Teufel - Thriller
allen klar, was uns in Turin erwarten würde. Es hätte kein Ende dieser Suche gegeben ohne die Gewissheit hier, in der Stadt des Teufels. Santiago de Compostela ist der helle Teil, Turin der schwarze, den die Kirche damit versucht, unter Kontrolle zu bringen, indem sie ihre wichtigste Reliquie, das Grabtuch, hier aufbewahrt. Dieses Abenteuer ist erst dann zu Ende, wenn wir durch die Hölle gegangen und wieder zurückgekommen sind.«
»Sie sind mit dem Teufel im Bund!«, schrie sie und spuckte Georg an. »Sie sind ein Gotteslästerer, eine Ausgeburt der Hölle! Ihr werdet beide sterben und dahin zurückkehren, woher ihr gekommen seid – in Satans Reich! Und ich bin die Erfüllungsgehilfin der göttlichen Macht!«
Ihre Pistole ruckte nach oben, und ihr Zeigefinger krümmte sich.
Eine große Gestalt erschien hinter Barbara aus dem Schatten, machte einen Satz nach vorne, schien aus der Dunkelheit ins flackernde Kerzenlicht zu fliegen, lautlos und doch erschreckend real. Das war keine Illusion. Mit einem Mal wurde es kalt im Raum und es war, als ob die unerklärliche Erscheinung das Licht aufsaugte und eine schwarze Aura um sich verbreitete. Eine Faust schoss vor und hatte sich, bevor sich die Schwester umdrehen konnte, unerbittlich um Barbaras Kehle geschlossen. Doch es war nur ein Finger, der auf den richtigen Punkt drückte, unnachgiebig und mit einer eisernen Härte. Barbara sank augenblicklich in sich zusammen wie eine Gliederpuppe, der man die Fäden abgetrennt hatte. Ihre Pistole polterte auf den Boden, doch der Mann im schwarzen Mantel beachtete die Waffe gar nicht.
Er packte die Bewusstlose unter den Schultern, legte sie auf die Bank und drehte sie mit dem Gesicht zur Wand. Es sah aus, als schliefe sie. Dann griff er in seine Manteltasche und zog Wagners Glock hervor, legte sie auf den Tisch und schob sie wortlos dem Reporter zu. Dabei leuchteten seine blauen Augen wie helle Saphirkristalle.
»Ich glaube, wir können uns wie zivilisierte Menschen miteinander unterhalten und brauchen keine Waffen«, lächelte der Unbekannte, zog einen Sessel zu sich und ließ sich darauf nieder. Seine Züge lagen nun im Dunkel der breiten Hutkrempe, doch ein Schopf widerspenstiger, blonder Haare stahl sich darunter hervor und leuchtete wie helles Stroh im Licht der Kerzen.
Georg ließ sich verblüfft zurücksinken, ohne den Mann aus den Augen zu lassen. Paul hielt den Atem an und wagte es nicht, nach der Pistole zu greifen, die doch nur wenige Zentimeter von seiner Hand entfernt lag.
Sie waren am Ende ihrer Reise angekommen.
Wir sind so gut wie tot, dachte Paul. Gott, sei uns gnädig und lass es schnell gehen.
»Sind Sie der…«, setzte Georg an, doch der Mann unterbrach ihn und legte den Zeigefinger auf seine Lippen.
»Schsch, Professor«, raunte sein Gegenüber, »wir brauchen keine Namen, keine albernen Begriffe oder kindischen Klischees. Sie beide wissen. Ich weiß, und das sollte genügen. Jedenfalls freue ich mich, dass Sie meine Einladung angenommen haben.«
Er lehnte sich in seinem Sessel zurück und schlug lässig die Beine übereinander. Dann zupfte er mit spitzen Fingern die Bügelfalte zurecht, während er weitersprach. »Wie Sie sich vorstellen können, hätte ich Sie beide in den letzten Tagen einige Male ins Verderben stürzen können. Ein kleiner Wink des Schicksals hätte genügt… Aber wozu? Sie haben sozusagen die Arbeit für mich gemacht, und wenn auch einiges dabei nicht ganz nach meinem Plan verlaufen ist, so wird sich die Neuigkeit von der Entdeckung des Jesus-Grabes doch wie ein Lauffeuer um die Welt verbreiten. Vor allem, da es doch aus einer so renommierten und verlässlichen Quelle kommt.« Der Schatten lachte. »Ein unbestechlicher Reporter und eine lebende Legende, wenn es um Forschung und Wissenschaft geht. Was will ich mehr?«
»Sie wissen genau wie wir, dass es im Grunde völlig egal ist, ob Christus ein Mensch war und starb oder der Sohn Gottes und in den Himmel auffuhr«, wagte Georg mit flacher Stimme eine Entgegnung. »Es wird die Gläubigen kaum beeindrucken. Es wird keinen Unterschied machen für die Christen dieser Welt. Wissen hat die Menschen noch nie am Glauben gehindert.«
»Das überlassen Sie ruhig mir, Professor Sina«, meinte der Unbekannte bestimmt. »Denn mit der Entdeckung des Grabes allein ist es nicht getan. Das hätte ich einfacher und schneller haben können. Bereits vor einigen Hundert Jahren. Da gab es einen kleinen Mann…«
Der Mann sagte es mit einer
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