Terra Madre
Projekten, seinen zahlreichen Verbindungen zur Welt der Lebensmittel zu Terra Madre, es kann unterstützend wirken, dem Netzwerk Mittel zur Verfügung stellen, mit ihm Wissen austauschen – kann also seinen Beitrag leisten, damit die Knoten des Netzwerks halten. Aber keiner führt hier das Kommando. Im Netzwerk – oder in den Netzwerken – von Terra Madre herrscht eine »strenge Anarchie«, die auf dem Vertrauen in die anderen, in die Vielfalt und die Natur beruht.
Diese strenge Anarchie lässt uns hoffen. Sie gibt uns Mut und nimmt uns die Angst vor der Zukunft. Vielfalt bedeutet Kreativität und Evolution. Sie löst die Probleme, die sich uns in den Weg stellen. Wenn die Natur, die Erde, respektiert wird, ist sie eine wohlwollende, reiche und großzügige Mutter. Die Menschen der Gemeinschaften können uns helfen, wenn sie würdig, stolz und glücklich leben können und für ihre Arbeit gerecht bezahlt werden.
Keiner befiehlt bei Terra Madre, dennoch ist die Bewegung ein politisches Subjekt. Die Gemeinschaften kennen ihre Aufgaben und führen sie fort – im Zeichen der strengen Anarchie. Jeder lineare Ansatz muss im Interesse größtmöglicher Komplexität aufgegeben werden. Wir sollten zuhören, nicht selbst Anweisungen geben. Die Gemeinschaften kann man nicht für andere Zwecke instrumentalisieren: Zum Glück lassen sich diese Menschen nicht kontrollieren.
Die Lebensmittelbündnisse sind auch kein »schlafendes Heer«, das alle zwei Jahre zum Rapport bestellt wird, um sich der Öffentlichkeit zu präsentieren. Dieser Gedanke ist zu simpel. Ihr ererbtes Wissen, ihre Schönheit und Kultur sind ein Wunder an der Grenze zum Unbegreiflichen. Es kann nicht erklärt, nur wahrgenommen werden. Deshalb muss man ihm eine Stimme verleihen und den Gemeinschaften ermöglichen, ihren eigenen Weg zu gehen. Denn sie verkörpern das Gegenteil von Gleichschaltung und Konsummentalität. Der Lebensstil, den die Slow-Food-Bewegung mit dem Begriff fast life definiert, ist weder für uns noch für sie erstrebenswert. Wir stellen uns ihm seit der Entstehung der Bewegung gemeinsam entgegen. Die Gemeinschaften beweisen, dass es noch eine andere Menschheit gibt. Es gibt noch Hoffnung.
Die Gemeinschaften gehen respektvoll und gewinnbringend mit der Natur um. Sie bewahren jenes Wissen, auf das weder die fortschrittlichste Forschung noch die skrupelloseste Finanzwelt oder die einflussreichste Industrie verzichten können. Mit einfachem savoir-faire sind sie in der Lage, gute Lebensmittel, Werkzeuge und Energie zu erzeugen – und damit auch Glück, echte menschliche Beziehungen und ein erfülltes, befriedigendes Dasein.
Das wahre Geheimnis von Terra Madre, jener Aspekt, der unser Vertrauen in diese Bewegung und in die Zukunft am meisten stärkt, ist die Vielfalt. Diese Vielfalt ist komplex bis zur Unbegreiflichkeit und verhindert damit, dass jene ökonomischen Theorien die Oberhand gewinnen, die wohl noch immer dominieren, uns aber weniger und weniger eine Perspektive zu geben vermögen. Die Vielfalt erscheint uns vielleicht ungeordnet, nicht organisierbar, unkalkulierbar. Doch wir müssen Vertrauen haben, sie in Ruhe wachsen lassen, ihr zuhören. Sie muss bei den neuen Generationen Wurzeln schlagen und gleichzeitig den Respekt für die vergangenen bewahren.
Terra Madre ist ein Loblied auf die Intelligenz und die menschliche Kreativität, auf all das, was wir erreichen können, damit jeder Mensch das Recht erhält, sich ausreichend und den eigenen Vorlieben entsprechend zu ernähren. Terra Madre gibt uns Hoffnung, dass der Zerstörung der Erde Einhalt geboten werden kann. Wir haben uns zusammen mit den Menschen von Terra Madre einer ganzheitlichen Sicht verschrieben, in der jedes Wissen den gleichen Wert, die gleiche Würde besitzt. Wir respektieren die Zusammenhänge, verborgene wie offenkundige. Komplexität ist kein Hindernis, sondern eine Chance.
Der Gedanke, dass diese Gesichter, diese Musik, diese Hände weiterwirken, auf ihrem Land, in ihren Gemeinschaften, Tag für Tag, auch während ich schreibe, während Sie lesen, ist die größte Hoffnung für unsere Zukunft. Diese Menschen sind unsere Garantie, während die strenge Anarchie des Netzwerks ihnen garantiert, unabhängig und frei zu sein in ihrer Vielgestaltigkeit. Das muss uns keineswegs beunruhigen, denn sie alle gehen voll und ganz in der Aufgabe auf, Lebensmittelbündnisse zu sein.
[ 1 ] Die Presidi Slow Food sind einzelne Projekte zur Rettung der Biodiversität und
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