Tessa
zeigen. Dann bückt sie sich langsam nach dem Mantel. Als sie sich aufrichtet, hat sie angefangen zu schwitzen. Was für beschissenes Kokain. Sie nimmt den letzten Schluck Wodka und spült ihren Mund, bevor sie ihn hinunterschluckt. Sie stellt das Glas auf der Bar ab und ignoriert den Barmann, der noch immer auf ihrer Höhe steht, nun aber mit einem Handtuch Gläser abtrocknet und wie zufällig in ihre Richtung starrt. Sie entscheidet sich für Uwe.
Tessa bleibt vor der Gruppe stehen, und Uwe sieht sie grinsend an. Sie kommt sich klein vor, was an dem Podest liegen mag, auf dem sich die Sofalandschaft befindet. Tessa richtet den Blick auf die Blondine neben ihm, doch die glotzt nur blöd zurück.
»Darf ich kurz.« Tessa nickt auf den Platz neben ihr.
Die Blonde versteht aber nicht, was sie meint.
»Ich will mich neben Uwe setzen«, sagt Tessa bestimmt.
Die Kuh schaut neben sich und erkennt, dass zwischen ihr und Uwe nicht einmal ein Streichholz Platz hätte. Verwirrt schaut sie wieder auf.
»Du sollst rücken, oder bist du total dämlich?«
Das Mädchen bewegt sich immer noch keinen Millimeter, stattdessen dreht sie sich zu Uwe und schaut ihn mit schweren, schwarz umrandeten Augen an.
Der tätschelt entschuldigend ihren Kopf und deutet mit einer knappen Kopfbewegung an, dass sie aufstehen soll.
Entrüstet greift das Mädchen nach ihrer Handtasche, zischt: »Wichser.«
Vergisst dabei aber nicht, ihre abstehenden Haare auf dem Oberkopf wieder glatt zu streichen.
»Danke.« Tessa lächelt Uwe an, lässt sich auf das angewärmte Leder neben ihm fallen und greift nach seinem Bier. »Hast du auch eine Zigarette?«
Er reicht ihr wortlos seine Schachtel. Während er kurz darauf eine ihrer Brüste hält.
Der Barmann kommt an ihren Tisch mit einem Tablett kleiner Schnapsgläser. Der Mann mit dem zerfurchten Gesicht nickt dem Barmann zu, ohne auch nur einen Deut von Freundlichkeit in seinem Gesicht aufblitzen zu lassen. Ihr Herz rast. Der Wodka kommt wie gerufen.
Sie wanken die steile Treppe hinauf. Sie kreischt vor Lachen.
»Sei mal einen Moment ruhig«, sagt Uwe.
»Hast du noch was zum Trinken?«
»Ja.«
»Willst du mich ficken?«
Uwe antwortet nicht. Bedächtig kramt er nach seinen Schlüsseln.
»Hast du’s endlich«, drängelt sie hinter ihm. »Mach schon, mach schon. Ich mag mehr Wodka.«
Gemächlich schließt er die Tür auf. »Ruhig, okay?«
»Ich will nicht ruhig sein, ich will gar nichts sein. Ich will ich sein.«
»Du nervst.«
Sie donnern in die Wohnung. In der Küche fällt sie auf die Knie. Sie kriecht zum Kühlschrank. »Mehr. Mehr.« Sie zieht sich langsam am Kühlschrank empor, öffnet den Schrank, knallt aber erst mal volle Wucht dagegen. Ihre rechte Wangenseite tut weh. Sie lacht blödsinnig vor sich hin. Nein, eigentlich tut nichts weh. Wie auch? Das Kokain betäubt ihren Körper. Sie schwankt zur Seite, krallt sich am Türgriff fest. Ein lautes Scheppern. Aber nicht sie, sie hockt immer noch in Höhe des Kühlschrankgriffs. Die Tür scheint diesmal was abbekommen zu haben. Langsam lässt sie sich fallen.
Wenige Stunden später ist sie hellwach. Nur ihr Körper braucht länger. Ein Dröhnen im Kopf. Ihre Nase ist verstopft. Sie sieht sich um, und langsam erkennt sie Uwes Küche. Sie liegt noch immer auf dem Boden vor dem Kühlschrank. Uwe kann sie aber nicht entdecken. Bis auf das tickende Geräusch der vielen Uhren an der Wand ist es still. Sie erhebt sich vom kalten Steinfußboden und geht steif ein paar Schritte zu einem Stuhl, auf den sie sich fallen lässt. Sie schließt die Augen wieder. Ihr Körper tut weh, sie versucht sich zu erinnern, was sie die Nacht zuvor getan hat. Die Erinnerung kommt langsam und mit ihr eine Welle der Einsamkeit. Sie sieht an sich hinunter. Sie trägt noch immer ihren Trenchcoat, der jetzt dreckig, an manchen Stellen schwarz aussieht. Vorsichtig öffnet sie ihn, darunter trägt sie ihr Kleid, sie sieht in den Ausschnitt und entdeckt erleichtert, dass sie auch noch ihren BH anhat. Sie hebt die Beine, ihre champagnerfarbenen Strumpfhosen hat sie auch noch an, aber die kann sie wegschmeißen, denn Laufmaschen zieren das linke Bein. Die rechte Seite sieht schlimm aus, am Knie hat sie ein großes Loch und eine verkrustete blutende Wunde. An einen Sturz kann sie sich nicht erinnern. Sie streckt ihr Knie durch, schmerzverzerrt hält sie inne. Sie betrachtet ihre Füße und ist einen kleinen Moment verwirrt, bevor ihr aufgeht, dass sie keine Schuhe anhat.
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