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Teuflische Schwester

Teuflische Schwester

Titel: Teuflische Schwester Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Saul
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vorgelesen hatte. »Und ist sie immer
noch so entsetzt?«
Melissa nickte aufgeregt. »Sie glaubt, sie kann sich nie
wieder aus dem Zimmer wagen.« Sie kicherte, wurde aber
sogleich ernst. »Dasselbe kann mir ja auch geschehen«,
murmelte sie und blickte auf den Boden. »Wenn sie Ärger
kriegt, kann sie eigentlich nie etwas dafür. Ich habe immer
das Gefühl, ich lese meine eigene Geschichte. Vielleicht
gefällt mir das Buch deshalb so gut.«
Charles beugte sich über seine Tochter und küßte sie auf
die Stirn. »Ich habe das Gefühl, daß es einen gewaltigen
Unterschied zwischen dir und Ann gibt. Erstens bist du
kein Waisenkind und zweitens mußtest du dich nie um
Zwillinge kümmern.«
Melissa wagte wieder ein Lächeln. »Aber mir geht es
genauso wie ihr. Verstehst du, sie will es ja immer richtig
machen, und dann macht sie doch einen Fehler, genau wie
ich.« Sie seufzte wehmütig. »Ich wäre gerne so wie Teri.
Sie ist so hübsch und versteht sich mit allen prächtig. Das
heute war zum Beispiel typisch. Sie kannte die anderen
überhaupt nicht, aber sie hat mit ihnen geredet, als würde
sie sie schon ewig kennen. Und ich kenne sie schon so
lange, aber mir fällt nie etwas ein, was ich ihnen sagen
könnte. Ich spüre einfach, daß sie mich auslachen.«
»Wie es Ann bei Gilbert Blythe gemeint hat?« neckte ihr
Vater sie.
Melissa schüttelte den Kopf. »Ich habe ja keinen Gilbert
Blythe. Außerdem hatte Ann eine Busenfreundin, und
ich…«
Ihr Vater legte begütigend den Finger auf ihre Lippen.
»Du hast doch jetzt Teri. Wenn ich euch so sehe, meine
ich, daß du dir eine bessere Freundin gar nicht hättest
wünschen können.«
Auf einmal kam Melissa sich wie ein kleines Kind vor.
»Es tut mir leid«, sagte sie. »Ich war wohl wieder voller
Selbstmitleid.«
»Laß es einfach bleiben«, riet ihr Charles. »Du hast es
doch wirklich gut. Denk lieber an deine ganzen Vorzüge.
Und wenn du sie richtig zählst«, fügte er mit einem
schelmischen Lachen hinzu, »schlägst du mich morgen
auch beim Tennis.« Er gab ihr noch einen Kuß und stand
auf.
»Soll ich das Licht anlassen?« fragte er in der Tür.
Melissa schüttelte den Kopf und legte das Buch auf den
Nachttisch. Ihr Vater schaltete das Licht aus und machte
die Tür leise zu. Im Zimmer war es dunkel.
Allmählich gewöhnten sich Melissas Augen an die
Finsternis. Durch das Fenster sah sie den Mond silbern
hereinscheinen. Sie kuschelte sich fester in das Kissen und
beobachtete fasziniert, wie die Schatten des gewaltigen
Ahornbaums an der Decke tanzten. Als kleines Kind hatte
der Anblick ihr oft Angst eingejagt. Jetzt freute sie sich
darüber. Beim Einschlafen stellte sie sich gerne vor, es
seien kleine Wesen, die die ganze Nacht fröhlich spielten.
Bald fielen ihr die Augen zu. Sie sank allmählich in den
Schlaf, doch plötzlich kamen Schritte näher.
Die Schritte ihrer Mutter.
Melissa stockte der Atem. Sie betete still, die Schritte
würden sich wieder entfernen, ihre Mutter würde nicht
hereinkommen. Ihr Gebet wurde nicht erhört.
Sie blieb still liegen und versuchte, flach und regelmäßig
wie eine Schlafende zu atmen. Es nützte nichts. Ihre
Mutter schüttelte sie an der Schulter.
»Melissa, ich weiß, daß du noch nicht schläfst.«
Melissa riß die Augen auf.
Zwischen ihr und dem Fenster türmte sich die Silhouette
ihrer Mutter auf.
»Du warst heute wieder sehr ungezogen!« sagte ihre
Mutter. Melissa überlegte fieberhaft, womit sie sie nur
erzürnt haben könnte.
Insgeheim sprach sie wieder mit D’Arcy. » Was habe ich
nur getan, daß sie mir schon wieder so böse ist? «
»Du warst zu deinen Freunden heute gar nicht nett«,
tadelte sie Phyllis, als hätte sie die unausgesprochene
Frage gehört. »Sie haben Teri das Leben gerettet – und
was hast du getan? Du bist einfach weggegangen.«
Ein Knoten zog sich in Melissas Magen zusammen. Das
stimmte doch überhaupt nicht! Es war ganz anders
gewesen! Die anderen hatten sich ja nur für Teri
interessiert und mit ihr kein einziges Wort geredet. Aber
es war wieder wie an ihrem Geburtstag. Ihre Mutter hatte
ihre eigene Vorstellung von dem, was geschehen war, und
ließ sich davon durch nichts abbringen. Also sagte sie
nichts, sondern starrte nur auf die Decke und wartete auf
das Weitere. Und dann sah sie die Riemen in den Händen
ihrer Mutter.
»Nein … nein«, stammelte sie. »Bitte, Mama, bitte tu
mir das nicht an.«
Ihre Mutter stierte sie von oben an. »Aber ich muß sie

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