Temptation: Weil du mich verführst
hat es nicht«, bestätigte er scharf. »Wie kommst du auf diese Idee?«
Sie senkte den Kopf und starrte auf die Bettdecke. Er sollte die Tränen nicht sehen, die ihr in den Augen brannten. Am liebsten hätte sie ihn angeschrien … aus Wut … und aus Kränkung. »Ja. Wie komme ich bloß auf diese Idee?«, stieß sie bitter hervor. »Die dumme, naive Francesca. Wie konnte ich nur vergessen, dass das zwischen uns etwas rein Sexuelles ist? Ein praktisches Arrangement für dich. Oh, und für deinen Schwanz natürlich. Diesen wesentlichen Faktor wollen wir doch nicht vergessen.«
»Du benimmst dich albern. Ich habe einen Anruf bekommen und muss weg. Mehr gibt es dazu nicht zu sagen.«
»Wieso?«, fragte sie. »Was ist das für ein Notfall? Erzähl mir davon.«
Er starrte sie verblüfft an. Offenbar hatte er nicht mit ihrer unverblümten Frage gerechnet. Sie bemerkte, dass seine Lippen bleich vor Wut geworden waren. »Weil ich es tun muss . Es gibt bestimmte Situationen, die sich nicht umgehen lassen, und diese hier ist eine davon. Das ist der einzige Grund. Einen anderen gibt es nicht. Und das sollte dir als Erklärung genügen. Außerdem habe ich keine Lust, dir irgendetwas zu erzählen, solange du dich so benimmst«, fügte er halblaut hinzu und wandte sich zum Gehen. Wut loderte in ihr auf. Schon wieder schob er sie einfach weg – nachdem sie sich ihm anvertraut, ihr Innerstes nach außen gekehrt hatte … ebenso wie er. Zumindest hatte sie das geglaubt.
»Wenn du jetzt gehst, werde ich nicht auf dich warten. Das war es dann für mich.«
Er fuhr herum. Seine Nasenflügel bebten. »Du willst mich erpressen, Francesca? Du wirfst mir den Fehdehandschuh hin? Bist du wirklich so nachtragend?«
»Wie kannst ausgerechnet du mich so etwas fragen? Du bist doch derjenige, der wegläuft. Nach allem, was gerade zwischen uns passiert«, schrie sie, setzte sich auf und zog sich das Laken über die Brüste.
»Das Einzige, was im Moment zwischen uns passiert, ist, dass du dich wie eine verwöhnte Göre aufführst. Es gibt einen Notfall, um den ich mich kümmern muss.«
»Dann sag mir doch, was das für ein Notfall sein soll. Zumindest das sollte doch möglich sein, Ian. Oder glaubst du, es steht mir wegen der Regeln dieser gottverdammten Beziehung und wegen meines vermeintlich unterwürfigen Naturells nicht zu, dir diese Frage zu stellen?« Mittlerweile schäumte sie vor Wut.
Er nahm sein Jackett von der Sessellehne. Erst jetzt bemerkte sie den gepackten Koffer, der neben seiner Aktentasche stand. Er würde tatsächlich gehen. Der Anblick war ein erneuter Schock. Er zog sein Jackett an und warf ihr einen eisigen Blick zu.
»Wie gesagt, ich habe keine Lust, irgendetwas zu erklären, solange du dich so benimmst.« Er hob seine Sachen auf. »Ich rufe dich heute Abend an. Vielleicht hast du dich bis dahin ja ein wenig beruhigt.«
»Die Mühe kannst du dir sparen. Ich werde mich auch heute Abend nicht beruhigt haben, das kann ich dir jetzt schon garantieren«, gab sie so würdevoll und eisig zurück, wie sie nur konnte.
Sämtliche Farbe wich aus seinem Gesicht. Bei seinem Anblick überfiel sie das drängende Bedürfnis, ihre Worte rückgängig zu machen, doch ihr Starrsinn und ihr Stolz verboten es ihr. Mit fest zusammengepressten Lippen nickte er, wandte sich ab und verließ endgültig den Raum. Das Klicken des Türschlosses hallte mit schrecklicher Endgültigkeit in ihren Ohren wider.
Francesca schloss die Augen, als sich der Kummer wie ein Zentnergewicht auf ihre Brust legte.
Drei Tage später saß sie auf der Zulassungsstelle in Deerfield, Illinois und ging ein weiteres Mal auf Ians Tablet die Verkehrsregeln für den Motorradführerschein durch. Ja, sie hielt an ihrem Entschluss fest, Ian nie wiederzusehen, und, nein, er hatte ihre Worte an jenem sonnigen Freitagmorgen eindeutig ernst genommen, denn er hatte seitdem keinen Versuch unternommen, sie anzurufen oder sonst mit ihr in Kontakt zu treten. Sie redete sich zwar seitdem ständig ein, dass sie froh darüber war, doch aus irgendeinem Grund gelang es ihr nicht so recht, es auch zu glauben.
Was war das für ein Ausdruck auf seinem Gesicht gewesen, als sie ihm gesagt hatte, er solle sie nicht anrufen? Wie konnte er derjenige gewesen sein, der sowohl bei ihrer Auseinandersetzung am Freitag als auch an jenem Tag, als er herausgefunden hatte, dass sie noch Jungfrau war, völlig mit der Situation überfordert zu sein schien, und nicht sie? Es war, als drücke eine
Weitere Kostenlose Bücher