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Tee macht tot

Tee macht tot

Titel: Tee macht tot Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Monika Clayton
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sich Frieda zwischenzeitlich in die Hose gepinkelt. Und die Woche war noch nicht einmal rum.
    Stirnrunzelnd sah Esther Friedrichsen den nun belämmert dreinblickenden Reinhold an. Es war seine Aufgabe gewesen, Frieda an der Hand zu halten und einfach nur den Flur geradeaus zu geleiten. Reinhold hatte doch, bevor sie ihr Zimmer verließen, Frieda angewiesen, voranzugehen. Das tat sie auch, nur eben in die andere Richtung. Dass ihr niemand folgte, merkte sie gar nicht. Reinhold auch nicht, denn als er sah, wie Ingrid sich mit ihrem Rollstuhl mühte, half er ihr.
    „Reinhold hat ihr nur etwas helfen wollen“, versuchte Ingrid van Brekelkam, zu vermitteln. „Ihr taten die Arme weh, da sie schon am Nachmittag sehr viel unterwegs war.“
    Ein sehr ritterlicher Zug, für wahr, aber in diesem Fall …
     
    Esther bemühte sich, sich zu entkrampfen und die Lage zu analysieren. Da ihr Gehirn aber schließlich genauso alt war wie sie, musste sie erst einmal alles sortieren. Ihre Konzentration hatte ja nicht auf Frieda gelegen, sondern darauf, bis Zimmer 20 zu gelangen, Frau Weber aufzuheitern und ihr einen Tee zu bereiten. Alles nach Plan, von dem sie nun abgewichen waren.
    In der Zwischenzeit drehte sich Reinhold langsam um die eigene Achse, als erwartete er, dass Frieda sich einen Scherz erlaubte und hinter seinem Rücken verstecken spielte.
    Als Esther ihre Gedanken sortiert hatte, ließ sie ihren Blick über jede einzelne der Türen schweifen. Frieda würde doch kaum eines der Zimmer betreten und sich in eines der Betten legen, oder doch? Wenn doch, wäre ihre Demenz aber schon sehr weit fortgeschritten.
    Gemeinsam machte sich das Trio auf den Rückweg.
    Ingrid rollte, als sie beim Aufenthaltsraum vorbeikamen, hinein, um zu sehen, ob Frieda vielleicht dort drin saß.
    Reinhold und Esther marschierten weiter in Richtung Treppenhaustür, die, wie sie feststellen mussten, sperrangelweit aufstand.
    Innerlich stöhnte Esther auf. Wie Frieda es immer wieder schaffte, einfach abzubiegen, ohne sich an etwas oder jemanden zu orientieren, blieb ihr ein Rätsel.
                  „Wegen Frieda wird sie eines Tages noch Schwielen an den Händen bekommen“, beklagte Ingrid van Brekelkam sich, als sie die anderen wieder eingeholt hatte. „Sie wird sich jetzt nun doch nach einem elektrischen Rollstuhl umsehen müssen.“
    Esther legte ihr gutmütig die Hand auf die Schulter. Sie riet Ingrid, einfach hier zu warten, während sie mit Reinhold das Treppenhaus absuchte.
    Reinhold beugte sich über die Treppenbrüstung, und als er zuerst nach oben und dann nach unten schaute, entdeckte er seine Frieda, wie sie sich schlurfenden Schrittes abwärts bewegte.
    „Wo gehst du hin, Frieda?“, rief Reinhold sorgenvoll über die Brüstung.
    „Schscht …“, rüffelte Esther ihn ungehalten an. Das fehlte ihr noch, dass sämtliche Zimmertüren geöffnet würden und die restlichen Senioren in den Flur hinauströmten. Ob Elfriede Weber begeistert wäre, wenn der gesammelte dritte Stock in ihrem Zimmer zum Teetrinken auftauchte?
    Reinhold nickte verstehend. „Wo gehst du hin?“, rief er, diesmal etwas leiser.
    Frieda blieb stehen. Hatte sie nicht gerade ihren Namen gehört? Sie mochte sich zwar gerne verlaufen, aber auf ihr Gehör, war sie außerordentlich stolz. Das funktionierte auch mit 83 Jahren noch gut. Reinholds Stimme würde sie selbst auf einem Rummelplatz heraushören. Hatte er doch eine sehr ungewöhnliche Stimme. Trotz seines hohen Alters klang seine Stimme nämlich immer noch, als wäre er vor ziemlich genau 60 Jahren im Stimmbruch stecken geblieben.
    „Frieda, hier!“, hörte sie ihn abermals rufen. Erwartungsvoll drehte auch sie sich erst einmal um die eigene Achse und stellte zu ihrem Erstaunen fest, dass von Reinhold, Esther und Ingrid nichts zu sehen war.
    „Hier oben!“, raunte Reinhold ihr zu.
    Als Frieda endlich nach oben blickte, stand da ihr stattlicher Gatte und winkte ihr zu.
    „Selbst beim Hinterherlaufen verirrt sie sich schon“, schüttelte Esther ihr dickliches Gesicht. „Arme Frieda! Es wird immer schlimmer.“ 
    Gemeinsam warteten sie im Treppenhaus, bis Frieda wieder aufgeschlossen hatte und machten sich auf den Weg zurück, doch diesmal in umgekehrter Reihenfolge. Reinhold vorne mit Frieda an der Hand, gefolgt von Ingrid im Rollstuhl. Esther bildete das Schlusslicht.
     
    Leise drückten sie die Türklinke herunter und betraten gesammelt Elfriedes Zimmer.
    Teilnahmslos lag sie in ihrem Bett und

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