Terra Madre
die armen Länder immer stärker auf Lebensmitteleinfuhren angewiesen sind.
Der Senegal führt zum Beispiel 95 Prozent des im Land konsumierten Reises aus Thailand ein, während die traditionelle Reisproduktion im Norden des Landes keinen Absatz findet. Darüber hinaus hat der Reis die autochthonen Getreidearten – besonders die Foniohirse – und damit die traditionelle Kost der Senegalesen praktisch ersetzt. Der Anbau einheimischer Sorten und Arten geht wegen dieser Entwicklung immer mehr zurück.
Selbst im schlechtesten Fall ermöglichte die lokale Produktion den Menschen immer noch ein Minimum an Selbstversorgung und den Erhalt der eigenen Ernährungssouveränität. Die Erde besitzt ausreichend Ressourcen, um jede Krise zu überwinden und die Probleme, die sich vor uns auftun, zu lösen.
Verteilung
In einer lokalen Wirtschaft kann man leicht auf die meisten Zwischenhändler verzichten. In den Städten lässt sich problemlos eine Landwirtschaft der kurzen Wege aufbauen, auf dem Land bieten sich Formen des Direktverkaufs an.
Beispielhaft dafür sind die Bauernmärkte und die Käufergruppen in all ihren Spielarten: von den Städtern, die direkt beim Erzeuger einkaufen, bis zu den Kunden, die im Internet bestellen und die Waren vom Produzenten zu einem Sammelpunkt oder nach Hause geliefert bekommen.
Man muss den Vereinigten Staaten, die als Erfinder des Fastfood gelten, zugute halten, dass sie auch die farmers’ markets erfunden und die Community Supported Agriculture weiterentwickelt haben – wobei sie eigentlich nur etwas wieder eingeführt haben, was früher in Europa ganz normal und weit verbreitet war, bevor die reinen Händler die Bauern und Erzeuger von den Märkten verdrängten. Als Reaktion auf eine industrielle Landwirtschaft, die Massenware von minderwertiger Qualität anbietet, hat man in den Vereinigten Staaten die Vorzüge frischer saisonaler Produkte wieder entdeckt, die Bauern fanden bessere Verdienstmöglichkeiten und mehr Befriedigung, und neue, bessere Stadt-Land-Beziehungen entstanden auch dort, wo sie bereits verschwunden waren. Allein die USA zählen heute mehr als 4.600 famers’ markets, auf denen auch die Bewohner der größten Metropolen so frische und saisonale Produkte erwerben können, als würden sie auf dem Lande leben.
Inspiriert von Terra Madre, gründete Slow Food das internationale Projekt »Mercati della Terra« (Märkte der Erde), um neue Käufergruppen zu erschließen – sowohl eigenständig auftretende als auch solche, die mit bereits bestehenden einschlägigen Vereinigungen zusammenarbeiten. Bisher sind Bauernmärkte in Tel Aviv in Israel, in Bukarest in Rumänien sowie in Beirut, Saida und Tripoli im Libanon entstanden. In Italien war der Mercatale von Montevarchi das Pilotprojekt, ihm folgten Bologna, San Daniele del Friuli und San Miniato. In ganz Italien und überall auf der Welt nehmen solche Initiativen zu, nicht zu vergessen jene Orte, an denen die Erzeuger der Lebensmittelbündnisse auf bereits bestehenden Märkten verkaufen.
Als weiteres Beispiel sei hier der Libanon erwähnt, wo die Bauernmärkte drei unterschiedliche Wirklichkeiten abbilden. Im Norden ist der Wochenmarkt von Tripoli, der zweitwichtigsten Stadt des Landes, der Bezugspunkt. Im Süden, jenem Gebiet, das im Konflikt mit Israel die schwersten Schäden davongetragen hat, wurde der Markt in Saida, einem einstigen phönizischen Handelszentrum, eingerichtet. Als Sitz für den dritten Markt bot sich natürlich die Hauptstadt Beirut an.
Am 6. April 2008 wurde der Markt in Saida eingeweiht, der jeden Sonntag im Khan El-Franj, einem grandiosen historischen Baudenkmal an der Meerespromenade, abgehalten wird. An den Ständen werden frisches Obst und Gemüse, mouneh (die typischen libanesischen Konserven), traditionelle Süßspeisen, Destillate, Honig, Olivenöl und aus Naturprodukten handwerklich hergestellte Seifen angeboten.
Der 2007 eingeweihte Markt von El Mina wurde am 26. August 2008 nach Tripoli verlegt, um ein größeres Publikum zu erreichen. Jeden Donnerstag bieten hier rund ein Dutzend Erzeuger Konserven, frisches Obst und Gemüse, handwerkliche Erzeugnisse und Schösslinge zum Verkauf an.
Der Beiruter Markt wurde am 20. Januar 2009 in einer Seitengasse der Hamra Road, einer der zentralen Verkehrsadern der Stadt, eröffnet. Immer dienstags von 9 bis 14 Uhr verkaufen hier 15 Produzenten, mehrheitlich Direkterzeuger, ihre Waren. Es kommen aber auch Vereinigungen und Kooperativen als
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