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Teufelszeug

Teufelszeug

Titel: Teufelszeug Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joe Hill
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wir uns nicht zu nahe kommen, steckst du dich schon nicht an.«
    Als er eine Stunde später nach Hause fuhr, schäumte er vor Wut. Merrin wusste wirklich, wie sie ihn an der Nase herumführen konnte! Sie hatte ihn den weiten Weg nach Boston gelockt, indem sie ihm vorgaukelte, er würde mit ihr allein sein. Und dann öffnete sie ihm in Trainingshosen die Tür und sah aus wie eine Leiche auf Urlaub, während ihre Mitbewohnerin durchs Zimmer rannte und sie sich den ganzen Abend über Ig unterhielten. Wenn sie ihm nicht vor zwei Wochen gestattet hätte, ihre Brust zu küssen, und wenn sie ihm nicht ihr Kreuz gegeben hätte, wäre er nie auf die Idee gekommen, sie könnte sich für ihn interessieren. Er hatte es satt, verarscht zu werden, und er hatte keine Lust mehr, sich ihr Geschwafel anzuhören.
    Erst als er die Zakim Bridge überquerte, hörte sein Puls allmählich auf zu rasen, und sein Atem beruhigte sich wieder etwas. Ihm wurde bewusst, dass Merrin kein einziges Mal die blonde Eiskönigin erwähnt hatte. Vielleicht gab es überhaupt keine Eiskönigin - vielleicht hatte sich Merrin das nur ausgedacht, um ihn glauben zu lassen, dass da etwas laufen könnte.
    Alles klar, dachte Lee. Bald würde Ig in England sein und Merrins Mitbewohnerin in San Diego. Und irgendwann im Herbst würde er an ihre Tür klopfen, und wenn sie ihm dann öffnete, wäre sie allein.

KAPITEL 34
    Eigentlich hatte Lee gehofft, den Abend mit Merrin verbringen zu können, aber es war erst kurz nach zehn, als er die Grenze nach New Hampshire überquerte, und da bemerkte er, dass der Kongressabgeordnete ihm etwas auf die Mailbox gesprochen hatte. Er redete langsam, schien müde zu sein und Migräne zu haben und sagte, er hoffe, dass Lee morgen bei ihm vorbeischauen werde, es gebe Neuigkeiten. Sein Tonfall ließ jedoch vermuten, dass er Lee noch heute Abend sehen wollte, also ließ Lee die Ausfahrt nach Gideon rechts liegen und fuhr auf der I-95 weiter in Richtung Norden bis nach Rye.
    Um Punkt elf erreichte er die mit weißen Muschelschalen gepflasterte Einfahrt des Kongressabgeordneten. Das Haus, ein weitläufiges georgianisches Gebäude mit einem Säulenvorbau, war von hektarweise makellos gepflegtem Rasen umgeben. Im mit Flutlicht beleuchteten Vorgarten spielten die Zwillingstöchter des Abgeordneten mit ihren Freunden Krocket. Auf dem Weg, neben den Stöckelschuhen der Mädchen, standen Champagnerflöten; sie liefen barfuß über das Gras. Lee stieg aus dem Caddy, blieb stehen und schaute ihnen zu: zwei Mädchen in Sommerkleidern, anmutig und mit braungebrannten Beinen, die eine über ihren Schläger gebeugt, während ihr Freund hinter ihr
stand und sie mit beiden Armen umschlang, vorgeblich um ihr zu helfen, in Wirklichkeit aber, um auf Tuchfühlung zu gehen. Das Gelächter der Mädchen hallte zu ihm herüber, und der Geruch des Meeres lag in der Luft - Lee war ganz in seinem Element.
    Die beiden Töchter des Kongressabgeordneten mochten ihn, und als sie Lee den Weg heraufkommen sahen, liefen sie ihm entgegen. Kaley legte ihm die Arme um den Hals, und Daley drückte ihm einen Kuss auf die Wange. Einundzwanzig und sonnengebräunt und glücklich - und trotzdem hatte es mit beiden immer wieder Ärger gegeben, der vertuscht werden musste: Saufgelage, Magersucht, Geschlechtskrankheiten. Er umarmte sie, flachste mit ihnen herum und versprach, dass er mit ihnen Krocket spielen würde, sobald er Zeit dafür fände, doch bei ihren Berührungen bekam er eine Gänsehaut. Sie waren hübsch anzusehen, aber im Kern verdorben - zwei mit Schokolade überzogene Kakerlaken. Eine von ihnen kaute ein Pfefferminzkaugummi, und er fragte sich unwillkürlich, ob sie den Geruch von Zigaretten, Gras oder Sperma überdecken wollte. Kein Vergleich zu Merrin, die noch immer rein und makellos war und den Körper einer Sechzehnjährigen besaß. Bisher hatte sie nur mit Ig geschlafen, und das zählte nicht. Wahrscheinlich traute er sich nicht einmal, das Licht anzulassen, wenn sie es miteinander trieben.
    Die Gattin des Kongressabgeordneten erwartete Lee an der Tür, eine kleine Frau mit flaumigem grauschwarzem Haar, die dünnen Lippen vom vielen Botox zu einem Lächeln erstarrt. Sie berührte Lee am Handgelenk. Sie berührten ihn alle unentwegt, die Gattin des Kongressabgeordneten und seine Töchter, und auch der Kongressabgeordnete selbst, ganz als wäre Lee so etwas wie ein Glücksbringer,
eine Kaninchenpfote - was so falsch nicht war, das wusste er.
    »Er ist in seinem

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