Terror: Thriller (German Edition)
Fakten selbst oder die Tatsache, dass er von alldem noch nie etwas gehört hatte. Conny war er in diesen Tagen gehörig auf den Wecker gegangen. Er hatte sie ziemlich überfordert mit seinem plötzlichen Mitteilungsbedürfnis. Als er ihr am Frühstückstisch einen Artikel über die Rolle der griechischen Geheimarmee beim Militärputsch von 1967 und der Etablierung der Obristen-Junta vorlesen wollte, hatte sie ihm klipp und klar zu verstehen gegeben, dass es jetzt genug sei. Sie wolle nichts mehr hören von irgendwelchen Geheimarmeen, und sie habe auch keine Lust mehr, sich anzusehen, wie er vor ihren Augen zum Verschwörungstheoretiker mutiere. Und überhaupt wolle sie erst mal in Ruhe Kaffee trinken.
Er hatte dann vor sich hingemurmelt, dass Heinz Lembke, der rechtsextreme Förster, sehr wahrscheinlich ein Stay-behind-Mann war, und dass der Oktoberfestsprengstoff aus einem Waffendepot eben dieses Heinz Lembke stamme, der, als er aussagen wollte, erhängt in seiner Zelle aufgefunden worden war; und dass man das sogar auf Wikipedia nachlesen könne und dass es einfach ungeheuerlich sei, dass der Sache niemand nachgehe. Da war Conny in schallendes Gelächter ausgebrochen: »Du klingst wie Mel Gibson in diesem Film … in dem er diesen paranoiden Taxifahrer spielt und versucht, Julia Roberts von seinen Verschwörungstheorien zu überzeugen.«
Sie meinte Fletcher’s Visionen .
»Aber am Ende stellt sich heraus, dass er recht hatte!« Marc war wütend. Conny sah ihn mitleidig an und kicherte noch immer.
»Mel Gibson hatte recht!«, rief Marc, »er war nämlich Opfer des Mind-Control-Projekts der CIA .«
Conny prustete vor Lachen.
»Das gab’s wirklich!« Seine Stimme war viel zu laut. Ihn beschlich das Gefühl, sich gerade ziemlich lächerlich zu machen. Er war wortlos aufgestanden, Conny hatte ihm noch versöhnlich hinterhergerufen, er solle doch nicht beleidigt sein, aber es war zu spät. Er war beleidigt.
Er hatte sich dann hinter den Schreibtisch im ersten Stock gesetzt und eine Weile auf die gegenüberliegende Bergseite gestarrt. Das zarte Grün des Waldes wirkte beruhigend auf ihn. Dort drüben, mitten im Wald, lag ein schlossartiges Gebäude. Ein viereckiger Turm mit Zinnen obendrauf. Grüne Fensterläden, die immer geschlossen waren. Er würde mal versuchen herauszufinden, wem das Gebäude gehörte, beschloss er. Und dann hatte er nachgedacht. Über das Oktoberfest-Attentat, über GLADIO und darüber, ob es gefährlich war, so daherzureden wie Mel Gibson in Fletcher’s Visionen . Er hatte zum Telefon gegriffen und Klaus angerufen. Er erklärte Klaus, dass sie sofort aufhören mussten, herumzuspekulieren, sie würden sich vollkommen lächerlich machen. Der einzige Weg, in der Sache weiterzukommen, war herauszufinden, was der Schnauzbart vorhatte. Alles andere war Spekulation und führte ins verminte Gelände der Verschwörungstheorien. Klaus antwortete nicht.
»Klaus?«
»Wieso weckst du mich mitten in der Nacht?« Klaus klang verkatert. Marc schaute auf die Uhr. Es war kurz nach halb neun. Viel zu früh für Klaus.
»Sorry«, sagte er, »mir war nicht klar, dass es noch so früh …«
»Ich mach mir ’nen Kaffee und ruf zurück.«
Zehn Minuten später klingelte das Telefon. Klaus klang jetzt munter. Er wirkte konzentriert.
»Eine ernst zu nehmende Zeugin hat unseren Mann in der Nähe der Theresienwiese gesehen«, sagte er, »kurz bevor die Bombe hochging. Es gibt ein Foto, auf dem unser Mann zusammen mit Rudolf Hochhausen zu sehen ist. Das sind Spuren, denen wir nachgehen müssen. Es ist völlig in Ordnung, Hypothesen aufzustellen, jede seriöse Polizeiarbeit funktioniert so. Was ist das Problem?«
»Das Problem ist, dass wir …« Marc suchte nach den richtigen Worten, »dass wir daherreden wie durchgeknallte Verschwörungstheoretiker. Wir müssen aufpassen, dass wir uns nicht vergaloppieren.«
Nach einer kurzen Pause sagte Klaus: »Die Frage ist doch, liegt es an uns, dass das alles so verrückt klingt, oder liegt es am Gegenstand unserer Untersuchung?«
»Und wenn doch alles mit rechten Dingen zugegangen ist? Wenn Gundolf Köhler tatsächlich ein Einzeltäter war? Wenn Polizei und Justiz korrekt gearbeitet haben?«
»Und wenn der Mann, der im Audi einer international operierenden Söldnerfirma unterwegs ist und deinen Marokkaner bedroht hat, einfach nur ein italienischer Wies’nbesucher war?« Klaus’ Stimme klang spöttisch.
»Mann, Klaus! Ist es nicht trotzdem möglich, dass alles
Weitere Kostenlose Bücher