Temptation: Weil du mich verführst
das angetan. Er war schuld daran, dass sie so geworden ist, so verängstigt und krank. Ich wusste es einfach, keine Ahnung, woher.«
»Aber sie war damals doch schon krank, oder nicht … Schizophrenie …«
»Das stimmt, aber sobald jemand seinen Namen erwähnt hat, kam ein neuer, besonders schlimmer Schub.«
Sie ertrug den Ausdruck auf seinem Gesicht keine Sekunde länger. Er ging ihr durch Mark und Bein. Sie schlang die Arme um ihn. »O Ian, es tut mir so unendlich leid.«
Er gab ein Grunzen von sich, dann lachte er leise und begann erneut, ihr übers Haar zu streichen. »Und du glaubst, wenn du mich wie ein Python umschlingst, wird es besser, Liebste?«
»Nein«, murmelte sie an seiner nackten Brust. »Aber schaden kann es auch nicht.«
Er legte die Arme um sie, drehte sie auf den Rücken und rollte sich auf sie. »Das stimmt«, sagte er, beugte sich herab und küsste sie auf seine einzigartige Weise, die sie alles um sich herum vergessen ließ – selbst sein Leid.
An diese Nacht würde sie sich für den Rest ihres Lebens erinnern. Es war unglaublich gewesen mitzuerleben, wie er sich öffnete … wenn auch nur ein winziges bisschen. In der Vergangenheit hatte er stets gesagt, ihre Beziehung sei rein sexueller Natur, und es bestand kein Zweifel daran, dass ihre gegenseitige Anziehungskraft gewaltig war.
Aber in dieser Nacht war es um mehr gegangen als nur um Sex. Zumindest hatte sie das geglaubt …
Sie erwachte, als strahlend helles Sonnenlicht durch die prachtvollen Vorhänge drang. Verschlafen blinzelte sie und stellte fest, dass sie allein in dem luxuriösen, zerwühlten Bett lag, in dem sie vergangene Nacht so viele erotische Stunden mit Ian zugebracht hatte.
»Ian?«, rief sie mit belegter Stimme.
Er trat in einer maßgeschneiderten blauen Anzughose, die tief auf seinen schmalen Hüften saß, einem frisch gestärkten, weißen Hemd und einer schwarzen Seidenkrawatte mit hellblauen Streifen aus dem Badezimmer. Hatte sie ihn letzte Nacht tatsächlich splitternackt im Spiegel gesehen? Seine festen, sich unter der Anspannung wölbenden Muskeln, als er sie nach allen Regeln der Kunst gevögelt hatte?
Und war es nur ein Traum gewesen, dass er sie die ganze Nacht in den Armen gehalten und sie geliebt hatte?
»Guten Morgen«, sagte er, trat auf das Bett zu und schloss mit routinierten Bewegungen seinen Manschettenknopf.
»Guten Morgen«, erwiderte sie schlaftrunken und räkelte sich genüsslich im warmen Sonnenschein.
»Ich fürchte, ich muss für eine Weile verreisen. Ich kann nicht genau sagen, wann ich zurück bin.«
Ihr Lächeln verflog, während seine Worte in ihrem Kopf widerhallten.
»Ich habe mit Jacob gesprochen. Er gibt dir morgen eine Fahrstunde auf dem Motorrad. Ich will, dass du das auch gleich lernst, wenn du den Autoführerschein machst. Lin schickt dir alle erforderlichen Unterlagen zu. Ich lasse dir mein Tablet hier, damit du alles in Ruhe durcharbeiten kannst.« Er deutete auf das Sofa in der Ecke seines Schlafzimmers. Sie lauschte ihm fassungslos.
»Wie bitte? Ich bin immer noch bei dem Punkt, dass du für eine Weile verreisen musst und nicht weißt, wann du zurückkommst.« Sie setzte sich auf und stützte sich auf dem Ellbogen ab.
»Ich habe heute Morgen einen Anruf bekommen«, sagte er. Vermied er es, ihr in die Augen zu sehen? »Es ist ein Notfall, um den ich mich sofort kümmern muss.«
»Ian, nicht.«
Die Finger noch immer um den zweiten Manschettenknopf gelegt, hielt er inne und sah sie an.
»Nicht was?«, fragte er.
»Geh nicht«, platzte sie heraus.
Einen schrecklichen Moment lang herrschte vollkommene Stille im Raum.
»Mir ist klar, dass du dich nach dem, was letzte Nacht passiert ist, verletzlich fühlst, aber bitte lauf nicht weg«, flehte sie, leicht schockiert über ihren eigenen Mut. Hatte sie die ganze Zeit insgeheim gefürchtet, dass genau das passieren würde, nachdem sie die ganze Nacht geredet und sich geliebt hatten, einander so nahe gekommen waren? Hatte sie die ganze Zeit Angst gehabt, er könnte sie im Nachhall dieser ungewohnten Intimität fortstoßen?
»Ich weiß nicht genau, wovon du redest«, sagte er schließlich und ließ die Hände sinken. »Ich muss weg, Francesca, es geht nicht anders. Du verstehst doch, dass es Augenblicke gibt, in denen meine Arbeit vorgeht.«
»Oh, ich verstehe«, entgegnete sie und spürte, wie Wut in ihr aufstieg. »Dass du jetzt weg musst, hat rein gar nichts damit zu tun, was gestern Abend passiert ist.«
»Nein,
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