Tessa
stattdessen hinein. Sofort hat sie Uwes Hand auf ihrer Brust liegen. Tessa schüttelt sie zur Seite. Uwe lächelt sie fragend an.
»Drogen nehmen?« Hilft sie ihm auf die Sprünge. Und es klingt so selbstverständlich, dass sie von der Richtigkeit ihres Vorhabens überzeugt ist. Er grinst, schüttelt den Kopf, kramt aber in seiner Tasche, holt Päckchen und ein Metallröhrchen hervor. Mit seinem kleinen Finger schaufelt er etwas Kokain auf eine Seite des Päckchens und hält ihr das Röhrchen hin, das sie dankbar annimmt. Ordentlich zieht sie das Häufchen, um anschließend auch noch vom Rest gierig zu ziehen. Uwe lacht laut, und gleichzeitig reißt er das Päckchen weg.
Das Kokain wirkt fast zu gut. Sie ist fahrig, als sie die Toiletten verlassen. Uwe grapscht ihr von hinten an den Arsch, und sie kriegt keinen Gedanken hin. Sie dreht sich zu ihm um und fragt: »Gibst du mir einen doppelten Wodka aus?« Dabei greift sie nach seiner Hand.
»Nein.« Er schüttelt ihre Hand ab, und sie gibt sich geschlagen.
Alleine geht sie zur Bar. Erst einmal hinsetzen. Dann Unschuldsmiene aufgesetzt. Die Aufmerksamkeit des Barkeepers bekommen. Das ist fast zu viel für sie. Das Kokain knallt. Sie spürt einen Brechreiz. Muss was trinken. Sie hat vergessen, wie scheiße Kokain sein kann, wenn man zu viel abkriegt. Oder weil es Scheißzeugs ist? Der Barmann kommt angeschlendert. Endlich. Sie muss sich beruhigen.
»Und für dich?«, fragt der Barmann und lehnt sich weit nach vorne.
»Einen Doppelten?« Sie starrt ihn an.
»Einen Doppelten was?«
»Einen Doppelten umsonst?«, fragt sie forsch. Sie schluckt schwer, ihr Rachen ist betäubt, und sie muss fast kotzen von dem intensiven Kokaingeschmack.
»Einen Doppelten umsonst?« Er guckt immer noch nett. Aber bewegen tut er sich nicht. Ihr Blick schwenkt zu dem Wodka. Er folgt ihrem Blick nicht.
»Einen Doppelten von dir.«
Er lacht sie süß an, aber warum bewegt er sich nicht?
»Was möchtest du denn am liebsten?« Sein Gesicht scheint näher zu kommen.
Sie zwinkert wild mit ihren Augen, ein weiterer heftiger Schluckreflex folgt. »Am liebsten dich ganz.« Dieses scheiß Koks. Er sieht sie zweifelnd an. Sie verliert die Fassung. Warum rückt er nicht endlich das Getränk raus? Und was labert sie eigentlich für einen Scheiß?
»WODKA!«, schreit sie. Erschrocken blickt sie sich um und schämt sich. Sie kommt sich dämlich, hässlich und klein vor. Gleich kommt bestimmt auch noch der Türsteher und schmeißt sie raus. Sie schluckt heftig, aber die Spucke will nicht durch ihre voll betäubte Kehle. Sie kriegt Angst, sich auf der Theke zu übergeben. Wegdrehen. Warum soll es denn plötzlich so schwer sein, ein Getränk zu bekommen? Wozu hat sie Titten? Sie muss ihren Mantel ausziehen. Sie steht kurz auf, zieht ihn aus und setzt sich drauf. Sie ignoriert den Barmann. Tut einfach so, als hätte sie vergessen, warum sie hier sitzt. Vielleicht setzt sich auch gleich irgendein Idiot neben sie. Durchatmen. Sie entdeckt Uwe in einer der Loungeecken. Er sitzt umringt von ein paar hübschen, aber billig gekleideten Mädchen. Und einem schmierigen Typen, zerfurchtes Gesicht, aber maßgeschneiderter Anzug. Der Kerl schwitzt. Auch nur ein guter Kunde. Ihr Blick wandert weiter. Eine Dunkelhäutige mit Afro bewegt sich bedächtig mit geschlossenen Augen zur Musik, ihre Arme scheinen nach einem unsichtbaren Gott zu greifen. Vielleicht sollte sie auch anfangen zu beten.
Der Typ, der neben ihr sitzt, fällt fast in das Bierglas, das vor ihm steht.
»Doppelter Wodka.«
Die klare Stimme erschreckt sie. Tessa dreht sich um.
»Aufs Haus.«
Der Barmann zwinkert sie an und stellt das Glas vor ihr ab. »So gut?«, fragt er fürsorglich, vielleicht erwartet er aber auch nur eine Antwort.
Sie kann nicht sprechen, ihre Mundschleimhäute sind ausgetrocknet. Also nickt sie nur tapfer. Und nimmt erst einmal einen großen Schluck. Der Barmann starrt sie an, sie starrt den Barmann an. Die Blicke werden ihr zu viel. Was erwartet er denn? Sie dreht sich mit dem Barhocker um. Clubansicht. Aber den Barmann im Nacken verkraftet sie nicht. Also aufstehen. Sie dreht sich noch einmal zu dem Barmann um, der immer noch glotzt. Aus dem Augenwinkel sieht sie, wie ihr Mantel langsam auf den dreckigen Boden rutscht. Der Gedanke an eine schnelle Bewegung lähmt sie. Stattdessen entscheidet sie sich, ihr Glas ein Stück zu heben und ein verkrampftes Lächeln in Richtung Barmann zu schmeißen. Ihre Dankbarkeit
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