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Terra Madre

Terra Madre

Titel: Terra Madre Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carlo Petrini
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Bewusstsein Landwirtschaft treiben. [2] Sie wissen, dass ihre Entscheidung für ein bestimmtes Lebensmittel Auswirkungen auf die Nachhaltigkeit der Produktionsprozesse im Allgemeinen hat. Sie weigern sich, nur rein passive Subjekte zu sein, die ihre Nahrung gedankenlos – wenn nicht gar in völliger Unwissenheit – kaufen. Jedes Lebensmittel ist für sie das Ergebnis eines Netzwerks, an dem sie aktiv teilhaben können. Sie sehen die abschließende Handlung – das Essen – als letzten Schritt eines Produktionsprozesses, der zyklisch verläuft, weil er in ein größeres System eingebunden ist, nämlich die Natur. Die Idee des Konsums ist hingegen reduktiv. Wer konsumiert, handelt, und gleichzeitig beeinflusst diese Handlung den Konsumenten selbst. Sie bleibt aber gegenüber dem Lebensmittelsystem passiv und schadet dem Planeten, weil sie ihn im Endeffekt »verbraucht«.
    Koproduzent zu sein – also mitzuproduzieren – bedeutet im Gegensatz dazu, Teil der Lebensmittelbündnisse zu sein, zu jenen zu gehören, die Ackerbau betreiben, Vieh züchten, Lebensmittel weiterverarbeiten und verteilen. Es heißt, gemeinsam verantwortungsvoll zu handeln und auf ein harmonisches, ausgewogenes Lebensmittelsystem hinzuarbeiten, mit dem die Erde gedeihen und sich regenerieren kann.
    Lebensmittelbündnisse sind stark gegliederte Einheiten, oft mit überaus komplexen Untersystemen, selbst wenn sie geografisch eng begrenzt sind. Mit dem Gebiet, das ihre Mitglieder bewohnen, sind sie tief verwurzelt. Einem Lebensmittelbündnis können die unterschiedlichsten Personen angehören, alle verbindet jedoch die Idee nachhaltig, gut und fair erzeugter Lebensmittel. Ihre Identität gründet auf den Werten früherer Generationen, gleichzeitig haben sie die Zukunft klar vor Augen.
    Die Zeit ist reif für gemeinsame Verantwortung, gemeinsame Wertvorstellungen, die uns alle dazu bringen, wie Lebensmittelerzeuger zu denken. Wenn wir uns der Sache einer guten, nachhaltigen und fairen Produktion verschreiben, verändert sich die Rolle der Konsumenten, verschwindet der Unterschied zwischen Stadt- und Landbewohnern. Wir sollten uns alle ein wenig als Bauern fühlen, auch wenn wir keine sind.
    Die Bündnisse in der Welt
    Es genügt nicht, von den Lebensmittelbündnissen nur in der Theorie zu sprechen, wichtig sind konkrete Beispiele. Aus der Online-Datenbank (zu finden unter www.terramadre.org) der rund 2.000 Lebensmittelbündnisse aus 153 Ländern, die auf den drei bisher stattgefundenen Terra-Madre-Treffen aufgetreten sind, möchte ich ein paar zufällig ausgewählte Geschichten anführen. Sie zeigen auf sehr interessante Weise, wie verschieden diese Bündnisse und das, was sie leisten, sind. Und sie bestätigen, dass diese Gemeinschaften wirklich existieren und tagtäglich auf dieser Erde tätig sind.
    Im Gewerbegebiet von Cotonou, der Hauptstadt des Departements Littoral in Benin, hat sich beispielsweise 1992 ein Lebensmittelbündnis um ein familiengeführtes Handelsunternehmen gebildet, das über ein Netzwerk von Zulieferern aus über 10.000 Bauern, Veredelungsbetrieben, Köchen und Schulbauernhöfen ökologische und traditionelle Lebensmittel liefert. Zu den wöchentlich von mindestens 500 Kunden gekauften Produkten gehören Honig, Erdnuss- und Palmöl, karité -Butter, Cashewnuss- und Ananassirup, Schilfrattenfleisch, néré -Soße (aus den Früchten des gleichnamigen Baums), Sojakekse, getrocknete Früchte des Affenbrotbaums und der Moschusmalve, Mehl aus Yamswurzel, Maniok, weißem Mais, Hirse und Soja und vieles mehr. Zahlreiche Produkte kommen mit Herkunftsangabe in den Handel, was simpel klingt, aber sehr viel über das Konzept insgesamt und über den Respekt für diese Nahrungsmittel aussagt. Ein Beispiel ist das aromatisierte Palmöl zomi , eine Spezialität der Adja-Frauen aus der Region Mono, das zum Abschmecken des niebé oder der gekochten Yamswurzel- und Maniok-Knollen verwendet wird.
    Bleiben wir noch in Afrika: Die nördlichen Territorien Kameruns bilden einen Korridor zwischen Nigeria und dem Tschad unmittelbar südlich des Tschad-Sees. Im nördlichen Teil dieses Gebiets ist ein Lebensmittelbündnis ansässig, das hauptsächlich von Viehzucht und ein bisschen Ackerbau lebt. Es ist berühmt für seine freilaufenden Schweine, die mit durch und durch handwerklichen Methoden aufgezogen werden. Nach der Schlachtung und der Kontrolle durch den Tierarzt wird das Fleisch zerlegt, gewaschen und auf verschiedene Weise für die Lagerung oder

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