Benedikta. Während der Fahrt griff er noch einmal in die Innentasche seines Sakkos und atmete zufrieden aus. Der Scheck mit der Prämie von fünfzehntausend Euro fühlte sich gut an.
     
    Die Karten wurden neu gemischt, und nächstes Jahr beim nächsten Sieg über den Professor würde er ebenfalls mit einem neuen Auto daherkommen. Dass dieses Jahr aber ganz anders für ihn ausgehen sollte, konnte er zu diesem Zeitpunkt noch nicht ahnen.
    Gerade, als er St. Benedikta durch den Haupteingang betrat und sich in Richtung seines Büros begab, trat im dritten Stock eine Person auf den Flur hinaus.
     
     
     

17
     
     
    Mit sicherem Gespür füllte Esther Friedrichsen aus verschiedenen Döschen und Gläsern einige Kräuter in ein Leinenbeutelchen ab. Dank ihres ausgeklügeltem Systems wusste sie genau, wohin sie greifen musste. Danach schloss sie sorgfältig die Döschen und Gläser wieder, um die Aromen nicht unnötig lange der Luft auszusetzen. Um das Leinensäcklein mit der losen Mischung legte sie ein blaues Band, band eine Schleife und zog diese überaus akkurat zurecht. Esther schwor auf ihre Mischungen, aber diese hier war schon etwas Besonders. Diese würde bei Frau Weber sicherlich einen wahren Energieschub auslösen. Anschließend nahm sie sich ihren Morgenrock, der an der Kleiderschranktür am Haken hing, verstaute das Beutelchen in ihrer linken Manteltasche und griff abermals nach ihrem Gehstock.
     
    Es war bereits dunkel, als Esther auf den Gang hinaustrat und über den mit Linoleum ausgelegten Boden schlurfte. Nachts wurde der Gang durch Lichter, die am Rand entlang kurz oberhalb der Abschlussleiste angebracht waren, beleuchtet. Gingen diese Lampen an, hieß es für die Bewohner, die Nachtruhe einzuhalten. Kein Kichern, Schnattern oder Krückstockklopfen war mehr in den Gängen erlaubt.
    Bis zu ihrem Ziel hatte Esther Friedrichsen 12 Zimmer und einen Gemeinschaftsraum zu passieren, die sich jeweils gegenüberlagen.
    Mitten auf dem Gang blieb sie noch einmal stehen und überlegte, ob sie nicht noch eine weitere Zutat der Sicherheit halber mitnehmen sollte. Die Beratschlagung mit Ingrid und den Paulsens hatte zwar ergeben, dass dies bei Frau Weber sicherlich nicht vonnöten sein würde, aber wissen konnte man dies nicht mit Gewissheit. Da sie aber nun schon fast die Hälfte des Weges zurückgelegt hatte, entschied sich Esther, einfach weiterzugehen, außerdem war heute sowieso nicht Donnerstag.
    Esther Friedrichsen tapste weiter, während die anderen Bewohner in ihren Zimmern das taten, was wohl die meisten, die hier lebten, taten: Sie schliefen in ihren Betten, um am nächsten Morgen, noch bevor der Hahn krähte, aufstehen zu können. Ging man morgens um fünf an St. Benedikta vorbei, konnte man an den Fenstern die Senioren stehen sehen, die auf der rechten Seite des Flures lebten. Sie sahen der Sonne beim Aufgehen zu oder sie beobachteten Passanten, die morgens um fünf Uhr hier spazieren gingen. Das kam aber so gut wie nie vor. Eigentlich geschah es nie, denn meist lag um diese Uhrzeit die Straße noch verlassen und ruhig da. Etwas mehr Bewegung kam auf, wenn auf dem gegenüberliegenden Friedhof eine Beerdigung stattfinden sollte. Untereinander unterrichtete man sich auch gerne, dass ein interessanter Tag anstand. Dann wurden die Männer in ihren Grabbaggern bei ihrer Arbeit beobachtet. Dabei spielte es auch keine Rolle, ob ein Fremder oder jemand aus den eigenen Reihen seine letzte Ruhe fand. Aus den eigenen Reihen waren es, dank des Rohraschs überhaupt sehr wenige. Einige meinten gar, zu wenige. Etwas frischer Wind würde doch auch mal wieder gut tun. Aber es war nun einmal so, dass die, die sich für St. Benedikta entschieden, noch einige Jahre vor sich hatten.
    Manchmal schlossen die Leutchen untereinander sogar Wetten ab. Der oder diejenige, die als Erstes verstarb, bekam nichts aus dem Gemeinschaftstopf. Etwas makaber gewiss, aber im Alter neigte man halt zu etwas groteskeren Albereien. Schließlich hatte man in den vielen langen Jahren genug abgeflachte Witze gehört.
    An solch interessanten Tagen zogen sich die Senioren einen Stuhl an das Fenster heran, da das lange Stehen die ohnehin schon müden Beine noch mehr ermattete, und gedachten im stillen Gebet den Verstorbenen. Das Grab wurde so lange nicht mehr aus den Augen gelassen, bis es wieder unter den trauernden Blicken der Angehörigen, sofern es denn welche gab, geschlossen wurde. Das Essen ließ

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