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Teuflische Kuesse

Teuflische Kuesse

Titel: Teuflische Kuesse Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Teresa Medeiros
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auch ein solcher Schock war, dass sich aus den Schatten des späten Nachmittags,
die den Salon verdunkelten, Gespenster lösten und ihn umringten.
    Sein Vater
kreuzte als Erster auf, in der einen Hand eine Flasche, in der anderen einen
Zylinder. »Bin auf dem Weg nach London, Junge. Wenn du einen von diesen dummen
Drachen bauen willst, geh und such deine Mutter. Ich hab für solchen Unsinn
keine Zeit.«
    Aber seine
Mutter kniete neben der Tür, und die Tränen strömten ihr übers Gesicht. Als der
Geist des kleinen Jungen, der Sterling einst gewesen war, mit gestrafften
Schultern an ihren ausgestreckten Armen vorbeimarschierte, löste sie sich auf.
    »Mama«,
flüsterte Sterling, doch es war zu spät. Sie war schon fort.
    Er drehte
sich um und sah den alten Granville Harlow am Kamin stehen, ein verächtliches
Lächeln auf den dünnen Lippen. »Ich halte nichts davon, Kinder zu
verhätscheln. Ich mache in null Komma nichts einen Mann aus ihm«, sagte der
Herzog und schlug sich mit dem Gehstock rhythmisch in die Handfläche.
    Sterling
schleuderte sein halb volles Brandyglas gegen den Kamin und schickte den alten
Mann in die Hölle zurück, wo er hingehörte.
    Aber den
Schatten, die noch folgen sollten, entging Sterling nicht. Da waren Laura und
der Mann, den sie Nicholas Radcliffe genannt hatte. Nicholas Radcliffe lehnte
am Kaminsims und grinste genau wie der Idiot, zu dem Laura ihn gemacht hatte.
Dann saßen die beiden in zärtlicher und dennoch leidenschaftlicher Umarmung
auf der Polsterbank am Fenster. Oder Nicholas kniete vor der Ottomane und hielt
ihr wunderhübsches
Gesicht in Händen, bevor er seine Lippen auf die ihren legte. Oder sie sank
zusammen, und er war da, sie aufzufangen und sie sich ans Herz zu drücken.
    Sterling
ließ sich in einen Sessel fallen und presste sich die Handballen auf die Augen.
Es war nicht Arden Manor, das von Geistern heimgesucht wurde. Er war es.
    Tiefes
Geschnurr brach die Stille. Etwas Plüschiges, Warmes rieb sich an seinem
Knöchel.
    »Nellie.«
Ihm brach die Stimme, als er blindlings hinunter tastete und seine Finger durch
ihr himmlisch weiches Fell gleiten ließ. »Oh, lieber Gott, Nellie. Wo warst du
denn die ganze Zeit?«
    Doch als er
die Augen aufschlug, war es nicht Nellie, die aufmerksam zu ihm aufsah, sondern
das gelbe Kätzchen, das Nellie so auffallend ähnelte. Er schaute zur Tür
hinüber, die gerade so weit aufgegangen war, die Kleine hereinzulassen.
    Sterling
zog langsam die Hand weg. Wie alles auf Arden Manor war auch das Kätzchen nur
eine Illusion. Ein höhnischer Hinweis auf das Leben, das er niemals führen
würde.
    »Fort mit
dir«, kommandierte er heiser und stupste die Katze mit der Fußspitze. »Ich
habe für solchen Unsinn keine Zeit.«
    Die kleine
Katze rührte sich nicht vom Fleck, sondern ließ sich einfach maunzend aufs
Hinterteil fallen und bettelte darum, auf seinen Schoß und in den Genuss
seiner Gunst zu kommen.
    Sterling
sprang auf und ließ den letzten Rest an Selbstbeherrschung fahren. »Ich habe
dir doch gesagt, ich kann Katzen nicht ausstehen!«, brüllte er die Kleine an.
»Also warum zur Hölle lässt du mich nicht in Ruhe!«
    Das
Kätzchen stob zur Tür hinaus, und Sterling wusste instinktiv, dass sie nicht
zurückkommen würde.
    Er hallte
die Hände zur Faust, schlug auf den Kaminsims ein und rechnete halb damit,
seinen Großonkel spöttisch lachen zu hören. Doch wie es schien, waren auch die
Geister davongestoben, und Sterling war einsamer als er es je zuvor gewesen
war.
    Laura lag im flackernden Kerzenschein da
und schaute das leere Bett ihrer Schwester an. Der allmächtige Herzog schien
verfügt zu haben, dass Lottie ihrer großen Schwester in Gefangenschaft keine
Gesellschaft leisten durfte. Kurz nach Mittag hatte der stoische Lakai ihre
Schwester und ihren Bruder aus dem Zimmer gewiesen, und Laura wartete allein
auf eine Vorladung, die nie kam.
    Sie hatte
zum Abendessen mit Brot und Wasser gerechnet, aber Cookie war mit einem Tablett
voll saftigem Fleisch und verführerischen Leckerbissen erschienen. Doch Laura
hatte keinen Bissen von dem, was ihr Hochzeitsmahl hätte sein sollen,
hinuntergebracht und das Essen nur umarrangiert, damit Cookie sich nicht
sorgte, wenn sie das Tablett abholte.
    Darüber,
was die Dörfler von dem morgendlichen Debakel hielten, konnte sie nur
spekulieren. Vermutlich hatten sie es aufregender gefunden als alle
Krippenspiele, die Lady Eleanor jemals auf die Bühne gebracht hatte. Sogar
aufregender als

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