Tentakel-Trilogie 2: Tentakeltraum
nach drei Monaten zum Offiziersdienst in die Flotte entlassen. Und so war eine Welle von Beförderungen auf überraschte Unteroffiziere niedergeprasselt. Das gesamte Gefüge der Flotte war in Bewegung, und es gab erwartungsgemäß damit verbunden mehr als genug Probleme.
Doch, das musste auch Suchowka eingestehen, Sikorsky machte seine Sache gut. Abgesehen davon, dass der Alte ein machtgieriger, rücksichtsloser Despot war, hatte er auch ein paar echte Qualitäten aufzuweisen, und sein Organisationstalent gehörte zweifelsohne dazu.
Die Stimmungslage in der Sphäre hingegen war erwartungsgemäß katastrophal. Die Gerüchteküche kochte und die Medien übten einen immer stärkeren Druck auf die Führung aus, »endlich etwas zu tun«. Da kam allen die kurz vor Beginn stehende Erkundungsmission sehr gelegen, konnte sie doch als gutes Beispiel dafür gelten, dass »etwas getan« wurde.
Zum Schluss kam Martens auf den interessantesten Aspekt seines Vortrages zu sprechen: Den Planungen für die erste Gegenoffensive.
»Nach dem aktuellen Stand der Dinge und in Auswertung der Daten, die wir von den eroberten Systemen gewonnen haben, stellt sich uns die Situation wie folgt dar: Die Raumfahrzeuge der Aliens verfügen über einen uns unbekannten FTL-Antrieb, der offenbar ermöglicht, die Distanzen zwischen den Sternen ohne den technologischen Aufwand zu überbrücken, den wir bei unseren Brückenexplorern betreiben müssen. Die Flotten, die die Systeme angegriffen haben, waren alle ungefähr gleich groß, und nicht alle Schiffe waren Kampfeinheiten. Wir konnten einige spärliche Daten über sehr große Transportraumer sammeln, die sich während aller Kämpfe betont im Hintergrund hielten. Ich denke, dass, sollte es nicht zu größeren Flottenverschiebungen innerhalb des Feindgebietes gekommen sein, wir in jedem System mit 700 bis 800 kampffähigen Einheiten rechnen müssen. Die Analyse von Bewaffnung und Schutzfeldtechnologie lassen ahnen, dass der Gegner unserem Stand der Entwicklung in mehreren Bereichen leicht überlegen ist: Ihre Panzerungen sind weitaus effektiver als die unseren. Wir gehen derzeit von energetisch aufgeladener Materie aus, eine Art Mischung aus Schutzfeld und Legierung, aber genaues wissen wir da leider nicht. So lange unsere Raumfahrzeuge Schutzfelder tragen, sind wir ihnen in diesem Bereich fast ebenbürtig, sind diese erst zusammengebrochen, sind unsere Schiffe weit unterlegen. Die Nahdistanzwaffen – alles auf energetischer Basis – des Gegners sind ebenfalls deutlich besser als unsere: Mehr Durchschlag, mehr Energieumsatz, eine massivere zerstörerische Wirkung, eine etwas größere Wirkungsreichweite. Das ist eine fatale Kombination, denn dadurch gelingt es dem Feind relativ schnell, die Schutzfelder zu überlasten und kurzen Prozess zu machen. Der einzige Bereich, an dem wir ebenbürtig, wenn nicht sogar etwas besser ausgerüstet sind, ist der von Fernwaffen. Der Stab arbeitet bereits eine Doktrin aus, die auf der Basis unseres jetzigen technologischen Standes taktische Maßnahmen enthält, die diesen Vorteil möglichst optimieren. Darüber hinaus sind aber gleichzeitig bei Flottenneubauten und, soweit möglich, beim Upgrade älterer Schiffe vor allem die erkannten Defizite zu beachten. Unser größtes Problem ist aber schlicht die Masse der angreifenden Flotten. Nach unserer vorsichtigen Schätzung operieren bis zu 20.000 gegnerische Einheiten auf dem Gebiet der Sphäre. Wir stehen dem recht hilflos gegenüber. Wir müssen daher konzentriert angreifen, bestehende Systemkontrolle ausweiten und zurückerobertes Gebiet effektiver halten. Die wissenschaftliche Abteilung hat dazu eine Reihe von Vorschlägen erarbeitet: Automatische Wachstationen, Raketenwerferbatterien auf allen Asteroiden und Monden, den verstärkten Einsatz von KI in automatischen Kleinkampfschiffen, die schnell und in großer Zahl produziert werden können – die Liste ist noch länger und der Ausbau der Verteidigung in den Kernsystemen hat bereits begonnen.«
»Wann rechnen wir mit einem weiteren Angriff der Gegner?«, fragte jemand. Obgleich Sikorsky den Störer böse ansah, nickte er Martens dennoch zu, damit dieser antwortete.
»Zur Zeit scheint es eine kleine Pause in der Expansion des Feindes zu geben«, sagte dieser nun. »Wir kennen die Ursache nicht. Vielleicht möchte auch der Invasor seine Position erst festigen. Sollte dem so sein, müssen wir in der Tat so schnell wie möglich zurückschlagen, um diese
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