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Teuflische List

Teuflische List

Titel: Teuflische List Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hilary Norman
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»Ich bin nur ein bisschen herumgefahren.«
    Er setzte sich neben sie. Es kostete sie einige Mühe, nicht zu verkrampfen.
    »Kein Radio?«, fragte er. »War das Hörspiel nichts?«
    »Es hat mir nicht besonders gefallen«, sagte Abigail.
    »Hat jemand angerufen?«
    »Nein«, antwortete sie.
    Sie erinnerte sich daran, dass das Telefon noch immer neben ihr lag, und wenn Silas wollte, brauchte er nur die Wahlwiederholung zu drücken, um herauszufinden, wen sie angerufen hatte.
    »Nein«, sagte sie erneut und nahm den Hörer. »Ich wollte gerade Jules anrufen.«
    Und das tat sie dann auch sofort, bevor er ihr das Telefon wegnehmen konnte.
    »Jules’ Books.«
    Abigail fühlte sich schon besser, als sie nur Jules’ Stimme hörte, obwohl das darauf folgende Gespräch oberflächlich war – heutzutage war Silas nie weit und hörte ständig zu. Olli gehe es prächtig, berichtete Jules, und er sehne sich danach, seine Tante zu besuchen, und im Laden gehe es ausnahmsweise recht lebhaft zu.
    »Und wie kommst du zurecht?«, fragte Jules. »Brauchst du irgendwas?«
    »Ich komme ganz gut zurecht«, antwortete Abigail. »Dank Silas.«
    »Macht er noch immer einen auf ›Ich kann es nicht ertragen, wenn du mir nicht erlaubst, dir zu helfen‹?«
    »So ziemlich«, sagte Abigail.
    »Wenigstens hilft er dir wirklich«, sagte Jules. »Aber das sollte er auch, verdammt noch mal.«
    Abigail sehnte sich plötzlich verzweifelt danach, ein offenes Gespräch mit Jules zu führen, denn wenn Vater Moran weg war …
    Und war das nicht ein seltsamer Zufall? Dass er ausgerechnet jetzt in die Exerzitien ging? Und war er überhaupt in den Exerzitien? Ging es ihm gut? War er in Sicherheit?
    Aber im Augenblick war er in jedem Fall erst einmal weg, und somit war der einzige Mensch, dem Abigail vollends vertraute, Jules.
    Aber sie ist auch noch immer Silas’ Schwester.
    Es war schwer festzustellen, wem ihre Loyalität schlussendlich galt.
    Und selbst wenn sie sich gemeinsam gegen Silas wenden würden, da war noch immer seine Drohung, Jules Ärger zu machen, sollte Abigail mit ihr reden.
    Schweigen war also im Moment noch immer das Beste.
    Schweigen – Hand in Hand mit Abigails neuer, verschleierter Sicht auf die Welt und ihrer Einsamkeit.
    Denn sie war nun wirklich allein.
    Sie fühlte sich einsamer als je zuvor.

39.
    »Du solltest wirklich versuchen zu spielen«, sagte Silas nicht zum ersten Mal.
    »Ich will aber nicht spielen.«
    Das hatte sie ihm wieder und wieder gesagt. Tatsächlich hatte sie mit sich selbst einen Pakt geschlossen, kein Cello zu spielen, bevor sie nicht wieder sehen konnte. Aber Silas der Fürsorgliche hatte sich in letzter Zeit mehr und mehr in Silas den Tyrannen verwandelt, der ein »Nein« als Antwort schlicht nicht akzeptierte.
    »Du wirst dich besser fühlen, wenn du spielst«, sagte er nun.
    Es war früh am Morgen, und sie waren gerade erst aufgestanden. Abigail war noch immer müde.
    »Ich werde mich nicht besser fühlen«, entgegnete sie ruhig.
    »Aber du hast das Cello beim Spielen doch ohnehin nie angesehen«, wandte Silas ein. »Das ist doch sicherlich alles mehr eine Frage des Instinkts.«
    »Ich lese Musik«, sagte sie, »und natürlich schaue ich nach unten. Es ist dir bloß nie aufgefallen.«
    »Aber im Augenblick ist es doch sicher egal, ob du perfekt spielst oder nicht.« Er blieb beharrlich. »Es ist schließlich besser, schlecht zu spielen als überhaupt nicht. Und ich möchte wetten, dass du jede Menge Stücke auswendig kannst – oder du könntest ja auch einfach nur Tonleitern spielen.«
    »Um Himmels willen, Silas«, schnappte Abigail, »wie oft muss ich mich wiederholen? Ich will nicht spielen!«
    »Du bist wirklich ein dummes Mädchen«, tadelte er sie.
    »Du klingst wie meine Mutter«, erwiderte sie.
    »Dann sollte ich wohl vorsichtig sein, nicht wahr?«, sagte Silas.
    Ständig im Nebel zu leben machte Abigail paranoid. Jede vage Vermutung verwandelte sich in ihrer Vorstellung in einen ausgewachsenen Verdacht.
    Sie fühlte sich eingesperrt, und trotz Silas’ fürsorglicher Pflege – oder vielleicht gerade deswegen – hatte sie Angst. Seine Liebe und ihre Abhängigkeit hielten sie gefangen.
    Bei ihrem nächsten Krankenhaustermin schien sich nichts sonderlich verändert zu haben. Sie konnte noch immer Licht und verschwommene Umrisse erkennen, doch der Nebel hatte sich nicht gelichtet.
    Aber, so versicherte man ihr, in diesem frühen Stadium sei das auch nicht anders zu erwarten.
    »Sind Sie

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