Tessa
zu, ohne aber zu ihr zu kommen, stattdessen bleibt er im vorderen Bereich des Restaurants stehen, suchend schaut er sich um, mit einem Lächeln setzt er sich, anscheinend hat er Bekannte entdeckt, doch Tessa kann nicht erkennen, wer es ist. Sie grinst verspannt zurück. Ins Leere, denn Nick ist längst aus ihrem Blickfeld verschwunden. Tanner steht wortlos auf und geht weg. Als ein Kellner mit neuen Weinflaschen an Tessas Tisch vorbeikommt, stoppt sie ihn mit ausgestrecktem Arm und ihrem leeren Glas in der Hand, der Kellner verzieht sein Gesicht, doch er bleibt stehen, stellt die Flaschen ab und schenkt ihr nach. Sie bedankt sich nicht. Er geht weiter.
In einem Zug trinkt sie das Weinglas aus, steht auf und schreitet langsam zu dem Tisch, an dem Nick sitzt. Kein freier Platz. Unsicherheit überkommt sie. Nick schaut sie lächelnd an, und auch die Frau neben ihm sieht zu ihr auf. Tessa runzelt die Stirn, versucht die Frau zu ignorieren, doch eine Ahnung überkommt sie. Das ist sie. Hohe Wangenknochen. Volle Lippen. Blondes, langes glänzendes Haar. Dünn. Tessa wirft Nick einen kritischen Blick zu, bevor sie den Tisch passiert und weiter zu den Toiletten geht. Vor dem Waschbecken bleibt sie stehen. Das kann nicht sein, denkt sie fassungslos. Er wird nicht die Frau, mit der er sie betrügt, hierherschleppen. Nicht zu Charlottes Geburtstagsparty. Nein. Nicht wahr. Sie starrt in den Spiegel, hebt ihre Augenbrauen, schiebt ihr Haar ordentlich aus dem Gesicht. Kein Drama machen, ermahnt sie sich. Sie versucht sich anzulächeln, dabei zieht sie angestrengt ihre Mundwinkel hoch, doch sie fallen kurz darauf wieder unwillig herab. In ihrer Handtasche kramt sie nach dem roten Lippenstift. Ihre Hand zittert leicht, als sie sich die rote Farbe kräftig nachmalt. Ein prüfender Blick in den Spiegel, sie zeigt für einen Augenblick ihre Zähne, um sicher zu sein, dass sie keine rote Farbe abgekriegt haben, und verlässt die Toilette.
Sie entschließt sich, zurück zu Nicks Tisch zu gehen, doch auf dem Weg steht der unbekannte Freund von ihm plötzlich und unerwartet vor ihr. »Hi, ich bin Jens.«
Überrascht wendet sie sich zur Seite und starrt in ein gut aussehendes, strahlendes Gesicht. »Hallo.« Verwundert sieht sie ihn an.
Er lacht. »Du bist Tessa, Nicks Freundin, stimmt’s?«
Sie ignoriert die Frage, wirft einen Blick auf Nick, der sich mit der Frau unterhält. Sie sehen vertraut miteinander aus, und Tessa wird plötzlich ganz schlecht. Sie wendet sich abrupt wieder Jens zu und fragt ihn: »Wo kommst du eigentlich plötzlich her?«
Wieder ertönt sein tiefes Lachen. Die Hände hat er in seinen Hosentaschen stecken, nicht die ganze Hand, nur bis zu den Knöcheln, was ihn lässig aussehen lässt. Er ist groß gewachsen, obwohl er sogar größer scheint, als er tatsächlich ist. Seine hellen Augen sehen sie neugierig an, als er ihr antwortet: »Wir haben uns in Nicks Studio getroffen.«
»Nein. Ich meine, ich habe dich vorher noch nicht gesehen«, erwidert sie fast gereizt.
»Das letzte Jahr habe ich in New York verbracht …«
Mehr hört Tessa nicht, denn aus dem Augenwinkel kann sie erkennen, wie das blonde Mädchen aufsteht und den Tisch verlässt.
Sie unterbricht Jens. »Willst du meine Blutergüsse sehen?«, fragt sie unvermittelt und hat sich bereits umgedreht, den Rock hat sie dabei leicht angehoben. Zu schnell. Sie schwankt und merkt, wie betrunken sie schon ist. Wieder zurückgedreht, greift sie nach seinem Arm.
»Wow, wie ist das passiert?«, fragt er sichtlich beeindruckt, und plötzlich stehen sie sich so nah gegenüber, dass sie seinen dezenten maskulinen Parfumgeruch riechen kann. Für einen kurzen Augenblick schließt sie die Augen, doch ihr wird schwindlig, und sie muss sie wieder öffnen.
»Ich bin vom Baum gefallen.«
»Du kletterst noch auf Bäume?«
»Nur wenn ich muss«, antwortet sie automatisch und sieht sich dabei wieder nach Nick um, doch es klafft eine große Lücke auf der Bankreihe, wo er kurz zuvor mit der Blonden gesessen hat. Sie hört Jens wie aus weiter Ferne etwas fragen, aber sie kann sich nicht auf seine Worte konzentrieren. »Entschuldige«, sagt sie mit einem gefassten Lächeln und schiebt sich dicht an ihm vorbei und läuft in Richtung Tür.
Charlotte steht plötzlich neben ihr. »Alles okay, Tess?«, fragt sie.
»Hast du Nick gesehen?« Dabei fixiert Tessa den Ausgang. Sie greift nach Charlottes Hand. »Ich glaube, Nick betrügt mich, und die Alte ist auch noch
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