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Terror

Terror

Titel: Terror Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dan Simmons
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auf die Crozier deutete.
    »Setz noch ›Kapitän der HMS Erebus ‹ hinzu.«
    Fitzjames folgte der Anweisung.
    Crozier steckte das zusammengefaltete Blatt in den Zylinder und schob diesen wieder in das Mal. Dann zog er seinen Fäustling an und legte die Steine zurück an ihren Platz.
    »Francis, hast du aufgeschrieben, wo wir hinwollen?«

    Crozier merkte, dass er nichts dergleichen getan hatte. Er zählte die Gründe auf… Warum es so oder so das Todesurteil für die Männer war, ob sie nun blieben oder weiterzogen. Warum er sich noch nicht entschieden hatte zwischen dem fernen Boothia und George Backs sagenumwobenem Großen Fischfluss. Er wollte Fitzjames erklären, weshalb sie ohnehin erledigt waren, ob sie nun in die eine Richtung marschierten oder in die andere, und dass nie jemand diese verdammte Nachricht lesen würde, wozu also die ganze …
    »Schsch!«, zischte Fitzjames.
    Unsichtbar im wabernden Nebel schlich etwas um sie herum. Beide Männer hörten schwere Tritte auf dem Geröll und Eis. Mächtige Atemzüge drangen an ihr Ohr. Keine fünfzehn Fuß von ihnen entfernt bewegte sich eine Gestalt auf allen vieren durch den dichten Dunst. Das Geräusch riesiger Tatzen war trotz des fernen Donners deutlich wahrzunehmen.
    Hu-uf, hu-uf, hu-uf.
    Bei jedem Schritt hörte Crozier ein Schnaufen. Jetzt war es bereits hinter ihnen, zog Kreise um das Steinmal, zog Kreise um sie.
    Die Kapitäne erhoben sich gleichzeitig.
    Crozier zog seinen Revolver aus der Tasche. Er riss sich den Fäustling herunter und spannte den Hahn, als unmittelbar vor ihnen, doch immer noch unsichtbar, die Schritte und das Schnaufen innehielten. Crozier war sich sicher, eine fischige, aasige Ausdünstung zu riechen.
    Fitzjames hatte keine Waffe dabei. Er hielt immer noch das Tintenfässchen und die Feder in der Hand, die ihm Crozier zurückgegeben hatte, und deutete damit auf die Stelle im Nebel, wo er das lauernde Wesen vermutete.
    Kies knirschte, als es sich verstohlen näherte.
    Langsam schälte sich fünf Fuß über dem Boden ein dreieckiger Kopf aus den Schwaden. Nasses weißes Fell verschmolz mit
dem Dunst. Unmenschliche schwarze Augen starrten sie aus sechs Fuß Abstand an.
    Crozier zielte mit dem Revolver auf einen Punkt knapp über dem Kopf. Seine Hand war so ruhig und fest, dass er nicht einmal den Atem anhalten musste.
    Schwebend näherte sich der Kopf, als wäre er mit keinem Körper verbunden. Dann wurden die riesigen Schultern sichtbar.
    Crozier peilte über das Gesicht und drückte ab.
    Der Knall war ohrenbetäubend, vor allem für ihre vom Skorbut angegriffenen Nerven.
    Der Eisbär, kaum mehr als ein Jungtier, stieß einen erschrockenen Brummlaut aus, wirbelte herum und verschwand wie der Blitz im Nebel. Das Scharren der Pfoten auf dem Geröll war noch lange zu hören, während es sich auf dem Meereis nach Nordwesten entfernte.
    Erst nach einer Weile brachen Crozier und Fitzjames in Lachen aus.
    Keiner von beiden konnte mehr damit aufhören. Immer wenn sich der eine allmählich beruhigte, fing der andere erneut an, bis wieder beide von irrsinniger, sinnloser Heiterkeit erfasst wurden.
    Sie hielten sich die Seiten, als die mit Blutergüssen übersäten Rippen von ihren Lachsalven zu schmerzen begannen.
    Crozier ließ den Revolver fallen, woraufhin es sie nur noch mehr schüttelte.
    Sie klopften sich gegenseitig auf die Schultern, deuteten in den Nebel und wieherten, bis ihnen die Tränen auf den Wangen und im Bart gefroren. Sie mussten sich aneinander festhalten, um nicht hinzufallen, während sie immer weiter lachten und lachten.
    Schließlich konnten sie sich nicht mehr aufrecht halten. Sie sanken auf das Geröll nieder und lehnten sich gegen das Steinmal. Dieser Vorgang rief erneutes Gelächter hervor.
    Irgendwann ging das Prusten in Kichern und das Kichern in
verlegenes Schnauben über, bis schließlich das letzte vereinzelte Lachen erstarb und beide keuchend um Luft rangen.
    »Weißt du, wofür ich jetzt meine linke Murmel hergeben würde?«, ächzte Kapitän Francis Crozier.
    »Wofür?«
    »Für ein Glas Whiskey. Zwei Gläser, meine ich. Eins für mich und eins für dich. Ich würde dich einladen, James. Eine Runde schmeißen.«
    Fitzjames nickte. Er wischte sich das Eis von den Augenlidern und zupfte sich gefrorenen Rotz aus dem rötlichen Schnurrbart. »Danke, Francis. Und ich würde den ersten Trinkspruch auf dich ausbringen. Ich hatte noch nie die Ehre, unter dem Befehl eines besseren Kommandanten und Menschen zu

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