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Teufelszeug

Teufelszeug

Titel: Teufelszeug Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joe Hill
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recht, was Schwule angeht, Mr. Sturtz. Irgendwo muss Schluss sein. Wenn Sie zulassen, dass Mr. Homo Sie berührt, dann denken alle, Sie sind auch einer.«
    »Ich weiß, dass ich recht habe. Das muss ich mir von dir nicht sagen lassen. Wir sind hier fertig. Verschwinde. Ich will dich hier unter der Brücke nie mehr erwischen. Ist das klar?«
    »Jawohl.«
    »Um ehrlich zu sein, würde ich dich nur allzu gern wieder hier erwischen. Mit Drogen im Handschuhfach. Hast du verstanden?«
    »Jawohl.«
    »Okay. Jetzt hau ab.« Sturtz ließ Igs Autoschlüssel auf den Schotter fallen.
    Ig wartete, bis der Bulle davonstolziert war, bevor er sie aufhob und sich hinter das Steuer des Gremlin setzte. Er schaute in den Rückspiegel und warf noch einen letzten Blick auf den Streifenwagen. Sturtz hatte sich inzwischen auf den Beifahrersitz fallen lassen, hielt ein Klemmbrett in den Händen und überlegte mit gerunzelter Stirn, was er schreiben sollte. Posada sah seinen Partner leidenschaftlich, fast gierig an. Als Ig davonfuhr, leckte sich Posada über die Lippen, senkte den Kopf und verschwand unter dem Armaturenbrett.

KAPITEL 6
    Ig war zum Fluss hinuntergefahren, um zu überlegen, wie es jetzt weitergehen sollte, aber so sehr er sich auch den Kopf zerbrach, er war jetzt noch genauso verwirrt wie vor einer Stunde. Er dachte an seine Eltern und schlug, ohne sich bewusst dafür entschieden zu haben, den Weg nach Hause ein. Aber dann riss er nervös das Steuer herum und bog in eine Seitenstraße ein, die in eine andere Richtung führte. Er brauchte Hilfe, glaubte jedoch nicht, dass seine Eltern dafür die Richtigen waren. Er hatte ziemlich Schiss vor dem, was sie ihm erzählen würden … vor ihren geheimen Sehnsüchten. Was, wenn seine Mutter den Drang verspürte, kleine Jungs zu ficken? Oder gar sein Vater!
    Und überhaupt hatte sich sein Verhältnis zu ihnen seit Merrins Tod verändert. Es tat ihnen weh, mit anzusehen, was aus ihm geworden war. Sie wollten gar nicht wissen, wie er lebte, und waren nicht ein einziges Mal bei Glenna in der Wohnung gewesen. Glenna hatte gefragt, warum sie nie mit seinen Eltern essen gingen, und ihm unterstellt, dass er sich schämte, mit ihr zusammen zu sein - womit sie recht hatte. Außerdem litten Igs Eltern darunter, dass alle Welt glaubte, er hätte Merrin Williams vergewaltigt und umgebracht und sei nur deswegen ungestraft davongekommen, weil seine reichen Eltern ihre Verbindungen hatten spielen lassen.

    Eine Zeit lang war sein Vater fast so etwas wie eine Berühmtheit gewesen. Er hatte zusammen mit Sinatra und Dean Martin gespielt und war auch auf deren Platten zu hören. In den späten Sechzigern und den frühen Siebzigern hatte er selbst ein paar Scheiben aufgenommen, für Blue Tone, vier Stück insgesamt, und mit einem verträumten, unterkühlten Instrumental - »Fishin’ with Pogo« - hatte er es immerhin unter die Top 100 geschafft. Er heiratete ein Revuegirl aus Vegas, trat in ein paar Fernsehshows und sogar in einer Handvoll Filmen auf und ließ sich schließlich in New Hampshire nieder, damit Igs Mutter in der Nähe ihrer Familie sein konnte. Später nahm er eine Professur am Berklee College of Music an und half hin und wieder beim Boston Pops Orchestra aus.
    Ig hatte immer gern zugehört und zugeschaut, wenn sein Vater spielte. Dabei war es eigentlich nicht ganz richtig zu sagen, dass sein Vater spielte. Oft schien es umgekehrt zu sein: Die Trompete spielte ihn. Wie er die Wangen aufblies, bevor sie wieder einfielen, wenn die Luft vom Instrument angesaugt wurde; wie die Ventile seine Finger wie Magneten festhielten, so dass sie einen erstaunlichen, wilden Tanz aufführten! Wie er die Augen schloss, den Kopf senkte und die Hüften kreisen ließ, als wäre sein Oberkörper ein Erdbohrer, der sich immer tiefer und tiefer in den Mittelpunkt seines Daseins hineinschraubte und die Melodien von irgendwo in seiner Magengrube heraufholte!
    Igs älterer Bruder war der Familientradition treu geblieben. Terence war jeden Abend im Fernsehen zu sehen - er hatte seine eigene Show namens Hothouse, die aus dem Nichts gekommen war und seine Konkurrenten quotenmä-ßig schnell alt aussehen ließ. Darin begab sich Terry jedes Mal todesmutig in gefährliche Situationen und spielte dann
Trompete. Bei »Ring of Fire« hatte er zusammen mit Alan Jackson in einem Feuerreif gestanden, für »High & Dry« war er zusammen mit Norah Jones in einen Wassertank gesprungen. Es hatte nicht besonders gut geklungen, aber

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