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Tessy und die Zärtlichkeit des Kommissars

Tessy und die Zärtlichkeit des Kommissars

Titel: Tessy und die Zärtlichkeit des Kommissars Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: L Wolf
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Mitkonkurrenten und Kollegen unterhalten, der Firmeninterna hatte mitgehen lassen und dessen Witwe sie als Hexe beschimpfte? Weil sie vielleicht Lust hatte, ihre Empörung kund zu tun oder noch mal so richtig nach zu treten, überlegte Tessy. Wenn sie eine Selbstdarstellerin war, genoss sie jede Möglichkeit, sich in Szene zu setzen. Und wenn Tessy mit ihrer Einschätzung falsch lag, hatte sie es zumindest versucht und konnte sich in aller Ruhe nach einem anderen Ansatzpunkt umsehen.
    Sie klappte den Laptop auf, stellte eine Internetverbindung her und rief die Website der Wirtschafts- und Beratungsgesellschaft auf. BORMAN & Partner engagierte sich europaweit und war schwerpunktmäßig insbesondere im Bereich der Unternehmenssanierung, -Umstrukturierung und -Neugründung tätig. Der deutsche Hauptsitz befand sich in Frankfurt, die Leitung der Berliner Niederlassung hatte Maren Wildorn Anfang des Jahres übernommen. Ein Foto zeigte das markante Gesicht einer attraktiven Frau, die aussah wie Dreißig und sich nicht scheute, ihr wahres Alter, nämlich vierzig, anzugeben. Sie hatte kluge Augen, lächelte freundlich und war durchaus der Typ Frau, nach der sich mancher Mann auf der Straße mit bewundernden Blicken umdrehen dürfte – und manche Frau wahrscheinlich auch. Tessy allemal. Nach kurzem Überlegen entschied sie sich, gleich am nächsten Morgen in die Friedrichstraße zu fahren und sich Maren Wildorn genauer anzusehen. Mehr als rausfliegen konnte sie nicht, und darin hatte sie bereits Übung.
    In der Nacht träumte sie von Gertrud, die Dirk Hanter frappierend ähnlich sah. Vielleicht war es auch Dirk Hanter, der Attribute von Gertrud übernommen hatte …. oder ein verwirrendes Mischwesen, das mit Gertruds Augen, aber seinem Lächeln, ihren langen Beinen und blonden Haaren, aber seinen Händen und seiner Stimme ausgestattet war. Gertrud trug Jeans und Baumwollhemd und setzte sich zu Tessy ans Bett. Die rieb sich die Augen, als Gertrud plötzlich den Reißverschluss ihrer Hose öffnete und einen Dildo präsentierte, der verdammt nach echtem Schwanz aussah und ebenso überzeugend roch. Tessy nahm ihn staunend in die Hände, während Gertrud mit Dirks Stimme lachte. Dann beugte sie sich über ihn und ließ ihn in ihren Mund gleiten. Plötzlich hatte sie nur noch einen Wunsch: ihn in ihrer Möse zu spüren – lebendig und heiß, hart stoßend und vibrierend. Sie warf die Bettdecke zurück, um sich auszuziehen, aber als sie hochblickte, war da niemand mehr. Kein Hanter, keine Gertrud. 
    Tessy brauchte einige Zeit, um in ihrem Traum einzusehen, dass es das Beste war, wieder einzuschlafen.

    Die Stadt wimmelte von Touristen. Tessy hatte weder Lust auf überfüllte BVG-Busse und Gedränge in der S- oder U-Bahn noch eine ermüdende Parkplatzsuche, bei der sie fünf Liter Superbenzin durch den Auspuff jagen würde, und entschied sich nach kurzem Abwägen für eine Tour mit dem Rad. Sie nahm sich vor, die knapp fünfzehn Kilometer in mäßigem Tempo zurückzulegen – um nicht völlig verschwitzt in einem höchstwahrscheinlich todschicken Büro aufzukreuzen.
    Kurz vor neun Uhr stand Tessy im obersten Stockwerk eines gläsernen Büropalastes an einem wuchtigen Empfangstresen und lächelte eine zierlichen Dame in taubenblauem Kostüm so strahlend an, als wäre sie die Lotto-Fee höchstpersönlich. Die Empfangsdame, an deren Revers ein zierliches Schild mit dem Namen Monika Klinger angebracht war, lächelte zurück, als freute sie sich schon auf den Gewinn.
    „Guten Morgen! Was kann ich für Sie tun, Frau …?“
    „Ritter, Tessy Ritter. Ich würde gerne Frau Wildorn sprechen.“
    Monika Klinger wandte sich zum PC um und ließ ihre Finger flink und nahezu geräuschlos über die Tastatur huschen. „Wann haben Sie den Termin, Frau Ritter?“
    „Jetzt.“ Mit der Methode hatte sie sich als Journalistin schon zu unzähligen Büros Zugang verschafft, wenn auch manchmal nur für fünf Minuten. Oder für dreißig Sekunden.
    Monika Klinger sah sie einen Moment später mit unvermindert freundlichem Lächeln an. „Tut mir leid, aber im Kalender ist nichts vermerkt.“
    „Hm, das ist ja … Vielleicht hat Frau Wildorn bei sich etwas anderes eingetragen“, riet Tessy.
    „Der Terminkalender wird natürlich zentral geführt“, erklärte Monika Klinger mit leisem Tadel in der Stimme.
    „Aber es kann trotzdem mal etwas schief gehen, oder?“
    „Das ist so selten, dass ich mich an das letzte Mal gar nicht mehr erinnern

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