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Teufelszeug

Teufelszeug

Titel: Teufelszeug Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joe Hill
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hinter dem Steuer, der Beifahrersitz leer. Terrys Sportsakko liegt ausgebreitet über seinen Beinen; das muss Merrin getan haben, nachdem sie zum Wagen zurückgekehrt ist, eine aufmerksame Geste, die für sie typisch ist. Aber. Das Sakko ist tropfnass und schmutzig, und in seinem Schoß liegt etwas Schweres. Terry greift danach und hebt es hoch - ein nasser Stein von der Größe und Form eines Straußeneis, an dem zähes Gras und Dreck haften. Der Stein muss etwas zu bedeuten haben - Merrin hat ihn bestimmt nicht grundlos dahin gelegt -, aber Terry ist zu benommen und benebelt, um den Witz zu kapieren. Er lässt den Stein in den Fußraum fallen. Irgendetwas Klebriges bleibt an seinen Fingern zurück, etwas wie Schlangengedärm, und Terry wischt sich die Hände an seinem Shirt ab, zieht das Sakko über den Oberschenkeln gerade und legt sich wieder hin.
    Seine rechte Schläfe schmerzt noch immer. Sie fühlt sich
wund an, und als er den linken Handrücken daraufdrückt, sieht er, dass er wieder blutet.
    »Ist Merrin gut nach Hause gekommen?«, fragt Terry.
    »Was?«, sagt Lee.
    »Merrin? Haben wir uns um sie gekümmert?«
    Lee schweigt. Schließlich sagt er: »Ja. Ja, das haben wir.«
    Terry nickt zufrieden und brummt: »Die ist echt schwer in Ordnung. Ich hoffe, dass sie und Ig sich wieder zusammenraufen.«
    Lee fährt schweigend weiter.
    Terry gleitet erneut in seine Traumwelt ab, in der er zusammen mit Keith Richards abrockt. Aber dann, an der Grenze zwischen Schlaf und Wachsein, hört er sich eine Frage stellen, von der er nicht einmal wusste, dass sie ihn beschäftigte.
    »Was soll denn der Stein da?«
    »Beweismaterial«, sagt Lee.
    Terry nickt still vor sich hin - die Antwort erscheint ihm vollkommen vernünftig. »Gut«, erwidert er. »Ich will nicht im Knast landen.«
    Lee lacht, ein raues, feuchtes Husten - wie eine Katze, der ein Haarknäuel im Hals steckt -, und Terry wird bewusst, dass er Lee noch nie zuvor hat lachen hören und dass es ihm nicht gefällt. Dann kippt er wieder weg. Dieses Mal warten jedoch keine Träume auf ihn, und im Schlaf runzelt er die Stirn und zieht ein Gesicht wie jemand, der angestrengt versucht, ein Kreuzworträtsel zu lösen, dem aber ein Wort nicht einfällt, das er eigentlich kennen sollte.
    Irgendwann später öffnet er die Augen und stellt fest, dass der Caddy sich nicht mehr bewegt. Schon seit einer ganzen Weile nicht. Er hat keine Ahnung, woher er das weiß, aber er ist sich da sicher.

    Das Licht ist irgendwie anders. Es ist noch nicht Morgen, aber die Nacht befindet sich auf dem Rückzug und hat bereits die meisten Sterne eingesammelt und weggeräumt. Fette, blasse, berghohe Wolken, die Überreste des nächtlichen Gewitters, treiben deutlich sichtbar über den schwarzen Himmel. Terry hat sie gut im Blick, weil er zu einem der Seitenfenster hinausstarrt. Er kann die Morgendämmerung riechen, ein Duft aus regennassem Gras und warmer Erde. Als er sich au fsetzt, sieht er, dass Lee die Fahrertür offen gelassen hat.
    Er tastet den Fußraum nach seinem Sakko ab - irgendwo da unten muss es doch sein! Er geht davon aus, dass es ihm vom Schoß gerutscht ist, während er noch schlief. Er findet den Werkzeugkasten, aber nicht sein Sakko. Der Fahrersitz ist nach vorn geklappt, und Terry steigt aus.
    Als er die Arme reckt und den Rücken durchdrückt, knackt seine Wirbelsäule. Dann erstarrt er mit ausgestreckten Armen wie ein Mann, der an ein unsichtbares Kreuz genagelt ist.
    Lee sitzt auf der Treppe vor dem Haus seiner Mutter und raucht. Vor dem Haus, das jetzt ihm gehört, wie Terry in dem Moment einfällt; Lees Mutter wurde vor sechs Wochen beerdigt. Terry kann Lees Gesicht nicht erkennen, nur die orange Glut seiner Winston. Er hätte nicht sagen können, warum, aber aus irgendeinem Grund beunruhigt ihn dieser Anblick.
    »Was für eine Nacht«, sagt Terry.
    »Sie ist noch nicht vorbei.« Lee inhaliert, die Glut leuchtet auf, und für einen Moment kann Terry nur eine Seite von Lees Gesicht erkennen, die verstümmelte mit dem toten Auge. In der beginnenden Morgendämmerung ist das Auge weiß und blind, eine mit Rauch gefüllte Glaskugel. »Wie geht’s deinem Kopf?«

    Terry fasst sich an die Schläfe und betastet vorsichtig die Schürfwunde, bevor er die Hand wieder sinken lässt. »Ganz okay. Kein großes Ding.«
    »Ich hatte auch einen Unfall.«
    »Was für einen Unfall? Ist dir was passiert?«
    »Mir nicht. Aber Merrin.«
    »Was willst du damit sagen?« Von einem Moment auf den

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