Terror: Thriller (German Edition)
… nicht mal über Umwege.«
»Aber du hast das Foto doch ordentlich rumgeschickt, oder? Da ist es doch in Zeiten grenzenloser Datenströme durchaus denkbar, dass es über ein paar Ecken in Italien gelandet ist.«
»Denkbar ist alles«, sagte Klaus. »Ich gehe der Sache nach. Ich weiß ja, wem ich die Fotos geschickt habe. Ich hake bei jedem einzelnen nach.«
»Auf jeden Fall sollten wir künftig vorsichtiger sein«, sagte Marc.
Sie stellten noch ein paar Theorien auf, den Schnauzbart betreffend, verwarfen sie aber sofort allesamt wieder.
»Bleibst du an dem Söldner dran?«, fragte Klaus.
»Ja«, antwortete Marc. Er hatte keine Lust, seinem Freund zu erklären, dass er hoffte, nie mehr mit diesem Menschen zu tun zu haben. Er hatte sich selbst gefragt, was eigentlich die Aversion gegen diesen Mann bei ihm ausgelöst hatte. Er war zu dem Ergebnis gekommen, dass ihm durch den Mann mit der Sturmhaube und den zerkauten Fingernägeln bewusst geworden war, wie dünn die Kruste der Zivilisation war, die Barbarei und Unmenschlichkeit bedeckte. Sie konnte jederzeit aufbrechen. Überall. Diesen Gedanken wollte er aber nicht mit Klaus besprechen. Nicht jetzt. Nicht am Telefon. Deshalb war er froh, dass Klaus sich mit dem einfachen Ja zufrieden gab und nach vorn blickte:
»Wie geht’s jetzt weiter?«, wollte er wissen.
Marc berichtete ihm, was er gestern mit Conny beschlossen hatte: Dass sie noch sechs Wochen in Lenzari bleiben und dann nach Berlin zurückkehren würden.
Als sie das Gespräch beendeten, war es kurz nach zehn. Es war ein schöner, sonniger Tag. Als Marc nach unten kam, hatten Conny und Anna bereits beschlossen, dass sie ans Meer fahren würden.
Lenzari, Freitag, 4. Juni 2010, 19:32 Uhr
Von diesem Teil der Straße aus gesehen, wirkte Lenzari wie eine Festung. Fabrizio ging mit schnellen Schritten geradewegs darauf zu. Langsam wurden die Umrisse der Häuser deutlicher sichtbar. Die letzte Kurve. Links konnte Fabrizio die Treppe ausmachen, die hinauf zum Garten der Deutschen führte. Auf der rechten Straßenseite, etwa zehn Meter vor ihm, mehr zu erahnen als zu sehen, stand das Ortseingangsschild von Lenzari. Fabrizio blieb stehen. Sein Atem ging schnell. Er musste jetzt vorsichtig sein. Und leise. Sehr wahrscheinlich suchte Cesare bereits nach ihm. Es gab nur eine Möglichkeit, herauszufinden, was für ein Spiel Cesare spielte. Er musste ihn beschatten, musste jeden seiner Schritte verfolgen – und vor allem musste er unentdeckt bleiben. Zum ersten Mal an diesem Tag war Fabrizio froh um den Nebel. Er überlegte fieberhaft. Was hatte Cesare als Erstes getan, nachdem er das Haus des Marokkaners verlassen hatte? Lange war er dort mit Sicherheit nicht mehr geblieben. Dass er nach weiteren Indizien suchen wollte, war vorgeschoben. Es war nur darum gegangen, Fabrizio loszuwerden und sich mit Delta 2 in Verbindung zu setzen. Fabrizio konnte noch immer nicht fassen, dass sein Vorgesetzter und Kollege, dem er blind vertraut hatte, dass der … was eigentlich? Cesare hatte ihn hintergangen. Das war sicher. Er hatte Funkkontakt. Aber mit wem?
Plötzlich hörte er ein Geräusch und zuckte zusammen. Es war von links oben gekommen, vom Haus der Deutschen. Er hielt den Atem an und lauschte. Nichts. Dann ein weiteres Geräusch, lauter diesmal, ein Schaben, wie wenn Metall über eine harte Oberfläche kratzt. Plötzlich wusste Fabrizio, woher das Geräusch kam: Es war der Kinderrechen, der oben im Garten lag. Jemand war dagegen gestoßen, und die Zinken des Rechens waren über den Steinboden geschrammt.
Schnell jetzt!
Mit zwei Sätzen hatte Fabrizio die Mauer des talwärts gelegenen Nachbarhauses erreicht. Es war ein Ferienhaus, das einem Bauunternehmer aus Turin gehörte und im Moment unbewohnt war. Er drückte sich mit dem Rücken gegen die efeubewachsene Mauer und verharrte einen Moment. Dann beugte er sich langsam vor, sah die Treppenstufen, die hinauf zum Garten führten, die Mauer, das Gartentor – und in dem Moment trat Cesare aus dem Nebel und stützte sich auf die Mauerbrüstung. Fabrizio hielt den Atem an. Cesares Blick folgte dem Verlauf der Straße, nach oben zunächst, dann talwärts – Fabrizio presste sich gegen die Mauer. Als er sich wieder vorsichtig nach vorn beugte, sah er, dass Cesare die Uniformmütze abgenommen hatte und sich mit der rechten Hand mehrmals über Stirn und Haare fuhr. Er kannte diese Geste. Immer wenn Cesare erschöpft war oder nicht mehr weiterwusste, fuhr er sich so
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