Teuflische Schwester
größte in der Gruppe. Sie schätzte ihn auf
eins achtzig. Wenn er lächelte, waren gewiß Grübchen
unter den Wangen zu sehen.
»Wer ist das?« wollte sie von Melissa wissen.
Melissa brauchte nicht hinzusehen, um zu wissen, wen
Teri meinte. Es konnte doch kein anderer als der sein, den
sie seit zwei Jahren heimlich verehrte. »Jeff Barnstable. Er
sieht toll aus, was? Mir gefallen seine lockigen Haare, und
er hat unglaublich schöne Augen.«
Teri sah ihre Halbschwester versonnen an. »Du magst
ihn, nicht wahr?«
Melissa schüttelte den Kopf, doch die Schamröte strafte
sie Lügen. »Na ja«, gab sie schließlich mit einem
Stoßseufzer zu. »Vielleicht hat er’s mir wirklich angetan.
Aber wahrscheinlich weiß er nicht einmal, daß es mich
gibt.«
Teri drückte Melissa verständnisvoll die Hand. »Mach
dir deswegen keine Sorgen«, sagte sie. »Jede Wette, daß
du ihm auffällst, wenn wir hingehen. Aber ihn habe ich
gar nicht gemeint. Ich wollte wissen, wie der Große
heißt.«
Melissa musterte heimlich die Gruppe. Endlich begriff
sie, für wen Teri sich interessierte. »Brett Van Arsdale«,
antwortete sie erleichtert. Teri wollte also nichts von Jeff.
»Was ist er für ein Typ?«
Melissa zuckte gleichgültig mit den Schultern. »Keine
Ahnung. Wahrscheinlich ist er kein übler Typ.« Sie setzte
sich wieder in Bewegung. »Komm schon. Kümmern wir
uns einfach nicht um sie. Dann lassen sie uns sicher auch
in Ruhe.«
Seite an Seite liefen sie durch das seichte Wasser und
ließen sich von den schaumigen Wellen die Füße lecken.
Teri spürte die Blicke der anderen auf sich ruhen, aber sie
sah nicht mehr hin. Nach etwa hundert Metern sah sie
Melissa an. »Schwimmen wir ein bißchen«, schlug sie vor.
»Mir ist furchtbar heiß.« Ohne eine Antwort abzuwarten,
rannte sie bis zu den Hüften ins Wasser. Trotz der
plötzlichen Kälte tauchte sie sogleich unter, um ein paar
Meter weiter wieder aufzutauchen und auf dem Rücken
weiterzuschwimmen. »Komm doch auch rein!« schrie sie
Melissa zu.
Nach einigem Zögern watete Melissa bis zu den Knien
ins Wasser. »Das ist ja kalt!« rief sie.
Teri schwamm lachend auf ihre Schwester zu. »Es ist
nicht kalt, es ist eisig!« rief sie. »Komm trotzdem rein.
Wenn ich es schaffe, kannst du es auch! Wenn du erst
einmal drin bist, spürst du die Kälte nicht mehr!«
Teris Lachen versetzte Melissa im ersten Augenblick
einen entsetzlich schmerzenden Stich. Dann aber merkte
sie, daß Teri nicht über sie lachte, sondern mit ihr. Sie
holte tief Luft, hielt sich die Nase zu und ließ sich ins
eiskalte Wasser plumpsen. Im nächsten Augenblick sprang
sie kreischend wieder hoch. »Anders käme ich nie ins
Wasser«, erklärte sie Teri und schwam wie ein Hund auf
sie zu. Blackie, der überglücklich ins Wasser geplanscht
war, als sie sich abgekühlt hatte, paddelte neben ihr her.
Als sie Teri erreichte, tat sie es ihr gleich und ließ sich auf
dem Rücken neben ihr treiben. Die Sonne schien warm auf
ihre Gesichter, aber das Wasser blieb trotzdem beißend
kalt.
Sie ließen sich minutenlang vom Meer tragen und
genossen das sanfte Auf und Ab der Wellen. Schließlich
wurde es Melissa zu kalt. Sie fing an, mit den Füßen zu
strampeln. In der kurzen Zeit hatten sie sich schon gut
dreißig Meter vom Ufer entfernt.
»Teri!« rief Melissa. »Schwimmen wir lieber zurück.
Die Ebbe zieht uns hinaus.«
Teri blickte um sich. »Es ist doch super!« rief sie. »Du
kannst von mir aus zurückschwimmen. Ich bleibe noch ein
bißchen im Wasser.«
Melissa zögerte. Hielt Teri sie denn für eine Memme?
Doch dann fügte Teri hinzu: »Mir ist noch nicht kalt. Ich
fühle mich pudelwohl.«
Trotzdem zögerte Melissa noch immer. »Okay«, meinte
sie. »Aber schwimm lieber näher ans Ufer. Wenn die Ebbe
dich aus der Bucht zieht …«
»… ertrinke ich«, vollendete Teri den Satz für ihre
Schwester. Mit zwei kräftigen Zügen hatte sie ihre
Schwester erreicht. Sie schwamm an ihr vorbei und
wartete, bis sie sie wieder einholte. Sobald sie stehen
konnten, sah sie Melissa an. »Ist es recht so?«
Melissa nickte und lief an Land. Vor Kälte zitternd, ließ
sie sich auf den heißen Sand fallen. Kurz nach ihr kam
auch Blackie aus dem Wasser. Direkt vor ihr schüttelte er
sich heftig, so daß Melissa noch einmal eine kalte Dusche
abbekam.
Teri lag wieder auf dem Rücken und ließ sich sanft von
den Wellen auf und ab schaukeln. Melissa sah ihr eine
Weile zu. Dann ließ sie sich von
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