Teufelsherz (German Edition)
schmolzen sofort, als sie seine Haut berührten. »Wer entscheidet, was gewöhnlich ist?«
»Nun, du bist auf alle Fälle seltsam.«
Er sah sie grinsend an, doch mit einem Mal gefror sein Lächeln. Er guckte auf irgendetwas hinter ihr, und blankes Entsetzen stand in sein Gesicht geschrieben. Seine Hand, die eben noch den Schnee aufgefangen hatte, ballte sich zur Faust und sank langsam nach unten.
»Damian?« Ohne ihn aus den Augen zu lassen, wich Emily langsam vor ihm zurück, da hörte sie plötzlich ein hämisches Kichern hinter sich.
Wie vom Blitz getroffen fuhr sie herum und sah zu ihrer Überraschung eine junge Frau auf der Schaukel sitzen. Seidig schwarzes Haar floss über ihre Schultern bis zu den Hüften hinab. Grüne Augen starrten sie an, als wäre sie ein kleines Häschen, das zum Frühstück verspeist werden sollte.
Noch ehe sie begriff, was los war, packte Damian sie ungewöhnlich grob und zog sie hinter sich.
»Hier hat sich ja einiges verändert«, sagte die Frau und schaukelte langsam hin und her, während sie sich mit übertriebenem Interesse umsah. »Nicht nur die Umgebung.« Ihr Blick blieb wieder an Emily hängen – geringschätzig und voller Arroganz.
»Es war ein Fehler hierherzukommen«, erwiderte Damian ruhig und leise, und doch klang er drohender, als Emily es ihm jemals zugetraut hätte. »Du weißt, jetzt kann ich dich nicht mehr gehen lassen.«
»Dass du dich ausgerechnet hier versteckst.« Die Frau lehnte sich lachend zurück und schaukelte immer höher. »Überall haben wir nach dir gesucht, haben in den Schatten auf dich gewartet und du …« Sie stemmte ihre Füße in den Boden und hielt die Schaukel an. »Du warst die ganze Zeit direkt vor unserer Nase.«
»Damian …?« Emily machte einen Schritt nach vorn, doch er hielt sie sofort mit ausgestrecktem Arm zurück, was die fremde Frau nur noch lauter lachen ließ.
»Das ist sie also?« Sie erhob sich und kam langsam auf sie zu. »Dein Schützling? Also wirklich, so ein armes Ding. Du kannst wirklich grausam sein, Bruder.«
Bruder? Emilys Blick flog zwischen den beiden hin und her. Natürlich waren sie Geschwister. Das sah ein Blinder.
»Dein Schlüssel zum Amulett.« Sie umkreiste die beiden wie eine Raubkatze, während Damian sie schweigend und aufmerksam beobachtete. »Ehrlich, ich hätte nicht gedacht, dass du es eines Tages wirklich durchziehst. Deine Mutter hat dir zu viele Geschichten erzählt, die nicht gut für dich gewesen sind. Diese Bücher der Schutzengel …«
»Du hättest nicht herkommen dürfen.«
»An deinen heiligen Ort? Wieso nicht? Weil es der Ort deiner Schutzengel-Mutter war?« Sie schüttelte bedächtig den Kopf. »Vater hat diesen Ort für sie geschaffen, aber jetzt ist es unser aller Zuhause. Sie ist tot.«
»Dieser Ort?«, fragte Emily, die ihre Sprache endlich wiedergefunden hatte. »Was hat er mit deiner Mutter zu tun? Wo sind wir?«
Wieder dieses schreckliche Lachen. »Wo wir sind?«, wiederholte die Schwester belustigt. »Na, in der Hölle natürlich. Zuhause«, fügte sie an Damian gerichtet hinzu. Emily wich wie mechanisch einen Schritt zurück, auch wenn sie nicht mal ansatzweise begriff, worum es hier ging.
»Was soll das?« Ein Schatten legte sich auf ihre Seele. »Wovon spricht sie?«
»Du kannst nichts dafür, kleine Maus.« Die Frau wollte auf sie zugehen, doch Damian stellte sich ihr sofort in den Weg.
»Sei still«, knurrte er und versuchte seine Schwester zu packen, doch sie wich ihm geschickt aus.
»Es ist nur so«, fuhr sie an Emily gerichtet fort. »Mein Bruder hier hatte eine kleine Meinungsverschiedenheit mit unserem Vater. Nichts Ernstes natürlich, aber seitdem hat er es sich in den Kopf gesetzt, Vater von seinem Platz zu vertreiben. Ich meine, ist das nicht töricht? Sieh dir Damian an. Kannst du dir ihn als Herrscher der Unterwelt vorstellen? Obwohl, ein kleiner Teufel ist er ja wirklich, mein süßer, kleiner Bruder.«
Die Worte wirbelten in Emilys Kopf herum, bis sich auf einmal ein klares Bild formte. Damian drehte sich zu ihr um und sah sie flehend an, doch als er seine Hand nach ihr ausstreckte, wich sie noch weiter zurück.
»Das ist nicht wahr«, hauchte sie. »Sag mir, dass das nicht wahr ist.«
»Emily …«
»Ach, du unschuldige Sterbliche.« Die Schwester kam vorsichtig wieder etwas näher. »Hat er dir vorgespielt, dass er dich mag? Er? Glaub mir, unsereins kann keine Liebe empfinden. Aber weißt du, worin wir gut sind? Hass, Gier nach Macht und
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