Teufel - Thriller
kein Wort gesagt, soweit er sich erinnern konnte. Und er hatte ein gutes Gedächtnis.
»Ich bin beruhigt, dass du genauso reagierst wie ich«, nickte Kardinal Rossotti und ließ den Zettel wieder sinken.
»Ich bin ganz und gar nicht beruhigt«, gab Bertucci zurück. »Haben sie Namen genannt?«
Sein Gegenüber verzog das Gesicht. »Aus Sicherheitsgründen nicht. Sie wollten meine Erlaubnis, selbst in den Indizes und Sammlungen suchen zu gehen, aber ohne Aufsicht kam das nicht infrage, päpstlicher Brief hin oder her. Also gab ich ihnen Luigi mit.«
»Sie hatten ein Schreiben des Heiligen Stuhls?« Der Advocatus Diaboli war erstaunt und alarmiert zugleich. Hier stimmte etwas ganz und gar nicht.
»Sie haben die ganze Zeit damit vor meiner Nase herumgefächelt«, ärgerte sich der Archivar. »Aber gelesen habe ich es nicht. Den Gefallen habe ich ihnen nicht getan…«
»Michele, Pro Deo tut niemandem einen Gefallen. Die nehmen sich, was sie brauchen«, erinnerte Bertucci seinen Freund leise. »Und dann beseitigen sie die Spuren.«
»Aber die Wichtigtuer haben eines übersehen«, meinte Rossotti und lehnte sich vor. »Ich habe seit meiner Jugend gelernt, Spiegelschrift und auf dem Kopf stehende Dokumente zu lesen.« Er kicherte leise. »Es war zwar eine handschriftliche Notiz, die sie versuchten, vor mir zu verstecken, aber es geht um die Kaiserin Theophanu oder so ähnlich, einen gewissen Marino oder Marini, und der österreichische Zwerg hatte einen ganz seltsamen Namen: Balthasar Jauerling. Den hatten sie sogar in Blockbuchstaben aufgeschrieben, und ich habe ihn mir gemerkt, weil er so ausgefallen war.«
In diesem Moment wurde ohne Anklopfen die Tür aufgestoßen und ein junger Mann mit hochrotem Kopf stürmte herein. Er setzte an, um etwas zu sagen, sah Bertucci und stutzte. Dann stammelte er ein »Tut mir leid, Eminenz, ich wusste nicht…« und blieb unentschlossen stehen, aber Rossotti winkte ihn zu sich.
»Luigi! Ich dachte, Sie würden den restlichen Tag mit den klerikalen James-Bond-Klonen verbringen, und hatte bereits ein schlechtes Gewissen«, lächelte der Leiter des Geheimarchivs und wies auf seinen Besucher. »Sie kennen meinen alten Freund, › Seine Eiligkeit ‹ , den Kurier des Papstes und Advocatus Diaboli, Paolo Bertucci?«
Der junge Geistliche nickte zerstreut in Richtung des kleinen Kardinals und versuchte ein Lächeln, das kläglich misslang. Dann beugte er sich zu seinem Vorgesetzten hinunter und wollte in sein Ohr flüstern, aber der Archivar wehrte mit einer Handbewegung ab.
»Reden Sie ruhig laut, Luigi. Es gibt nichts zu verbergen vor Kardinal Bertucci. Er weiß wahrscheinlich mehr als wir alle zusammen. Und er hat das Vertrauen des Heiligen Vaters.« Rossotti schaute seinen Freund für einen Moment nachdenklich an, bevor er seinem Sekretär aufmunternd zunickte.
»Sie haben Akten einfach mitgenommen… ohne zu fragen… ich konnte nicht einmal ein Verzeichnis anlegen…«, stieß Luigi hervor und senkte den Kopf.
Hier ist nichts und niemand jemals sicher… Der Satz von Kardinal Santori war tatsächlich eine Prophezeiung, schoss es Bertucci durch den Kopf, vierhundert Jahre alt und so aktuell wie am ersten Tag.
Rossotti reagierte blitzschnell. Seine Hand lag bereits auf dem Telefonhörer des internen Netzes, kaum hatte der junge Geistliche ausgesprochen. Die Augen des alten Mannes blitzten. »Wache? Haben Scaglietti und Bertani bereits das Archiv verlassen?«, bellte er ins Telefon. Die Antwort des Schweizergardisten war kurz.
Der Archivar des Vatikans ließ den Hörer sinken und schlug wütend mit der Faust auf den Tisch. »Was bilden sich diese Ignoranten eigentlich ein?«, zischte er. »Das ist kein Selbstbedienungsladen, das ist noch immer das Archiv des Papstes.« Er überlegte kurz. »Sei mir nicht böse, Paolo, aber ich muss sofort etwas unternehmen. Du entschuldigst mich? Lass uns morgen gemeinsam essen.«
Als Bertucci wenig später das Archiv verließ und bei der Wache seinen Ausweis vorzeigte, um sich wieder auszutragen, kramte er ein kleines Stück Papier hervor und notierte sich die drei Namen, die Rossotti ihm genannt hatte. Dann verstaute er es ganz unten in seiner großen Aktentasche. Während er die Stufen zum Cortile del Belvedere hinunterstieg und sich auf den Weg in seine Wohnung machte, versuchte er die Informationen aus der Besprechung mit dem Papst und dem Gespräch mit seinem alten Freund auf einen gemeinsamen Nenner zu bringen.
Es beunruhigte ihn
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