Terror: Thriller (German Edition)
nicht, also wandten sie sich um. Cesare nickte Fabrizio zu, dann stürmten sie mit gezogenen Waffen in den Raum mit dem Fernseher. Fabrizio erkannte sofort, dass der Marokkaner nicht da war, trotzdem überprüften sie den Schrank und sahen unter dem Bett nach. Mehr Möglichkeiten, sich zu verstecken, gab es hier nicht. Der Raum war verlassen und mutete noch trostloser an als sonst. Das Bett war ungemacht, die Stimme aus dem Fernseher dröhnte in Fabrizios Ohren. Während Cesare sich umsah, griff Fabrizio nach der Fernbedienung, die neben dem Bett auf dem Nachttisch lag. Der Mann auf dem Bildschirm trug eine schwarze Strickmütze auf dem Kopf und eine olivgrüne Uniformjacke. Er saß auf einem Sofa. Rechts neben ihm lehnte eine Kalaschnikow an der Wand. Der Gesichtsausdruck des Mannes passte nicht zu der Aggressivität, mit der er sprach, er sah gleichmütig aus, entrückt, fast als meditiere er. Sein Gesicht war eine Maske, die den Hass in die Welt hinausspie. Fabrizio stellte den Ton leiser.
»Hör dir das mal an.« Cesare trat zu ihm. Er hatte einen Zeitungsartikel in der Hand. »Hier geht’s um das Schächten, das muslimische Opferritual.« Der Artikel war aus dem Secolo herausgerissen worden. »Zunächst«, las Cesare vor, »muss das Tier durch gutes Zureden und Anbieten von Essen oder Trinken beruhigt werden. Erst wenn das Tier ruhig und entspannt ist, darf zum Schnitt angesetzt werden, der mit einem scharfen Messer schnell und professionell …«
»Ce?« Fabrizios Stimme klang brüchig. Cesare sah auf, er kniff die Lippen zusammen und sah Fabrizio fragend an. Zum ersten Mal bemerkte Fabrizio die Altersflecken auf dem Handrücken seines Kollegen. Er schüttelte den Kopf.
»Nichts. Lies weiter.«
»… der mit einem scharfen Messer schnell und professionell ausgeführt werden muss und mit einem einzigen Zug die Luftröhre, die Speiseröhre und die beiden Halsschlagadern durchtrennen soll.«
Stille.
»Der Kuchen, den Elisa Noè essen musste … Meinst du, das gehörte zum Opferritual?« Er war ein hilfloser Mann mit einem verwachsenen Rücken. Er verstand das alles nicht.
»Hier ist noch was.«
Cesare reichte Fabrizio ein Blatt Papier. Es war schmutzig und verknittert. Links oben waren arabische Schriftzeichen zu sehen, daneben in lateinischen Buchstaben das Wort »Dschihad«.
»Wo hast du das her?«
»Lag unterm Bett, zusammen mit dem Zeitungsausschnitt.« Cesare holte sein Handy hervor, drückte schnell ein paar Tasten.
»Schau dir das an!« Auf dem Display war das Foto zu sehen, das Cesare von der Wand in Elisa Noès Haus gemacht hatte, von den arabischen Schriftzeichen, die mit Blut an die Wand gemalt worden waren. Sie waren identisch mit den Schriftzeichen auf dem Papier.
»Der Mörder hat …«, Fabrizio versuchte seine Gedanken zu ordnen, »… der Mörder hat ›Dschihad – Heiliger Krieg‹ an die Wand geschrieben.«
»Lies weiter.« Cesare reichte Fabrizio das schmutzige Blatt Papier. Es waren Sätze auf Italienisch, mit ungelenker Schrift in Großbuchstaben geschrieben.
»Tötet die Ungläubigen, wo immer ihr sie findet«, las Fabrizio laut vor. Seine Stimme zitterte. »Greift sie, belagert sie und lauert ihnen auf jedem Weg auf … Doch der Lohn derer, welche sich gegen Allah und seine Gesandten empören und sich bestreben, nur Verderben auf der Erde anzurichten, wird sein: dass sie getötet oder gekreuzigt oder ihnen die Hände und Füße an entgegengesetzten Seiten abgehauen werden.«
Unter dem Text stand -9:5.
»Was sollen die Zahlen?«, fragte Fabrizio.
»Die bezeichnen wahrscheinlich die Stellen im Koran …«
»Das sind Koransuren?« Fabrizio starrte auf die Worte. Die Buchstaben verschwammen vor seinen Augen.
»Sieht so aus, als hätten wir den Marokkaner falsch eingeschätzt.« Cesare blickte Fabrizio durchdringend an.
»Glaubst du wirklich, dass er …«
»Eindeutiger geht’s nicht, oder?«
Fabrizio schwieg. Cesare hatte sicher recht. Eindeutigere Indizien für die Täterschaft des Marokkaners ließen sich kaum denken.
»Aber warum? Was hat er für ein Motiv?«
»Das fragen wir ihn, wenn wir ihn haben.« Cesare nahm Fabrizio das Papier aus der Hand.
»Und was ist mit der Fußfessel? Warum hat die keinen Alarm ausgelöst?«
Cesare zuckte die Achseln.
»Keine Ahnung.
»Was machen wir, Ce?«
Einen Moment schien Cesare zu zögern, aber dann sagte er mit fester Stimme: »Ich werde hier im Haus nach weiteren Spuren suchen, vielleicht finde ich ja was, das uns zum
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