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Teranesia

Titel: Teranesia Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Greg Egan
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Amitas überschwemmt. Prosodische Emanzipation. Äbtissinnenlogik. Faustische Analyse. Dryadentheorie. Prabir hatte sich niemals die Mühe gemacht, ihre Entwicklung zu verfolgen oder ihren Jargon zu lernen. Er hatte sich von diesem Schwachsinn befreit, er konnte ihn nicht mehr behelligen.
    Er starrte benommen auf den Bildschirm. Irgendwo in diesem Gewimmel musste es wahre Hilfe und wahres Wissen geben. Aber er würde sterben, bevor er es herausgefunden hatte.
    Genau das hatte er doch beabsichtigt! Warum sollte er also dagegen ankämpfen? Er spürte, wie sich eine tröstende Müdigkeit in seinem Körper ausbreitete, eine angenehm betäubende Abwesenheit, die durch die Wunde in ihn eindrang. Er hatte eine größere Sauerei veranstaltet, als er beabsichtigt hatte, aber irgendwie kam es ihm nicht so trostlos und karg vor, wenn er auf diese Weise starb – durch absurde Inkompetenz –, als wäre es ohne jegliche Probleme im Bad geschehen.
    Nein, aber es war fast zu spät, noch etwas anderes zu tun.
    Er kam wankend auf die Beine und brüllte: »Ruf einen Krankenwagen!«
    *
    »Es ist nicht gesagt, dass du sie findest«, warnte Felix ihn. »Hast du daran gedacht?«
    Prabir blickte nervös zum großen Bildschirm mit den Abflugzeiten auf; in fünf Minuten musste er sein Flugzeug nach Sydney besteigen. Madhusree hatte ihre Spuren gut verwischt, und an der Universität war niemand bereit gewesen, ihm die genaue Reiseroute der Expedition zu verraten. Ihm blieb nichts anderes übrig, als nach Ambon zu fliegen und sich dann durchzufragen.
    »Ich will nur meine eigene Neugier befriedigen«, sagte er. »Es war das Forschungsprojekt meiner Eltern. Ich möchte wissen, zu welchen Ergebnissen sie gekommen wären. Wenn ich dabei meiner Schwester über den Weg laufe, ist das ein glücklicher Zufall, mehr nicht.«
    »Richtig«, entgegnete Felix trocken, »weiche niemals von der Lügengeschichte ab, selbst wenn du gefoltert wirst.«
    Prabir drehte sich zu ihm um. »Weißt du, was ich am meisten an dir hasse, Menendez?«
    »Nein.«
    »Alles, was dich nicht umbringt, macht dich stärker. Während alles, was mich nicht umbringt, mich nur ein kleines Stück weiter runterzieht.«
    Felix verzog mitfühlend das Gesicht. »Ärgerlich, nicht wahr? Ich werde versuchen, ein paar neue Neurosen zu kultivieren, während du fort bist, um die Dinge ein wenig auszugleichen.« Zwischen den Sitzen nahm er Prabirs Hand und strich über die nahezu verschwundene Narbe. »Aber wenn wir uns begegnet wären, als ich ziemlich weit unten war, hätten wir beide es vermutlich nicht überlebt.«
    »Ja.« Prabirs Brustkorb zog sich zusammen. »Es wird nicht immer so sein«, sagte er. »Ich werde dich nicht ständig runterziehen.«
    Prabirs Flug wurde aufgerufen. »Ich bringe dir ein Souvenir mit«, sagte er. »Möchtest du etwas Bestimmtes?«
    Felix dachte kurz nach, dann schüttelte er den Kopf. »Das überlasse ich dir. Ich wäre bereits mit einer brandneuen Gattung zufrieden.«



7
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    Nach dem Abflug von Toronto machten sie Zwischenlandungen in Los Angeles und Honolulu. In Sydney stieg Prabir in die Maschine nach Darwin um, ohne den Flughafen zu verlassen. Dass er diese Route gewählt hatte und nicht über Tokio und Manila geflogen war, lag hauptsächlich an den Zeitplänen und Ticketpreisen, aber als die rote Erde von grünen Wiesen und spiegelnden Wasserflächen abgelöst wurde, müsste er einfach daran denken, dass er nicht weit davon entfernt war, seine Schritte von damals zurückzuverfolgen. Das Schiff mit den Flüchtlingen aus Yamdena hatte in Darwin angelegt, dann waren Madhusree und er von Exmouth nach dort zurückgeflogen worden, bevor sie schließlich über Sydney das Land verlassen hatten. Je mehr er darüber nachdachte, desto inniger wünschte er sich, er hätte versucht, diesen Landmarken auszuweichen. Er verspürte keinerlei Bedürfnis, sich systematisch durch seine Vergangenheit zu arbeiten, als wollte er sich einer gezielten Regression unterziehen. Er hätte von Toronto aus eine völlig andere Route nehmen sollen, um sich bei der Ankunft in Ambon wie ein völlig Fremder zu fühlen.
    Als er in Darwin das Terminal verließ, war die tropische Hitze und Luftfeuchtigkeit wie ein Schlag ins Gesicht. Es war kaum eine halbe Stunde später – Ortszeit – als bei seinem Abflug von Toronto; trotz der drei Zwischenstopps hatte er nahezu mit der Erdrotation Schritt gehalten. Der Himmel war voller bedrohlicher Wolken, die das grelle Licht der Nachmittagssonne

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