Teuflische Schwester
Mittel.«
Es klang so einfach. Und für Teri war es das
offensichtlich auch. Schließlich hatte sie sich binnen
weniger Minuten mit denselben Jugendlichen
angefreundet, die Melissa zeitlebens ausgeschlossen
hatten.
Wenn Teri es schaffen konnte, warum dann nicht auch
sie?
Doch die Antwort stand bereits fest. Selbst wenn
Melissa immer die richtigen Worte parat hätte, sie würde
es doch nicht schaffen. Irgendwann machte sie etwas
falsch, und alle würden wieder über sie lachen. Nicht mit ihr, wie Teri vorhin, sondern über sie, wie sie es ja sonst
auch immer taten.
Am besten, sie versuchte es erst gar nicht.
Als der Abend sich über die Bucht senkte, saß Teri mit
dem Rest der Familie in der Bibliothek. Der
Fernsehapparat lief, aber außer Phyllis sah niemand hin.
Teri blätterte eine alte Zeitschrift durch, Melissa war mit
ihrem Vater in eine Partie Schach vertieft. Teri kiebitzte
ein wenig, aber keiner schien sie wahrzunehmen.
Plötzlich meinte sie, von den Wänden erdrückt zu
werden, jetzt war sie schon seit zwei Tagen hier, aber sie
kam sich wie eine Gefangene vor. Außer den wenigen
Minuten am Strand an diesem Morgen, hatte sie das Haus
kein einziges Mal verlassen.
Und dann fiel ihr Brett Van Arsdales Einladung in den
Club wieder ein. Natürlich war sie nicht hingegangen.
Melissa hatte gemeint, sie könne ruhig allein gehen, wenn
sie Lust habe, doch Phyllis hatte ihr abgeraten. Sie trauere
ja noch um ihre Eltern – was sollten da die Leute nur
denken?
Mochten sie doch denken, was sie wollten! Wie lange
sollte sie denn noch warten, bis das Leben weiterging?
Mußte sie sich den ganzen Rest des Lebens mit der
Vergangenheit herumplagen?
Wenn Melissa Lust auf diese Party gehabt hätte, hätte
Phyllis sie garantiert sofort ziehen lassen.
Plötzlich meinte sie, verrückt zu werden, wenn sie noch
eine Sekunde länger im Haus blieb. Sie legte die
Zeitschrift beiseite und stand auf. »Ich mache einen
kleinen Spaziergang an den Strand.«
Phyllis wandte sich ihr für einen Augenblick zu. »Geh
aber nicht ins Wasser. Das kann in der Nacht sehr
gefährlich sein.«
»Soll ich mitkommen?« fragte Melissa und sah vom
Schachbrett auf.
Teri schüttelte den Kopf. »Ich will nur ein bißchen allein
sein. Ich komme ja bald wieder.«
Wenige Minuten später lief sie den Strand entlang. Die
Wellen brachen sich gedämpft auf dem Sand. In der Ferne
glühten die Lichter des Cove Club. Ganz leise drang
Musik an ihr Ohr. Es war Hard Rock. So etwas hatte sie
hier im Osten noch kein einziges Mal gehört. Sie
beschleunigte ihre Schritte und lief auf den Club zu. Die
Musik und die Lichter zogen sie an.
Am Eingang zum Clubgelände zögerte sie. Vor einer
Dusche am Strand stand ein Schild mit der Aufschrift:
NUR FÜR MITGLIEDER UND GÄSTE. Dahinter
schlängelte sich ein raffiniert gepflasterter Weg durch
einen vorbildlich gepflegten Garten zu einer Terrasse und
zu einem Swimmingpool. Von dort gelangte man über
eine Reihe von Treppen auf eine Anhöhe. Ganz oben
thronte das Clubhaus. Trotz der Entfernung konnte Teri
Leute im Haus zu der verlockenden Musik tanzen sehen.
Ohne weiter auf die diskret angebrachten Verbotsschilder zu achten, wagte sie sich auf den Weg. Ihr Vater
war doch schließlich ein Clubmitglied. Außerdem hatte
Brett Van Arsdale sie eingeladen.
Als sie aber zur Terrasse mit dem Schwimmbecken
gelangte, kam sie sich wie ein Störenfried vor. Drei Leute
saßen dort auf den Liegestühlen und unterhielten sich mit
gedämpfter Stimme. Teri duckte sich in den Schatten einer
Eiche. Sie wollte schon wieder umkehren, da machte ein
Gesprächsfetzen sie hellhörig.
»Trotzdem glaube ich nicht, daß sie kommt.«
»Warum nicht?« fragte Brett Van Arsdale.
»Wegen Mrs. Holloway«, ließ sich Ellen Stevens
vernehmen. »Wenn Teri zum Lagerfeuer eingeladen wird,
können wir davon ausgehen, daß Mrs. Holloway Melissa
auch hinschickt.«
Teri gefror das Blut in den Adern. Ging es etwa um sie?
Vorsichtig kroch sie näher heran.
»Was wäre daran so schlimm?« wollte Brett wissen.
»Ich meine, sie tut ja nichts.«
»Eben deswegen«, rief Ellen. »Sie setzt sich einfach hin
und starrt einen die ganze Zeit an. Außerdem ist sie ein
richtiges Ferkel. So schnell können wir gar nicht schauen,
wie sie uns alles wegfrißt.«
»Jetzt übertreib mal nicht«, protestierte Jeff. »Sie hat
ihre Fehler – was macht das schon?«
»Mir doch egal, ob sie Fehler hat oder nicht!« höhnte
Ellen. »Sie ist eben keine von
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