Teufelstod: Band 2 (German Edition)
Amulett der Gerechtigkeit. Emily hatte ihm kurz nach seiner … Erschaffung jene Hälfte wiedergegeben, mit der er sie zurück in ihre Welt geschickt hatte. Wortlos, ohne Erklärung. Damian vermutete, dass sie einfach keine Erinnerung an jenen Moment behalten wollte. Die andere Hälfte hatte er immer bei sich gehabt. Natürlich war das Amulett jetzt nutzlos, denn er war kein Schutzengel mehr. Trotzdem meinte er, immer noch einen Funken Kraft darin zu spüren, etwas Gutes. Doch wahrscheinlich war das Unsinn.
Er wusste nicht, wie lange er bereits reglos dasaß und die Abbildungen der prächtigen Engel betrachtete. Manche von ihnen waren in Form von kleinen Kindern mit Flügeln dargestellt, andere als erwachsene Männer, gut aussehend, erhaben und einschüchternd. Der Maler musste wohl Jophiel begegnet sein.
Die gesamte Kirche strahlte eine nicht zu ignorierende Macht aus, die in jeden Winkel zu reichen schien. Aber wo war diese Macht außerhalb dieser kunstvollen Reliefs und weißen Mauern? Wo war er ?
Damian schloss die Hand um den Anhänger seiner Kette.
Wie konntest du das nur zulassen?, fragte er immer wieder in Gedanken. Sie war unschuldig, sie war eins deiner Kinder. Eine unschuldige Frau, die nichts damit zu tun hatte. Du hast sie verlassen, du hast einfach weggesehen.
Die Steine des Amuletts gruben sich in seine Handflächen, während er die Faust immer stärker schloss. Wo bist du? Wo bist du, hm? Wo bist du?!
Seine Wangenmuskeln zuckten unkontrolliert, so sehr biss er die Zähne zusammen, um dem Drang laut zu schreien zu widerstehen. Antworte mir! Ich weiß, du vermagst es. Antworte!
Sein Blick durchbohrte immer noch das Altarbild, doch nichts tat sich. Weit und breit weder eine Stimme noch sonst ein Zeichen.
Er war allein.
Ist das deine Antwort? Schweigen? Willst du mir zeigen, dass du uns verlassen hast? Bedeuten dir die Sterblichen denn überhaupt nichts? Es ist dein Bruder, der sie bedroht. Und du siehst tatenlos zu. Was willst du damit bezwecken? Was ist dein Plan? Gib mir zumindest einen Hinweis!
Natürlich erhielt er auch jetzt keine Antwort. Der Zorn schlug allmählich in Verzweiflung um. Bitte, Gott , flehte er nun stumm, weise mir den Weg. Was soll ich jetzt tun? Du kannst mich doch nicht einfach so ignorieren. Ich … ich bin verloren.
»Einen wie dich hätte ich hier nicht erwartet.«
Damian zuckte kaum merklich zusammen, drehte sich aber nicht um, denn er erkannte den Fremden an seiner Stimme. Es war Michael, der hiesige Pastor, der gefallene Engel.
»Einer wie ich?«, fragte er und durchbohrte weiter das Bildnis der Engel mit seinen grünen Augen, die Luzifers Erbe nicht zu verbergen vermochten. Er wusste das. Er wusste, seine Augen spiegelten die Abgründe seiner Seele – die Hölle – wider. Sein Körper war zwar menschlich geworden, doch seine Seele war immer noch dieselbe. Sie trug den Makel seiner Geburt und die Zeichen des Tartaros.
»Nun.« Michael ließ sich neben ihm auf der Bank nieder und lehnte sich zurück. Auch er blickte nach vorn in Richtung Altar. »Es kommt mir nicht so vor, als hieltest du häufiger Zwiesprache mit unserem Herrn. Eher scheint es mir, du pflegst dein menschliches Leben in Abgeschiedenheit zu führen. Fern jedweder göttlicher Führung.«
»Fern jedweder göttlicher Führung«, wiederholte Damian spöttisch. »Ein Weg, den ich mir nicht ausgesucht habe. Zur Zwiesprache gehören immer zwei, und Gott hat mich verlassen.«
»Woher willst du das wissen?«
Damian riss seinen Blick vom Altar los und drehte den Kopf zur Seite. Erneut erstaunte ihn die Wärme in den grauen Augen des Pastors, die im Widerspruch zu seiner hünenhaften Erscheinung standen. »Wieso bist du hier, Michael?«, fragte er den einstigen Engel. »Was hast du verbrochen, um in diese Dimension verbannt zu werden?«
Der Pastor schmunzelte und fuhr sich mit der Hand über den kurzgeschnittenen Bart. »Wozu willst du das wissen, Damian, Luzifers Sohn? Willst du hören, dass ich mich auf die Seite deines Vaters geschlagen habe?«
»Das bezweifle ich, sonst sähe dein menschliches Leben wohl anders aus. Du gehst jetzt Gottes und nicht Luzifers Weg, weshalb ich annehme, du erstrebst eine Rückkehr in den Himmel.«
»Du liegst richtig mit deiner Annahme. Ich bin kein Diener Luzifers. Meine Tat war von egoistischen Gründen motiviert. Ich stand nicht im Dienste einer höheren Macht.«
»Welche Tat?«, bohrte Damian weiter. »Ich kann dich mir nur schwer als Mörder
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