Terror: Thriller (German Edition)
jemandem, dessen Stimme nicht zu hören war. Cesare musste verkabelt sein. Wahrscheinlich hatte er einen Empfänger im Ohr und das Mikro auf seiner Brust befestigt. Fabrizio musste davon ausgehen, dass Delta 2 die ganze Zeit mitgehört hatte. Delta 2 – das klang offiziell, war aber kein Code, den Fabrizio kannte. Ihre Zentrale war es nicht, soviel war sicher. Wenn Cesare Funkkontakt hatte, warum hatte er dann nicht sofort Verstärkung geholt? Stattdessen hatte er ihn, Fabrizio, durch das ganze Dorf geführt, vorgeblich auf der Suche nach einem Telefon. Warum? Er hatte Delta 2 gesagt, dass er »sie« in Empfang nehmen werde. Und er hatte gesagt, er werde »ihn« ausschalten.
Entsetzen, Angst und Verunsicherung stürzten sich wie rasende Dämonen auf ihn. Fabrizio starrte die Maserung des Holztisches an, bis die Formen verschwammen und er meinte, eine Fratze zu erkennen. Wenn er das hier überstehen wollte, musste er die Dämonen abschütteln. Schnell. Er richtete sich auf, so kerzengerade, wie es sein verkrümmter Rücken zuließ.
Mit ruhigen, sicheren Bewegungen schloss er das Programm und schaltete den Laptop aus.
Du hast jetzt zwei Möglichkeiten: Entweder du gehst zurück zu ihm und tust so, als hättest du keine Ahnung …
Er zog den Stecker aus der Steckdose und löste das Kabel vom Computer.
… oder du gehst nicht zurück zu ihm, sondern du überwachst ab jetzt jeden Schritt, den er tut.
Er wickelte das Kabel ordentlich auf und schloss den Deckel des Laptops. Er nahm den Laptop in die eine, das Kabel in die andere Hand und ging zum Kleiderschrank neben der Tür. Er öffnete ihn. Der Schrank war vollgestopft mit Kleidung. Teils Männer-, teils Frauenkleider. Fabrizio stand einen Moment davor und starrte hinein.
Du musst unberechenbar sein für ihn. Das verschafft dir den entscheidenden Vorteil …
Er schob den Laptop unter einen Stapel T-Shirts und zupfte den Stoff so zurecht, dass der silberne Metallrahmen des Rechners nicht mehr zu sehen war. Sein Blick fiel auf einen grauen Kapuzenpulli und eine Jeans.
Du musst ihn verunsichern. Dann macht er Fehler.
Er zog die Uniformjacke aus und löste den oberen Hemdknopf. Er wunderte sich, wie ruhig seine Hände waren, als er das Hemd aufknöpfte. Kein Zittern. Nichts. Er löste das Pistolenhalfter und legte Hemd, Uniformjacke und Hose säuberlich zusammen. Dann legte er alles in ein Fach im Schrank. Ein Fach mit Männerkleidern. Er zog die Jeans an. Die Hosenbeine waren ein wenig zu kurz, aber obenrum passte sie. Dann streifte er den Kapuzenpulli über und betrachtete sich einen Moment lang im Spiegel an der Innenseite der Tür. Er zog die Kapuze über seine dunklen Haare und war zufrieden. So würde er im Nebel kaum zu erkennen sein. Er griff nach der Pistole und steckte sie sich in den Hosenbund.
Okay .
Er war bereit. Er schloss die Schranktür und verließ das Zimmer.
Lenzari, Dienstag, 6. April 2010, 12:30 Uhr
»Manno! Wann kommt denn mal wieder was?« Anna stapfte missgelaunt über die steile Schotterpiste.
»Vielleicht ist der Berg hier zu hoch für den Osterhasen«, gab Conny zu bedenken.
»Der kriegt hier bestimmt keine Luft mehr«, schnaufte Marc.
»Pfff«, machte Anna und warf ihre Haare zurück. Letzte Weihnachten war ihr bereits klar geworden, dass es nicht der Weihnachtsmann war, der die Geschenke unter den Baum legte. Als allerdings heute Morgen das erste Osterei im Wald aufgetaucht war, war Anna doch ziemlich verblüfft gewesen. Der Osterhase stellte sich deutlich geschickter an als der Weihnachtsmann.
Sie hatten das Haus gegen 10 Uhr verlassen. Der Regen, der das gesamte Osterwochenende über Lenzari niedergegangen war, hatte endlich aufgehört, und sie konnten ihren Osterspaziergang nachholen. Sie waren die Straße nach Gazzo ein Stück entlanggegangen und hatten das Schaf mit dem kaputten Bein besucht. Es wurde getrennt von der Herde auf einem umzäunten Areal rechts der Straße gehalten. Anna gab ihm Gras zu fressen.
Dann waren sie dem Wegweiser mit der Aufschrift »Madonna della Neve« nach links in den Wald gefolgt. Von da an verlief der Weg mehr oder weniger steil bergauf. Marc war vorausgegangen und hatte immer wieder ein Osterei oder einen Schokoladenhasen versteckt. Der schmale Pfad hatte sie zunächst durch einen Kastanienwald geführt, der immer wieder von kleinen Lichtungen durchbrochen war. Ein angenehmer Wind hatte nach und nach die letzten Wolken vertrieben, und jetzt, da sie den Rücken des schlafenden Hundes
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