Teufelstod: Band 2 (German Edition)
Luzifer, der ihr über die Brücke entgegenlächelte. Seine grünen Augen schienen ein inneres Feuer in sich zu tragen und funkelten in dem unwirklichen Schein der beleuchteten Steine. Er trug einen dunklen Anzug, darunter ein ebenso dunkles Hemd. Auf seinem schwarzen Haar glänzte der blaue Schimmer der Tropfsteine, und über seine markanten Gesichtszüge flackerte die Spiegelung des Wassers. An seiner Seite stand Will. Emily hatte keine Ahnung, wie er dahin gekommen war, es kümmerte sie im Moment auch nicht. Das Einzige, was zählte, war, dass Luzifer Wills Arm festhielt. Die Krücken lagen zu ihren Füßen, und obwohl Will den Teufel um ein gutes Stück überragte, war ziemlich eindeutig, wer von beiden die Macht hatte. Schräg hinter Luzifer bemerkte Emily eine kleinere Plattform mitten im See, eine kleine steinerne Insel ohne Geländer, auf der sich Annie befand. Auf weiteren entdeckte Emily auch Marita, Jophiel und … Damian. Sie alle waren voneinander getrennt, und allein das bewies schon Luzifers Macht. Worauf hatten sie sich da nur eingelassen?
Ihr Blick verharrte bei Damian, der reglos dastand und sie voller Bedauern ansah. Emily war erleichtert, seine Augenfarbe von dieser Entfernung nicht erkennen zu können. Er war jetzt ein Mensch, und er unterschied sich von Luzifer. Er gehörte nicht mehr in die Hölle. Er gehörte zu ihr.
Seine Lippen formten Worte, doch sie konnte nichts hören. Es war, als wären sie durch einen unsichtbaren Schleier voneinander getrennt.
Seit dem Aufflammen des Lichtes waren nur wenige Augenblicke vergangen. Emily hatte die Situation sofort erfasst, obwohl es ihr vorkam, als zögen sich die Sekunden in die Länge.
Annies Aufschrei brach den merkwürdigen Zauber.
»Nein!«, schrie sie und machte einen Schritt auf Luzifer zu. Die Plattform unter ihr begann bedenklich zu schwanken, und Annie suchte mit ausgebreiteten Armen das Gleichgewicht. Ihr Haar leuchtete in diesem Licht, als stünde es in blauen Flammen, ihre Augen waren vor Schreck weit aufgerissen. Will schien alles zu sein, was sie sah, und der Schreck stand ihr ins Gesicht geschrieben.
Emily schüttelte den Kopf. Das Rauschen verschwand, und auch das dumpfe Gefühl in ihrem Kopf, das sie erst jetzt richtig wahrnahm. Sie fühlte sich, als wäre sie aus dem Wasser aufgetaucht.
»So war das nicht abgemacht!«, schrie Annie, und ihrem angespannten Körper war anzusehen, wie sehr sie darauf brannte, den See zu überqueren und zu Will zu gelangen. »Lassen Sie ihn gehen! Bitte!«
»Lass den Jungen los!«, mischte sich auch Jophiel ein. »Er hat nichts damit zu tun. Lass ihn gehen!«
»Wahnsinn!«, keuchte indessen Marita, die Luzifer wie verzaubert anstarrte. Alle redeten durcheinander, schienen aus derselben Taubheit erwacht zu sein wie Emily. Luzifer amüsierte sich offenbar köstlich. Mit einem halben Lächeln im Gesicht blickte er schweigend in die Runde.
»Sie haben gelogen!«, schrie Annie und kämpfte immer noch um einen sicheren Stand auf ihrer kleinen Insel. »Sie haben gesagt, uns würde nichts geschehen!«
»Annie …«, begann Will, doch Luzifer ließ ihn nicht weiterreden. Er wandte sich Annie zu, ließ Will los und breitete demonstrativ die Hände aus. Die Unschuld in Person.
»Es ist doch genau das, was du wolltest«, sagte er in gespieltem Erstaunen. »Oder etwa nicht? Du hast deinen Teil der Abmachung eingehalten. Du hast mir Damian gebracht, und jetzt …«, er zeigte auf Emily, »hast du deine Aufgabe zur Gänze erfüllt.«
»Was hast du getan?«, stieß Emily hervor und starrte Annie an. Ihr Blick flog zu Damian und wieder zurück zu Annie. »Wie konntest du nur?«
»Ich musste es tun«, erwiderte Annie verzweifelt. »Es tut mir so leid. Mir blieb keine Wahl.«
»Ah, ah, ah.« Luzifer wedelte tadelnd mit dem Finger durch die Luft. »Das ist so nicht ganz richtig. Du hattest eine Wahl – und du hast sie getroffen.«
»Du hast Damian hierhergelockt?«, fragte Will, und obwohl er sich offensichtlich Mühe gab, vorwurfsfrei zu sprechen, war ihm ein dunkler Unterton anzuhören. »Und Emily ?!«
»Nein!« Annie streckte die Hand nach ihm aus, auch wenn sie immer noch durch mehrere Meter Wasser von ihm getrennt war. Tränen glitzerten in ihren Augen. »Ich sollte nur Damian hierherbringen. Nur ihn! Ich schwöre es!«
»Da hat sie recht«, räumte Luzifer ein und klopfte Will auf die Schulter. »Wir wussten ja alle, dass Emily sofort gerannt kommt, wenn Damian in Gefahr gerät. Es war nicht
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