Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Teufelszeug

Teufelszeug

Titel: Teufelszeug Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joe Hill
Vom Netzwerk:
»Vielleicht wäre eine etwas gediegenere Atmosphäre angemessen? Wir haben uns gerade benommen, als würden wir hier einen Porno drehen.«
    In einer flachen Schublade fanden sie eine verzogene fleckige Schachtel; darin lagen ein paar Streichhölzer mit einem komischen schwarzen Kopf. Ig zündete eines an, und als es aufflammte, zischte und flackerte es. Er führte es von Docht zu Docht, bis alle Kerzen brannten. Obwohl er sich beeilte, war das Streichholz bis zu seinen Fingern heruntergebrannt, als er die neunte Kerze anzündete. Merrin schrie seinen Namen, als er es ausschüttelte.
    »Himmel, Ig«, sagte sie dann. »Alles in Ordnung?«
    »Ja, klar«, sagte er und wackelte mit den Fingern. Es tat tatsächlich nicht im Geringsten weh.
    Merrin schob die Streichholzschachtel zu und wollte sie schon zurück in die Schublade legen, zögerte dann jedoch und betrachtete sie näher.
    »Hah!«, sagte sie.
    »Was denn?«
    »Nichts«, sagte sie und schloss die Schublade.
    Dann senkte sie den Kopf, faltete die Hände und wartete. Bei ihrem Anblick verschlug es Ig den Atem - er bewunderte ihre straffe weiße Haut, ihre anmutigen Brüste und die dunkelrote Haarpracht. Er selbst hatte sich noch nie in seinem Leben so nackt gefühlt, nicht einmal, als er sich das erste Mal in ihrer Gegenwart ausgezogen hatte.
Während er sie so ansah, wie sie geduldig darauf wartete, dass er ein Gebet sprach, verspürte er jäh ein solches Glücksgefühl, eine so allumfassende Liebe, dass er es kaum ertragen konnte.
    Gemeinsam und nackt beteten sie. Ig bat Gott, ihnen zu helfen, gut zueinander zu sein und freundlich zu anderen und seine schützende Hand über sie zu halten, als er spürte, wie Merrins Hand über seinen Oberschenkel hinweg zwischen seine Beine glitt. Es musste sich zusammennehmen, um sein Gebet mit fest geschlossenen Augen zu Ende zu sprechen. Als er es geschafft hatte, sagte er »Amen«, und Merrin drehte sich zu ihm und flüsterte ebenfalls »Amen«, küsste ihn und zog ihn zu sich herab. Sie liebten sich noch einmal und dösten dann ein, ihre Lippen an seinem Nacken.
    Als Merrin sich schließlich aufsetzte, den Arm hob und Ig damit aufweckte, war es bereits etwas kühler geworden, und in dem Baumhaus war es schon fast dunkel. Sie kniete sich hin, bedeckte mit einem Arm ihre Brüste und tastete nach ihren Kleidern.
    »Scheiße«, sagte sie, »wir müssen los. Meine Eltern erwarten uns zum Abendessen. Sie fragen sich bestimmt schon, wo wir bleiben.«
    »Dann zieh dich an. Ich blase die Kerzen aus.«
    Er beugte sich verschlafen über den Chanukkaleuchter - und zuckte zusammen. Ein seltsames, krankes Ziehen ging ihm durch die Eingeweide.
    Am Fuß des Leuchters stand ein Porzellanteufel, und wie das im Blätterdach gut verborgene Baumhaus war auch er hinter den Wachsstalaktiten leicht zu übersehen gewesen. Luzifer krümmte sich vor Lachen, hatte die ausgemergelten roten Hände zu Fäusten geballt und den Blick himmelwärts gerichtet. Er schien auf seinen kleinen Ziegenhufen zu tanzen.
Die gelben Augen nach oben gerollt, schien er außer sich vor Entzücken zu sein.
    Ig spürte, wie er eine Gänsehaut bekam. Eigentlich hätte der Teufel nur ein weiterer Teil dieses kitschigen Arrangements sein sollen, aber das war er nicht - Ig ekelte sich vor ihm und wünschte, er hätte ihn nicht gesehen. Die tanzende kleine Figur war ihm zutiefst zuwider, und er fragte sich, was für ein Mensch so etwas hierhinstellte; nach einem Scherz sah das Ganze jedenfalls nicht aus. Hätte er doch nur nicht gebetet! Er hatte das Gefühl, die Temperatur in dem Baumhaus sei um fünf Grad gefallen, und beinahe fing er an zu zittern. Das war auch keine Einbildung. Die Sonne war hinter einer Wolke verschwunden, und es war noch dunkler und kühler geworden. Ein rauer Wind fuhr durch die Zweige.
    »Schade, dass wir schon gehen müssen«, sagte Merrin hinter ihm und schlüpfte in ihre Shorts. »Ist es nicht wundervoll hier?«
    »Ja«, erwiderte Ig mit ungewohnt heiserer Stimme.
    »Tja, dann werden wir unser kleines Stück Himmel wohl verlassen müssen«, sagte Merrin. In dem Moment krachte etwas von unten gegen die Falltür, und beide stießen einen Schrei aus.
    Der Sessel, der auf der Falltür stand, wackelte, und das ganze Baumhaus schien zu erbeben.
    »Was war das?«, rief Merrin.
    »He!«, schrie Ig. »He, ist da unten jemand?«
    Wieder krachte etwas gegen die Falltür. Der Sessel hüpfte ein paar Zentimeter in die Höhe, blieb jedoch stehen, wo er war. Ig warf

Weitere Kostenlose Bücher