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Teufelsberg: Roman (German Edition)

Teufelsberg: Roman (German Edition)

Titel: Teufelsberg: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sophie Dannenberg
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hinunter in Richtung Dienstzimmer. Ihre Pantoffeln aus rosa Gummi schlappten über die Stufen. Die Patienten folgten ihr nach einer Weile.
    Im Raucherzimmer traf Beate auf Falko, der durchs Fenster in den Schneeregen guckte. Sonst war keiner da. Das Zimmer war dunkel, durch das gelbe Glas der Tür fiel sandiges Licht.
    »Tut mir leid, dass ich vorhin gelacht habe«, sagte Falko.
    »Lass nur, ich weiß ja, wie komisch das klingt mit dem Beißer. Du rauchst? Dann bin ich endlich nicht mehr die Einzige in der ersten Klasse.«
    »Nein, ich rauche nur gelegentlich. Zum Beispiel eine Friedenspfeife mit dir. Vorausgesetzt, du gibst mir eine.«
    »Natürlich.« Beate hielt ihm die geöffnete Schachtel hin.
    »Danke. Erlaubst du?«
    Er nahm ihr das Feuerzeug aus der Hand, entzündete die Flamme. Sein Gesicht leuchtete rötlich auf. Es hatte markante Züge. Der Mund war breit, die Lippen schmal, die Nasenspitze etwas gekerbt. Die Augen waren hell und scheu, blickten freundlich. Er gab Beate zuerst Feuer. Nach seinem ersten Zug atmete er tief den Rauch aus.
    »Das tut mal gut. Bist du von hier?«
    »Aus Schwetzingen. Ursprünglich aus Pinneberg.«
    »Habe ich mir doch gleich gedacht, du hast diese vornehme Hamburger Art«, sagte er. Sein Lächeln wirkte gehetzt.
    Beate lächelte zurück. »Das kann doch nicht sein.«
    »Doch, doch, du hast dieses Hanseatische«, sagte er. »Du bist wohl aus einer Kaufmannsfamilie?«
    »Na ja, meine Eltern hatten einen Eisenwarenladen.«
    »Muss man immer im Laden stehen als Kind. Meine Eltern hatten einen Fertighaushandel, genauer gesagt einen Steckelementehandel für Fertighäuser. Spießig, oder?«
    »Ach, nein.«
    »Ich war noch nie in der Psychiatrie«, fuhr er fort. »Ich kann es noch gar nicht fassen, dass es so weit gekommen ist. Mir ist das so was von peinlich.«
    »Ja, so ging es mir am Anfang auch. Aber das legt sich. Und alle hier sind sehr nett.«
    »Danke. Warum stellst du bei deinem Handy nicht einfach die Rufnummernunterdrückung ein?«
    »Wie bitte?«
    »Entschuldigung, ich bin gesprungen. Wenn du die Rufnummernunterdrückung einstellst, wird deine Tochter ans Telefon gehen. Und du kannst endlich mit ihr reden.«
    »Ich kenne mich mit diesen technischen Dingen nicht aus«, sagte Beate.
    »Gib mir mal dein Handy.«
    Beate griff in die Gürteltasche und reichte ihm ihr weißes Nokia, an dem ein silberner Herzanhänger baumelte. Falko tippte auf der Tastatur herum, es piepte ein paarmal, dann gab er Beate das Handy zurück.
    »So, ab jetzt bist du unsichtbar«, sagte er, und wieder lächelte er. Er erinnerte Beate an einen Hund, der lange im Tierheim war und sich bemühte, alles richtig zu machen.
    »Danke, das ist wirklich freundlich«, sagte sie. »Bist du auch ein Kaufmann?«
    »Na ja, Bankkaufmann. Dann habe ich zusammen mit einem Medizintechniker, einem Genetiker und einem Kybernetiker eine Firma gegründet, Denta Bion. Wir haben ein Patent zur Zahnverpflanzung entwickelt, ich habe die Finanzierung gemacht. Dann wurde ich rausgekickt. Dann bin ich zusammengeklappt. Na ja, und nun bin ich hier.«
    »Zahnverpflanzung?«, fragte Beate und sah sich nach einem Aschenbecher um. Rasch nahm Falko eine der getöpferten Schalen vom Tisch und hielt sie Beate hin. Sie tippte die Asche ab und sah ihn an.
    »Vereinfacht gesagt, stellen wir Zahnimplantate mit Nerven her«, erklärte er. »Aber das Verfahren ist noch in der Testphase. Nur eine Schweizer Privatklinik arbeitet schon damit.«
    »Ihr macht lebendige Zähne?«
    »Nano-Hybridkomposite mit Nervenzellen, die in Kulturen gezüchtet werden. Das Prinzip stammt aus der Robotertechnik, in der Prothetik kommt es schon zum Einsatz und bald eben auch in der Zahnmedizin. Es hat den Vorteil, dass die neuen Zähne festwachsen und keine künstlichen Wurzeln aus Schrauben brauchen. Wir verwenden diese Spezialimplantate hauptsächlich bei Kindern, deren Kiefer noch wachsen, oder bei Patienten mit Knochenschwund. Aber was heißt wir. Ich bin ja raus aus der Sache.«
    »Was für ein Zufall, dass ich hier auf jemanden wie dich treffe. Wo ich doch solche Probleme mit meinen Implantaten habe.«
    »Ja, das habe ich auch gleich gedacht, als du vorhin davon erzähltest. Ich werde überall von Zähnen verfolgt.«
    »Oh.«
    »Entschuldigung«, beeilte sich Falko zu sagen, »das war nicht böse gemeint. Es ist nur so, ich kann einfach nicht mehr abschalten. Egal was ich mache, egal wo ich hinkomme, überall werde ich an Denta Bion und meinen Rausschmiss

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