Teufelsfrucht
unauffindbar.
Ein Sprecher der PJ erklärte auf Anfrage, es gebe bisher keinerlei Hinweise auf einen Zusammenhang zwischen den drei Bränden.
Kieffer legte den Artikel weg. »Das ist doch nicht möglich.«
Valérie nickte. »Klingt total irre, oder? Die drei Restaurants haben auf den ersten Blick nichts miteinanderzu tun. Sie liegen in verschiedenen Ecken Frankreichs. Aber die drei Brände haben fast zeitgleich stattgefunden. Und alle Lokale waren im Guide aufgeführt.«
Sie seufzte. »Der Journalist von ›Le Monde‹ hat mich auch angerufen. Der versucht jetzt natürlich herauszufinden, was für einen Zusammenhang es zwischen den Bränden geben könnte.«
»Und was hast du ihm gesagt?«
»Dass ich keinen blassen Schimmer habe, ob es einen gibt. Vielleicht gibt es ja keinen.« Ihr Gesichtsausdruck zeigte ihm unmissverständlich, dass sie das nicht glaubte. »Ansonsten war ich heilfroh, dass er mich nicht nach Ricard gefragt hat. Vielleicht wusste er noch nichts davon. Aber die Polizei wird demnächst bestimmt einen Gang hochschalten, jetzt, wo die Sache in der Presse Wellen schlägt. Und dieser Journalist, Perigot, ist von seiner Zeitung für die Geschichte freigestellt worden, hab ich gehört. Der wird jetzt jeden Stein umdrehen. Gut möglich, dass er auch bei dir aufläuft.«
Kieffer war wenig begeistert von der Aussicht – der Artikel im »Luxemburger Wort« hatte ihm eigentlich schon gereicht. »Ich war inzwischen, wie du weißt, beim Restaurant meines Lehrmeisters Boudier. Was du noch nicht weißt, ist«, er merkte, dass er aufgeregt war und zu laut sprach, deshalb senkte er seine Stimme ein wenig, »dass ich in Boudiers Experimentalküche war.«
»Ist die nicht in Flammen aufgegangen?«
»Nein, die befand sich in einem anderen Gebäude, mehrere Kilometer von seinem eigentlichen Restaurant entfernt. Und die Polizei wusste nichts davon. Zumindest vor knapp einer Woche noch nicht. Kann sein, dass sie das ›Tanière du Renard‹ inzwischen gefunden haben.So heißt das Bistro, in dem die Küche sich befand«, schob er nach, als er ihren fragenden Blick sah.
»Und dort, im Fuchsbau, da habe ich etwas Seltsames gefunden. Boudier hat mit einer Zutat experimentiert, einer bislang offenbar gänzlich unbekannten exotischen Frucht, die wie ein enormer Geschmacksverstärker wirkt.«
Valéries Gesichtsausdruck wurde säuerlich. »Ich krieg zu viel, ein Sternekoch, der mit Natriumglutamat und so was arbeitet? Xavier, wenn der Typ wieder auftaucht, ist er seine Sterne los, für alle Zeiten.«
Kieffer hob abwehrend die Hand. »Nach dem, was ich bisher mithilfe eines befreundeten Lebensmittelchemikers herausgefunden habe, ist es kein chemischer Zusatz. Zumindest nicht in der Art und Weise, wie man es aus billigen Chinarestaurants kennt. Es ist eine Frucht, was für eine, das wissen wir noch nicht genau. Boudier kann also weiterhin für sich in Anspruch nehmen, nur mit frischen Zutaten zu kochen.«
Kieffer erzählte ihr nun alles. Von seiner Flucht aus dem Fuchsbau, von dem Foodscout, von seinen Kochexperimenten mit der seltsamen Frucht.
»Hast du noch was davon?« Sie lächelte. »Dann könntest du mich zum Essen einladen.«
»Hab ich, und alles, wo die Frucht drin ist, schmeckt unfassbar gut. Scheuerle, der Chemiker, hat mir allerdings dringend davon abgeraten, nochmals etwas davon zu essen, bis er mehr über die Zusammensetzung weiß.«
Sie musterte einen Moment lang die pastellfarbene Jugendstildecke. »Jetzt wird mir einiges klar, Xavier. Boudier hat das Zeug nicht nur in seiner Experimentalküche verwendet, er hat es auch an seinen Gästen ausprobiert. Zumindest an einem.«
»Woher weißt du das?«
»Aus Agathon Ricards Aufzeichnungen. Die Polizei war natürlich bei uns im Büro und wollte seine Unterlagen mitnehmen. Ich hab ein bisschen rumgezickt, von wegen Redaktionsgeheimnis und so.«
Kieffer nickte. »Ja, eure Geheimniskrämerei ist legendär. Ihr sagt nie etwas darüber, wie ihr testet, wo ihr testet und wer eure Inspektoren sind, stimmt’s? Nicht einmal, wie viele es von denen gibt.«
»Korrekt, Berufsgeheimnis. Das Ganze ist ohnehin schon eine Katastrophe, denn jetzt könnte vieles über die Gabin-Inspektoren in die Medien gelangen, was wir lieber unter Verschluss halten würden. Der PJ ist das natürlich egal, es handelt sich nun einmal um einen Mordfall. Ich habe also seinen Schreibtisch und den PC kurz durchgesehen und war mir sicher, dass nichts allzu Sensibles dabei war. Da hab ich sie
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